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Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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bekümmerte ihn nicht, daß seine verägerten Nachbarn an die Wand klopften, und er drehte die Lautstärke mit der Fernbedienung noch etwas höher.
    Madame Butterfly ging dem Ende entgegen. Er litt bei ihrer tiefsten Niederlage mit ihr. Der Mann, den sie liebte und auf den sie viele Jahre gewartet hatte, war endlich wieder da – mit einer anderen. Und diese andere, die ihr den Geliebten genommen hatte, würde ihr auch ihren einzigen wirklichen Schatz rauben, ihren Sohn. Ihr einziges Kind.
    Die Musik steigerte sich, verdichtet, dramatisch. Billy T. schloß die Augen, und er spürte, wie die Musik ihn erfüllte; sogar seine Zehen schienen zu vibrieren.
    Con onor muore chi non può serbar vita con onore!
    »In Ehren stirbt, wer nicht länger in Ehren leben kann«, flüsterte Billy T.
    Das Telefon zerriß das Finale.
    »Verdammt!«
    Er sprang auf, riß den Hörer von der Gabel und brüllte:
    »Moment mal!«
    Er legte den Hörer neben das Telefon und trat wieder mitten ins Zimmer.
    Madame Butterfly sang für ihren Sohn, intensiv und voller Schmerzen, für ihn wollte sie sterben.
    Dann war es zu Ende.
    Mit so sanfter Stimme, daß Tone-Marit Steen sich einen Moment fragte, ob sie vielleicht die falsche Nummer erwischt hatte, fragte er:
    »Hallo, wer ist denn da?«
    Aber seine Stimme klang wieder wie sonst, als er gleich darauf brüllte:
    »Verdammt! Benjamin Grinde ist tot?«

Dienstag, 15. April 1997
    8.30, Café Markveien
    Hanne Wilhelmsen las »Calvin & Hobbes« und schmunzelte. Der Comic war immer das erste, was sie in der Zeitung las. Sie hatte alles gegessen, was ihr aufgetischt worden war, eine Frikadelle mit Zwiebeln und Bratkartoffeln, und hatte dazu einen halben Liter Milch getrunken. Sie unterdrückte ein Aufstoßen und bereute, die Kartoffeln aufgegessen zu haben.
    Billy T. hatte keine Zeitung abonniert. Es ärgerte Hanne, daß er nicht einmal diese eine Grundbedingung für ein zivilisiertes Leben erfüllte. Die Ignoranz ihres Freundes glich sie dadurch aus, daß sie nach ihrer morgendlichen Lauftour in einem Café frühstückte und sich dort in sämtliche Zeitungen vertiefte.
    Der Kaffee war nicht gut, aber stark. Sie rümpfte die Nase, aber daran konnten auch die vielen Nachrufe auf Richter Grinde schuld sein. Dagbladet brachte über dem Bild des Toten eine fette rote Schlagzeile, und Hanne folgte dem Hinweis und blätterte weiter auf Seite vier. Diese Seite schrie ihr förmlich entgegen, aber alles, was dort stand, wußte Hanne schon längst. Sie mochte nicht mehr weiterlesen. Immerhin mußte sie zugeben, daß die Zeitungen ausnahmsweise einmal nicht ganz unrecht hatten: Es war auffällig, daß Benjamin Grinde nur acht Tage nach Ministerpräsidentin Volter das Zeitliche gesegnet hatte. Der Wutausbruch des Polizeipräsidenten hatte offenbar Früchte getragen; soweit Hanne sehen konnte, hatte keine Zeitung in Erfahrung bringen können, daß die Gerichtsmediziner den Zeitpunkt des Todes für Samstag nachmittag berechnet hatten. Und das war wirklich ein seltsamer Zufall.
    Der Wächter. Benjamin Grinde. Birgitte Volter. Alle waren innerhalb einer guten Woche gestorben. Eine mit dem Revolver erschossen. Einer von einer Lawine mitgerissen. Der letzte hatte wahrscheinlich Selbstmord begangen, das hatte ihr jedenfalls Billy T. zugeflüstert, als er gegen vier Uhr morgens neben ihr ins Bett gefallen war. Er hatte erzählt, der Mann habe im Bett gelegen, neben sich ein leeres Pillenglas. Hanne fischte einen Kugelschreiber aus ihrer Handtasche, stellte ihren leeren Teller auf den Nebentisch und zeichnete ein Dreieck auf ihre Serviette: Grinde, der Wächter und Volter, jeweils in eine Ecke. Darunter zeichnete sie ein Tuch, einen Revolver, eine Schlüsselkarte und eine Pillendose. Hier lag die Antwort. Das wußte sie genau.
    Sie ließ ihren Kugelschreiber von Gegenstand zu Gegenstand und von Person zu Person wandern. Dabei ergab sich ein unordentliches und unbegreifliches Muster. Nach einiger Zeit bekam sie Kopfschmerzen. Seit sie im Jahre 1993 bei den Ermittlungen zu einem Drogenskandal vor ihrem Büro zusammengeschlagen worden war, quälten diese Kopfschmerzen sie in unregelmäßigen Abständen.
    Mit dem letzten Rest Milch spülte sie zwei Kopfschmerztabletten hinunter.
    Die AZ überschlug sich geradezu. Endlich hatte auch die politische Redaktion Interesse an Liten Lettviks Kreuzzug, und von dem, was auf den insgesamt sechs Seiten zu dieser Angelegenheit stand, war der politische Kommentar der

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