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Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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Videos? Dieses ganze Dreckshaus ist doch mit Kameras vollgehängt.«
    »Hab ich mir auch schon überlegt«, schwindelte Håkon. »Du.«
    Er zeigte auf den Beamten, der noch immer in der Tür stand und den Hals reckte.
    »Geh doch mal die Videoaufnahmen der letzten beiden Tage durch.«
    »Und mit viel Mühe finden wir einen nichtssagenden, undeutlichen Kerl, der schlau genug war, sich abzuwenden«, murmelte Billy T.
    »Wenn du einen besseren Vorschlag hast«, sagte Håkon ein wenig zu laut.
    Billy T. zuckte nur die Schultern und ging zurück in sein eigenes Büro.
    12.03, Jens Bjelkes gate 13
    Natürlich war die Krankschreibung idiotisch gewesen. Aber der Chef hatte ihn immerhin besorgt gemustert und behauptet, er sehe schlecht aus. Ungefähr so schlecht, wie er sich fühlte, nahm er an.
    Er mußte weg, das Land verlassen. Aber das würde Verdacht erregen, das war ihm klar. Er könnte nach Tromsø fahren. Zum Skilaufen. Das würde ihm guttun. Morten war sein bester Kumpel und hatte ihn schon so oft eingeladen. Und in diesem Winter lag da oben verdammt viel Schnee.
    Er packte einen großen Rucksack und fuhr auf gut Glück zum Flughafen Fornebu. An einem Mittwoch im April konnten doch unmöglich alle Flüge ausgebucht sein. Auf jeden Fall nicht mitten am Tag.

Donnerstag, 10. April 1997
    Vormittag, Regierungsviertel
    »Alle tippen, daß die neue Regierung so aussehen wird wie die alte, abgesehen davon, daß Joachim Hellseth, derzeit finanzpolitischer Sprecher im Parlament, Finanzminister wird. Sonstige Umbesetzungen wären eine große Überraschung.«
    Der Landwirtschaftsminister schaltete das Radio aus und ließ sich in seinen Schreibtischsessel zurücksinken. Der Rundfunksprecher hatte vermutlich recht.
    Das Telefon klingelte.
    Er betrachtete es eine Weile, lächelte es dann strahlend an; er fühlte sich ruhig und wohl in seiner Haut und wußte, das würde so bleiben, egal, wie die Botschaft nun lauten mochte. Dann nahm er ab.
    »Tryggve Storstein«, sagte die Vorzimmerdame.
    »Durchstellen«, sagte der Landwirtschaftsminister und fügte nach einer kurzen Pause hinzu:
    »Hallo Tryggve, wie geht’s?«
    »Besser. Jetzt schlafe ich immerhin. Sechs Stunden letzte Nacht. Komme mir vor wie ein neuer und besserer Mensch.«
    Der Landwirtschaftsminister schmunzelte und griff nach seiner Schnupftabakdose.
    »Churchill hat sich mit vier begnügt. Und sein Leben war friedlicher als deins.«
    Er glaubte, das Lächeln am anderen Ende der Leitung hören zu können.
    »Na«, sagte Tryggve Storstein. »Du spielst doch sicher weiter mit?«
    Der Landwirtschaftsminister merkte, daß seine Hand, die den Hörer hielt, jetzt zitterte. War der Posten ihm doch wichtiger, als er sich eingestehen mochte? Er schluckte und hustete kurz.
    »Natürlich. Wenn du willst.«
    »Ich will. Die Partei will.«
    »Das freut mich, Tryggve. Vielen Dank.«
    Die Kulturministerin blätterte in den vier Faxen, die eben auf ihren Schreibtisch gelegt worden waren. Sie steckte sich eine Prince Mild an und registrierte verärgert, daß sie mehr geraucht hatte, als sie es sich sonst vor dem Mittagessen gestattete.
    Es handelte sich um Stellenangebote. Von zwei Fernsehsendern und einer Zeitung. Und von einer großen internationalen Gesellschaft, die jemanden für die Öffentlichkeitsarbeit brauchte. Sie überflog die Seiten, ohne sie richtig zu lesen. Dann faltete sie sie zusammen und schob sie in eine Schublade mit der Aufschrift »privat«.
    Das Telefon klingelte.
    Sie hob ab und führte ein Gespräch, das genau fünfundvierzig Sekunden dauerte.
    Als sie auflegte, lächelte sie über das ganze Gesicht. Dann rief sie ihre Sekretärin und reichte ihr die vier Faxe, die sie eben erst in die Schublade gelegt hatte.
    »Für den Reißwolf«, sagte sie.
    Die ältere Frau seufzte erleichtert.
    »Herzlichen Glückwunsch«, sagte sie und kniff das rechte Auge zu. »Das freut mich aber wirklich.«
    Gesundheitsministerin Ruth-Dorthe Nordgarden schaffte gar nichts. Jedesmal, wenn das Telefon klingelte, stürzte sie sich darauf und wurde jedesmal von neuem enttäuscht. Inzwischen war sie nicht mehr enttäuscht. Sie war wütend.
    Sie hatte schon mit dem Gedanken gespielt, die anderen anzurufen und zu fragen, ob sie etwas gehört hätten. Andererseits wäre es die größte Demütigung, auf diese Weise zu erfahren, was ihr langsam zur Gewißheit wurde: Die anderen durften weitermachen, sie nicht.
    Zornig griff sie zu ihrer großen Handtasche und wühlte darin herum. Dann fand sie

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