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Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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gelöst.«
    Jetzt lächelten sie beide. Die Möwen vor dem Fenster schrien heiser.
    »Aber könntet ihr mir nicht etwas … etwas Respekt entgegenbringen? Ab und zu?«
    Billy T. musterte seinen Kollegen mit ernster Miene.
    »Jetzt liegst du aber verdammt daneben, Håkon. Ich kann dir sagen …«
    Er beugte sich vor und nahm Håkons Hand. Håkon wollte sie zurückziehen, aber Billy T. ließ sie nicht los.
    »Wenn Hanne und ich einem einzigen Juristen hier im Haus Respekt entgegenbringen, dann dir. Sonst keinem. Und weißt du, warum?«
    Håkon betrachtete schweigend ihre Hände. Billy T.s war groß und behaart und überraschend weich und warm, seine eigene dagegen war knochig und hart.
    »Wir mögen dich, Håkon. Du erweist uns Respekt. Du bist bereit, dieses Geschreibsel da ein wenig großzügig auszulegen …«
    Billy T. nickte zu dem großen roten Buch hinüber.
    »Weil du weißt, daß wir die bösen Buben sonst nicht zu fassen kriegen. Du hast Dutzende von Malen für Hanne und mich den Kopf hingehalten. Du irrst dich wirklich, wenn du glaubst, wir respektierten dich nicht. Wirklich.«
    Håkon Sand wurde es warm, und tief unten in seinem Bauch hatte er ein gutes Gefühl, ähnlich dem längst vergessenen Glücksgefühl seiner Kindheit. Aber er empfand auch eine unbeschreibliche Müdigkeit. Ihm fielen die Augen zu, und ihm war schwindlig.
    »Verdammt, was bin ich müde. Hab die ganze Nacht kein Auge zugetan. Hab immer nur Karens Bauch angestarrt. Bist du sicher, daß es nicht gefährlich ist?«
    »Ich schwör’s dir«, sagte Billy T. und ließ die Hand los. »Aber jetzt mußt du mir zuhören.«
    Er fuhr sich mit den Fingerknöcheln über den Schädel.
    »Birgitte Volter ist tot. Und dann kommt der Wächter plötzlich bei einem Lawinenunglück ums Leben. Er war genau zum kritischen Zeitpunkt in ihrem Büro. Er war sauer und mürrisch, er hatte Waffen und zeigte sie nicht vor, wie er es versprochen hatte. Es kann um Leben und Tod gehen, Håkon. Ich brauche diesen blauen Wisch!«
    Håkon Sand erhob sich. Er blieb stehen, streckte die Arme Richtung Decke und wippte auf den Füßen auf und ab.
    »Vergiß es, Billy T. Von mir bekommst du keinen Durchsuchungsbefehl. Aber wenn dir das vielleicht ein Trost ist …«
    Er ließ sich geräuschvoll auf die Hacken fallen.
    »… am vergangenen Freitag wurde ein Auslieferungsbefehl gegen den Wächter erlassen. Mit anderen Worten, er wurde amtlich zu dem aufgefordert, worum du ihn so höflich gebeten hattest. Jetzt müssen seine Erben das entscheiden. Wenn Tone-Marit belegen kann, daß der Wächter uns weiterbringt, dann werde ich mit ihr sprechen. Mit Tone-Marit. Nicht mit dir.«
    »Aber Håkon!«
    Billy T. wollte sich nicht geschlagen geben.
    »Der Tod des Wächters kommt doch viel zu gelegen. Kapierst du das nicht?«
    Jetzt lachte Håkon Sand.
    »Du glaubst also an eine Terrororganisation, die für Nordnorwegen den Schneefall des Jahrhunderts bestellen kann, um danach einen unerwarteten Sturm und eine gewaltige Lawine auszulösen?«
    Wieder lachte er, ausgiebig und herzlich.
    »Gar nicht leicht, so ein Wetterchen zu inszenieren. Nein, du irrst dich, Billy T. Dieses eine Mal irrst du dich ganz einfach.«
    Er hatte recht. Billy T. schmollte. Er sprang auf, ging in die Hocke und umarmte den Gummiwal.
    »Mir ist das alles scheißegal«, sagte er sauer und verließ das Büro.
    »Und den Wal legst du dahin zurück, wo du ihn hergenommen hast!« brüllte Håkon Sand hinter ihm her. »Ist das klar? Leg ihn zurück!«
    12.15, Oberstes Gericht
    Fünf Richter saßen in ihrem Aufenthaltsraum und ließen sich in der sogenannten »großen Pause« Tee und Butterbrote schmecken. Zwei von ihnen hatten sich noch nicht an den Kaffeeverzicht gewöhnen können. Beim Obersten Gericht wurde Tee getrunken. Das Zimmer war groß und schön; mit zwei Sitzgruppen aus hellem Birkenholz, bezogen mit apfelgrünem Wollstoff, der gut mit den Wänden harmonierte, die in einem warmen Gelb gehalten waren. An den Wänden hingen mehrere Bilder in ansprechenden Farben. Die dünnen weißen Porzellantassen klirrten leise, und ab und zu war ein behutsames Schlucken zu hören.
    »Hat heute schon irgendwer Benjamin Grinde gesehen?«
    Der Gerichtspräsident runzelte die Stirn und verriet damit die leichte Unruhe, die ihn seit zwei Stunden quälte.
    »Ich habe vorhin noch in seinem Büro nachgeschaut«, sagte er dann. »Er soll als erster sein Votum zu dem Versicherungsfall vom letzten Mittwoch bekanntgeben,

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