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Im Zeichen des himmlischen Baeren

Titel: Im Zeichen des himmlischen Baeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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eingehüllt in die dunkle Wärme seines Schattens; wurde gezwungen, die Lider zu heben und seinem Blick zu begegnen, während er mit langsamen Bewegungen das Sternenschwert aus seiner Schärpe löste und es mir überreichte.
    Â»Bewahrt es sorgfältig auf, Priesterin. Ich brauche es jetzt nicht mehr.«
    Ein Flüstern stieg aus den Reihen, doch ich hörte es kaum. Ich starrte in seine Augen, die brannten wie die Sonne und dunkel waren wie die Nacht. Der Schmerz betäubte mich, nahm mir fast den Atem. Steif beugte ich mich vor und er legte die eiskalten Klingen in meine Handflächen. Die Berührung des Stahls brachte mich wieder zur Besinnung. Ich vernahm wie von weither meine spröde, klanglose Stimme. »Seid unbesorgt. Es ruht in der Obhut der Göttin.«
    Â»Habt Dank«, antwortete er dumpf. Ich sah den Schmerz in seinem Gesicht. Den Schmerz und noch etwas anderes. Er senkte den Kopf; sein langes Haar streifte meine Knie. Die Worte kamen kaum hörbar über seine Lippen. »Priesterin, verzeiht mir.«
    Und ich erwiderte: »Geht in Frieden. Die Göttin möge Euch schützen.«
    Wir verneigten uns und er erhob sich. Man hatte Kuro-Uma gebracht. Das geharnischte Pferd tänzelte in der Sonne und seine Mähne flatterte im Wind. Es hatte Zeit gehabt, sich auszuruhen; seine Hufe scharrten ungeduldig im Sand, während ein Stallbursche es am Zügel hielt.
    Susanoo verbeugte sich vor dem König. Iri grüßte huldvoll zurück. Sein Wutanfall schien wie verflogen und seine Augen blitzten amüsiert. Gelassen fächelte er sich Luft zu und beobachtete, wie Susanoo den Platz überquerte und sich in den Sattel schwang. Dann wendete er das Pferd und ritt zwischen den Kriegern hindurch. Der Schatten des Reiters glitt über den Sand auf das Tor zu. Die Wachtposten senkten die Speere zum Gruß; der Schatten erlosch, während der Reiter in der dunklen Toröffnung verschwand. Erst als das Geräusch der Hufe verklungen war, wurde mir bewusst, dass Susanoo sich kein einziges Mal umgeblickt hatte …
    Stimmengewirr erfüllte die Luft. Die Gesichter verschwammen wie weißer Nebel vor meinen Augen. Das Sternenschwert lastete schwer auf meinen Handflächen, doch das Metall war jetzt nicht mehr kalt: Mit jedem Atemzug schien die Wärme meines Blutes wie pulsierendes Leben in das Eisen zu dringen …
    Noch hoffte ich, er würde zurückkehren; vielleicht sogar noch heute Abend, vielleicht am morgigen Tag. Doch ich wusste bereits, dass ich vergeblich wartete. Ein volles Jahr würde vergehen, bis wir uns wieder begegneten. Was in der Zwischenzeit geschehen sollte, ahnte ich in meinem Herzen oder sah es im Traum. Einiges davon erzählte er mir und so konnte ich alles miterleben, mitfühlen und begreifen. Mein Los auf Erden war, mich dem Schicksal zu fügen; das seine war, dem Schicksal zu trotzen. Ich wusste auch, dass er eines Tages sein Schwert wieder gebrauchen würde. Und ein eigenartiges Gefühl des Friedens erfüllte mich bei dem Gedanken, dass ich da sein würde, um es ihm zu überreichen …

Dritter Teil

11
    D ie Sonne stand schon hoch, als Susanoo sein erschöpftes Pferd zügelte und langsamer gehen ließ. Die Gegend, die sich von Tatsuda nach Süden ausdehnte, war dicht mit Schilf und Buschwerk bewachsen. Es war ein Sumpfgebiet, von unterirdischen Bächen durchzogen, die sich manchmal in trägen Wasserläufen vereinigten. Susanoo hatte seinen Hengst lange galoppieren lassen. Er wusste von der seltenen Fähigkeit der Ainu, rasch und ausdauernd wie Tiere zu laufen. Auf diese Weise musste Kubichi einen großen Vorsprung gewonnen haben. Spuren hatte Susanoo um die Festung herum nicht bemerkt, doch sein Instinkt sagte ihm, dass sie in Richtung der Wälder geflohen war.
    Er führte Kuro-Uma an einen seichten Wasserlauf, stieg ab, um das Tier zu tränken. Während der Hengst eine Weile verschnaufte, betrachtete Susanoo das Land um sich herum. Das Schilf raschelte im Wind. Die grelle Sonne hob jede einzelne Bewegung der Gräser und Halme hervor. Wie in einem Ozean ragten, dunklen Klippen gleich, erloschene Vulkankegel auf, deren versteinerte Lavakuppen wie Kronen aus schwarzem Schaum glänzten. Kuro-Umas Flanken dampften. Susanoo pflückte eine Handvoll nasses Gras und rieb damit das verschwitzte Fell unter dem Harnisch ab. Die Erfrischung beruhigte das Pferd, und gleich darauf schwang sich

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