Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Zeichen des himmlischen Baeren

Titel: Im Zeichen des himmlischen Baeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
Vom Netzwerk:
einen breiten Graben um das Lager schaufeln und verdoppelte die Zahl der Wachtposten.
    Tage vergingen. Die Stimmung war bedrückt. Wir hatten starke Verluste erlitten: Acht Schiffe waren mit voller Besatzung gesunken. Zahlreiche Krieger waren verletzt. Die Verwundeten mussten gepflegt, die Toten begraben werden. Viele Schiffe waren beschädigt worden, und die Handwerker erklärten am nächsten Morgen, dass es Zeit brauche, bis alles ausgebessert und neue Segel genäht seien. Iri war sehr aufgebracht. Der Sommer neigte sich dem Ende zu. Bald würde es Herbst werden und während der schlechten Jahreszeit musste das Heer im Lager bleiben. In den folgenden Tagen spornte er die Zimmerleute zu höchster Eile an. Er spürte das Unbehagen, das unter den Männern herrschte. Als Feldherr wusste er, dass untätige Krieger leicht zum Aufruhr neigen. Zudem war es unehrenhaft, wenn sie an der Fähigkeit des Heerführers Zweifel hegten. Ging nicht das Gerücht um, der König habe die Göttin derart erzürnt, dass sie seinem jüngeren Bruder bei lebendigem Leib das Mark aus den Knochen sauge?
    Es war kein Geheimnis im Lager, dass sich Itzuses Gesundheitszustand von Tag zu Tag verschlimmerte. Die Wunde eiterte und das Knie war erschreckend angeschwollen. Er glühte vor Fieber. Jede Nahrung war ihm zuwider. Einzig Onoshis Kräuterabsude linderten seine Schmerzen und ließen ihn in eine Art Dämmerschlaf versinken, aus dem er nur erwachte, um teilnahmslos ins Leere zu blicken.
    Dann kam der Abend, an dem der Arzt eine Unterredung im königlichen Zelt erbat. Er warf sich vor dem Herrscher auf die Knie und sprach: »Verzeiht, Majestät, wenn ich den Frieden Eures Herzens störe. Ich bin Euch jedoch eine Mitteilung schuldig; Euer Verehrungswürdiger Bruder, Itzuse, befindet sich in Lebensgefahr. Die Wunde hat sich weiter entzündet und das Gift ist ins Blut gedrungen. Es besteht nur noch eine einzige Hoffnung, ihn zu retten …«
    Er stockte. Ich spürte, wie Iri geräuschvoll den Atem einsog.
    Â»Nun? Sprich weiter!«, stieß er heftig hervor.
    Der alte Mann hielt ruhig dem erregten Blick des Königs stand.
    Â»Wenn es Eurem Verehrungswürdigen Bruder vergönnt sein soll, morgen noch das Tageslicht zu erblicken, muss er sich heute Nacht noch von seinem Bein trennen …«
    Iri erstarrte. Der Kummer verschleierte mir die Augen. Ich erinnerte mich an den Schatten des Todes, den ich am Vorabend des Kampfes über Itzuses Haupt hatte schweben sehen …
    Iri erhob sich und sah auf den Arzt, der vor ihm auf den Knien lag. Seine Stimme war nur noch ein heiseres Flüstern.
    Â»Es liegt an Itzuse, eine Entscheidung zu treffen.«
    Wir begaben uns in Itzuses Zelt. Nur das Knistern einer Pechfackel, die in einem Eisenring an dem Mittelpfahl befestigt war, unterbrach die Stille. Der Flammenschein glitt über die Zeltwände und flackerte unruhig über die Gestalt, die auf weichen seidenen Daunenkissen gebettet lag. Ein halbwüchsiger Diener kauerte neben einem bronzenen Dreifuß, auf dem kleine Holzstücke schwelten. Doch der wohlriechende Rauch vermochte nicht den ekelhaft süßlichen Geruch im Zelt zu vertreiben.
    Itzuse war bei Bewusstsein, denn er schlug die Augen auf. Im rötlichen Halbdunkel erschien sein Gesicht aufgequollen und fleckig. Er deutete eine Verbeugung an; wir erwiderten seinen Gruß und knieten neben dem Lager nieder. Onoshi ließ sich mit untergeschlagenen Beinen im Hintergrund nieder und kehrte, wie es sich gehörte, sein Gesicht der Zeltwand zu. Iri gab dem Diener ein Zeichen, uns allein zu lassen. Er überbrachte Itzuse die Nachricht des Arztes und fügte dann bedrückt hinzu: »Ihr seid Herr über Euer Leben. An Euch liegt es, zu entscheiden.«
    Itzuse schwieg lange. Sein Atem ging stoßweise und seine Augen glitzerten eigentümlich. Dann, kaum hörbar, rief er: »Onoshi!«
    Â»Ja, Herr?« Der Arzt kam näher, legte die Handflächen auf den Boden und verneigte sich vor dem Verwundeten.
    Itzuse versuchte, sich aufzurichten. »Wenn ich zu diesem Eingriff bereit bin«, fragte er mit leiser, rauer Stimme, »werde ich dann noch in der Lage sein, ein Pferd zu beherrschen?«
    Onoshi hob die Lider und hielt Itzuses forschendem Blick stand. »Verzeiht, Herr, aber der Entzündungsherd hat so weit um sich gegriffen, dass es mir nicht zusteht, Euch Hoffnung zu machen.«
    Itzuse

Weitere Kostenlose Bücher