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Im Zeichen des himmlischen Baeren

Titel: Im Zeichen des himmlischen Baeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Flammen: Der winzige Tropfen zuckte in tausend Farben und erlosch. Doch er starrte weiterhin auf seine Handfläche und schaute erst wieder auf, als er ihren gepressten Atem hörte. Er sah das Verstehen auf ihrem Gesicht und den Schatten des Schmerzes, der ihre Augen verdunkelte. Sie neigte den Kopf, sodass ihr Haar fast seine Lippen streifte. Der Wind blies eine Locke - leicht und sanft wie eine Feder - an seine Wange. Er spürte, wie sie fröstelte, öffnete seinen Mantel und hüllte sie darin ein. Dann hielt er sie dicht an sich gepresst und sie sprachen nicht und bewegten sich nicht - lange Zeit.
    Später fragte sie ihn: »Was hast du vor? Willst du mich nach Tatsuda zurückbringen?«
    Er lachte leise und spöttisch. »Ja …«, sagte er. » Er erwartet, dass ich das tun werde …«
    Der Nachtwind fegte über das Schilf. Er zog den Mantel enger um ihre beiden Körper und streichelte ihr Gesicht.
    Â»â€¦ doch wenn er das von mir glaubt, dann kennt er mich schlecht!«
    Susanoo erwachte und starrte blinzelnd in das durchsichtige Rot der Morgensonne. Leichter Raureif bedeckte die Halme. Alles war in schimmerndes, blitzendes, eisklares Licht getaucht. Er tastete um sich; die Stelle, wo das Mädchen auf seinem Mantel gelegen hatte, war noch warm, aber Kubichi war verschwunden. Er richtete sich auf und machte einige Bewegungen, um seine erstarrten Muskeln zu lockern. Das schwarze Pferd, das in der Nähe der erloschenen Feuerstelle weidete, hob den Kopf. Susanoo trat zu ihm hin, streichelte die samtweichen Nüstern und blickte suchend umher. Plötzlich drang das Geräusch plätschernden Wassers an seine Ohren. Er bahnte sich einen Weg durchs Unterholz. In einer Lichtung inmitten rostroter Büsche hatten unzählige Wasserläufe eine Art Tümpel gebildet. Das Wasser leuchtete in allen Tönen von Blau, Grün und Purpur. Er drang weiter vor und sah Kubichi. Sie schwamm und drehte sich übermütig im eisigen Wasser und die Tropfen sprühten regenbogenfarbig auf. Der Tümpel war völlig durchsichtig, und als sie bis auf den sandigen Grund tauchte, sah er ihren Körper wie einen schmalen, kupfernen Speer durch das sonnenglitzernde Nass gleiten. Mit einem kräftigen Schwimmstoß gelangte sie wieder an die Oberfläche. Er stand regungslos, in ihren Anblick versunken. Sie sah ihn und ihr Lachen stieg klar und klingend in die Luft. Sie hob den Arm und winkte ihn heran. Er lachte ebenfalls, entledigte sich seiner Kleider und warf sich in das eiskalte, aufspritzende Wasser.
    Die Sonne stieg höher. Susanoo hatte seine Satteltasche mit dem Kochgeschirr und Proviant geholt, während Kubichi Reisig sammelte. Bald brannte und knisterte das Feuer. Susanoo bereitete den Tee und sie aßen Reisklöße. Kubichi hatte im Dickicht einen Kakibaum gefunden, dessen goldrote, überreife Früchte wie Waldhonig auf der Zunge schmolzen. Susanoo ließ das Mädchen nicht aus den Augen. Ihre kleinen Zähne blitzten, wenn sie lachte. Ihr Haar trocknete in der Sonne und fiel in einer ungezähmten Flut weicher Locken herab; ein rötlicher Schimmer glomm auf dem Schwarz. Unter der blauen Tätowierung glänzten ihre mandelförmigen Augen und die hohen Wangenknochen betonten ihre leichte Schrägstellung. Ihre Pupillen schienen immer ein wenig von der Seite zu blicken, und die Wimpern wölbten sich außergewöhnlich stark, sobald sie die Lider senkte. In ihrem ganzen Wesen lag ein Ausdruck von Sanftheit, doch waren ihre geschmeidigen Bewegungen, ihre wachsamen Augen von verhaltener, geheimnisvoller Wildheit, und diese Zwiespältigkeit übte einen unwiderstehlichen Reiz aus.
    Leise sagte er: »Ich liebe dich.«
    Ihr Lachen erlosch. Ihr Blick flog über sein Gesicht und sie seufzte. »Als ich merkte, dass du es warst, der mich verfolgte, habe ich alles getan, um meine Fährte zu verwischen. Mein Herz flatterte wie ein verwirrter Vogel in meiner Brust und ich konnte mir dieses Gefühl nicht erklären. Jetzt weiß ich, dass ich mich nicht vor dir, sondern vor mir selbst fürchtete …«
    Ihre Stimme versagte; sie hob beide Hände vors Gesicht.
    Er sah sie lange schweigend an: Der Schatten, der aus seinen dunklen Augen schoss, war unendlich zärtlich. Dann hob ein tiefer Atemzug seine Brust. Er sagte: »Ich bitte dich, mit mir nach Izumo zu kommen und an meiner Seite zu herrschen.«
    Ihre Hände sanken

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