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Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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die Abfahrt nach zwanzig Minuten beginnen würde. Bei diesen Schneemengen waren die Laufverhältnisse sicher erbärmlich. Es lag mehr Schnee als sonst, der Wetterbericht für Nordnorwegen meldete fast täglich neue Rekorde.
    Wurde es hier nicht ein wenig flacher? Er blieb stehen, um sich zu vergewissern. Der peitschende Schnee drang jetzt durch seine Kleider, keiner von ihnen hatte sich auf einen Sturm eingestellt.
    »Morten!«
    Dem Wachmann aus dem Regierungsgebäude wurde schwindlig; er wußte kaum noch, wo oben und wo unten war. Die Orientierung nach Himmelsrichtungen hatte er schon längst aufgegeben. Immerhin ging es jetzt geradeaus. Der Hang war zu Ende.
    Plötzlich hörte er ein Geräusch. Etwas anderes als den heulenden Wind und das Klappern seiner Rucksackschnalle. Etwas mit niedriger Frequenz, etwas Bedrohliches; er stand wie erstarrt da und spürte, wie die Angst seine Beine hochkroch.
    Ob er an einer Böschung stand? Oder an einer Felswand?
    Verzweifelt lief er los, schnell, zielstrebig, auch wenn er nicht wußte, wohin er unterwegs war. Dann verlor er das Gleichgewicht.
    Der Boden bewegte sich, langsam und träge. Das Brummen war zu einem ohrenbetäubenden Gebrüll geworden; und ehe der Wächter sich von seinem Sturz wieder aufgerappelt hatte, kamen die Schneemassen. Es war wie ein Weltuntergang. Er wurde hin und hergeschleudert, lag plötzlich auf dem Rücken, um dann auf dem Bauch weitergeschoben zu werden. Der Schnee drang überall ein – nicht nur durch die Kleidung, sondern auch in Ohren, Mund und Nase. Plötzlich wußte er, daß er sterben mußte.
    Der Druck über ihm erhöhte sich noch, er segelte nicht mehr auf dem Schnee den Hang hinunter. Er lag darunter. Um ihn herum war es nicht mehr grau. Es war pechschwarz. Er hatte das Gefühl, als würden ihm die Augen in den Kopf gepreßt, und er schnappte nach Luft, die es nicht gab. Schnee füllte seine Atemwege.
    »Jetzt werden sie es nie erfahren.«
    Ein letztes Mal versuchte er, seine schmerzende, zusammengepreßte Lunge mit Luft zu füllen. Dann wurde ihm schwarz vor Augen, und nur drei Minuten später war er tot.
    16.10, Kirkeveien 129
    Ruth-Dorthe Nordgarden saß in einem schönen alten Empiresessel und dachte nach.
    Sie starrte das Mobiltelefon in ihrer rechten Hand an. Dann knallte sie es auf den Tisch und griff zum normalen Apparat, einem schnurlosen, mit dem sie sich noch nicht richtig auskannte.
    Sie würde sich rächen. Vielleicht nicht sofort; aber irgendwann würde sie sich rächen. Tryggve Storstein hatte sie nicht in seiner Regierung haben wollen, sie wußte, daß andere ihre Ernennung durchgesetzt hatten. »Hallo!«
    »Hallo?«
    »Hier ist Ruth-Dorthe.«
    »Meinen Glückwunsch.«
    Die Stimme klang neutral. Aber sie wußte genau, was sie von ihm zu halten hatte. Natürlich war auf ihn kein Verlaß. Auf niemanden war Verlaß. Trotzdem gehörte er ihr. Er hatte ihr immer geholfen, hatte für sie gesorgt, sie unterstützt, hatte gewußt, daß ihre Karrieren miteinander verbunden, daß sie politisch gesehen siamesische Zwillinge waren. Auch Gunnar Klavenæs saß in der Parteileitung.
    »Was in aller Welt ist denn passiert?« fragte sie.
    »Vergiß es. Immerhin ist es gutgegangen. Zu guter Letzt.«
    Schweigen. Sie konnte die Spülmaschine hören, die irgendwo im Programm festhing und spülte und spülte. Sie ging mit dem Telefon in die Küche.
    »Moment mal.«
    Die Spülmaschine klang wie ein gewaltiger Regenguß, ein Orkan in einer Blechdose. Hilflos starrte sie die Knöpfe und Schalter an, ohne sie jedoch zu berühren. Schließlich schaltete sie die Maschine aus. Die Windstärke flaute ab, jetzt war nur noch ein Sickern zu hören, und auch das wurde immer leiser.
    »Hallo?«
    »Ja, ich bin immer noch dran.«
    »Er hält nicht lange durch«, sagte sie tonlos.
    »Ich glaube, da verrechnest du dich, Ruth-Dorthe«, sagte der Mann am anderen Ende der Leitung. »Seine Position ist stärker, als du denkst.«
    »Nicht, wenn er alle Probleme aus Birgittes Zeit erbt. Denn das tut er. Die Wahlen im Herbst werden ihn den Kopf kosten.«
    »Sicher nicht. Dieser Mord wird uns Wählerstimmen bringen. Bei den schwedischen Sozialdemokraten war das doch auch so.«
    Sie kniff die Augen zusammen und betrachtete einen Baum im Hinterhof, an dem sich erste grüne Blattspitzen zeigten.
    »Wir werden sehen«, murmelte sie. »Ich rufe eigentlich nur an, um zu fragen, ob du mit mir essen gehst. Heute abend.«
    »Heute geht das nicht. Ich habe im Moment so verdammt

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