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Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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viel zu tun. Kann ich nicht lieber dich anrufen, wenn ich etwas mehr Luft habe?«
    »Sicher«, sagte sie eingeschnappt. »Ich dachte, es würde dich interessieren, was ich zu erzählen habe.«
    »Tut es ja auch, Ruth-Dorthe. Aber das heben wir uns auf, ja?«
    Ohne zu antworten, drückte sie auf den grünen Knopf mit dem Symbol eines winzigen Telefons.
    Sie hielten sie für ein Auslaufmodell. Auch ihre Anhänger. Einige zumindest. Sie hatte es nur Gros Rücktritt zu verdanken, daß sie immer noch stellvertretende Parteivorsitzende war. Die ersten vier Jahre hatten ihre Erwartungen nicht erfüllt, ihr Freundeskreis war geschrumpft, und die Klagen derer, die ihr nicht wohl gesinnt waren, waren lauter geworden. Auf dem Parteitag zwei Wochen nach dem Regierungswechsel hatten alle unnötigen Ärger vermeiden wollen. Die alte Parteileitung durfte im Amt bleiben, und Ruth-Dorthe Nordgarden wußte, daß sie nur um ein Haar davongekommen war. Und sie wußte, daß ihr größter Gegner Tryggve Storstein hieß. Damals war er nur stellvertretender Parteivorsitzender gewesen, genau wie sie. Jetzt war er Parteichef. Und Ministerpräsident.
    Aber sie wußte noch immer, an welchen Fäden sie ziehen konnte.
    Sie schaute auf die Uhr. Ihre Töchter würden erst in einigen Stunden zurückkommen. Ruth-Dorthe Nordgarden holte sich eine Tasse Kaffee. Er war zu stark, sie rümpfte die Nase und stapfte wieder in die Küche, um Milch hineinzugeben. Der Kühlschrank roch unangenehm, als sie ihn öffnete, die Mädchen waren derzeit pflichtvergessener denn je. Ärgerlich stellte sie fest, daß das Verfallsdatum der Milch bereits überschritten war. Sie roch daran und goß dann ein wenig davon in ihren Kaffee.
    Während sie noch dastand und an dem schmutzigbraunen Getränk nippte, wanderten ihre Augen vom Mobiltelefon zum schnurlosen Gerät. Ihr war völlig unklar, wieso Mobiltelefone abhörsicher sein sollten; bei der heutigen Technik konnte es doch nicht sein, daß irgendeine Art von Telefongespräch keinem Lauscher zugänglich war. Das Mobiltelefon kam ihr einfach nicht sicher vor, es knackte und rauschte, und ab und zu hatte sie in der Leitung fremde Stimmen gehört. Schließlich griff sie doch danach.
    »Sie wollten mich sprechen«, sagte sie tonlos, als sich am anderen Ende der Leitung jemand meldete.
    Sie würde die Fenster putzen müssen. Die schrägstehende Abendsonne drang kaum bis zu ihrem Schreibtisch vor, und Staubkörner tanzten im trüben Licht. Sie hörte lange zu, was die Stimme am anderen Ende der Leitung zu sagen hatte.
    »Sie sprechen von internen Dokumenten«, sagte sie endlich. »Das ist natürlich schwierig. Fast schon unmöglich.«
    Was nicht stimmte. Das wußten sie beide. Aber Ruth-Dorthe Nordgarden wollte überredet werden. Sie wollte wissen, was dabei für sie herausspringen würde.
    Fünf Minuten später beendete sie das Gespräch.
    Sie kritzelte einige Worte in ihren Terminkalender, auf die Seite für den kommenden Montag. Sie mußte die Spülmaschine so bald wie möglich reparieren lassen. Sie würde ihren politischen Ratgeber bitten, das in die Wege zu leiten.
    18.00, Jacob Aalls gate 16
    »Ich bin skeptisch. Ich möchte das nur gesagt haben, ich bin skeptisch.«
    Lerche Grinde runzelte ihre dunkelbraune Stirn und spitzte den Mund. Doch Liten Lettvik entdeckte trotzdem ein neugieriges Funkeln in den Augen der alten Frau.
    »Nachdem Ihre Zeitung diese schrecklichen Dinge über Ben geschrieben hat, ist es doch klar, daß ich von Ihrem Besuch nicht gerade begeistert bin. Andererseits …«
    Lerche Grinde zog sich in ihre winzige Diele zurück und bedeutete Liten Lettvik, ihr zu folgen.
    »Wenn ich auf irgendeine Weise klarstellen könnte, daß Ben nichts mit dieser schrecklichen Geschichte zu tun hat, dann wäre das natürlich wunderbar.«
    Die Frau, die weit über siebzig sein mußte, trug enge Jeans, die auf faszinierende Weise zeigten, wie sich ein alternder Körper verändert. Ihre Beine wirkten kraftlos und mager, ihre Waden waren dünn wie Pfeifenreiniger. Zwischen den engen Hosenbeinen und den Plateausandalen war ein Stück braune Wade mit straffer, glänzender Haut und dunklen Altersflecken zu sehen. Unter dem lockeren rosa Angorapullover, der Lerche Grinde bis halb über das Gesäß reichte, hatte das Alter die gesamte Sitzmuskulatur weggenagt. Vor zehn Jahren, dachte Liten Lettvik, konntest du solche Kleidung sicher noch tragen.
    »Setzen Sie sich doch«, befahl Lerche Grinde, und Liten Lettvik spürte den

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