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Im Zeichen des Schicksals

Im Zeichen des Schicksals

Titel: Im Zeichen des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mina Hepsen
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großgezogen wurde?«, fragte ich ungerührt.
    »Was? Celine, das ist eine ernste Sache!« Melissa runzelte die Stirn. »Die Leute plappern gern nach, was Sandra Witherspoon erzählt. Sie sagt, dass du mittels deiner Tarotkarten mit Dämonen in Verbindung trittst und dass man dir nicht in die Augen schauen darf, wenn man nicht verflucht werden will.«
    Das mit den Karten war ein cleverer Einfall; gute Lügen bauen immer auf der Wahrheit auf.
    »Hörst du mir überhaupt zu? Sie versucht, dich zu einer Ausgestoßenen zu machen! Warum bist du nicht wütend?«, schimpfte Melissa.
    »Ich bin wütend! Denkst du, mir gefällt das Ganze? Zuerst bringt sie irgendeine Frau dazu, in der Schule anzurufen und sich als meine Mutter auszugeben, und jetzt das … Glaub mir, ich bin wütend. Aber ich habe nicht vor, mir von ihr …«
    Melissa war von ihrem Stuhl aufgesprungen, bevor ich den Satz beenden konnte, und marschierte direkt auf den Tisch am Fenster zu.
    »Warte!« Ich eilte hinter ihr her, aber immer wieder traten mir Schüler mit ihren Essenstabletts in den Weg! Voller Entsetzen musste ich mitverfolgen, wie Melissa Sandra auf die Schulter klopfte und ihren Arm nach hinten zog.
    »Lass mich los!« Eine Welle der Erleichterung durchströmte mich, als ich den Tisch erreichte und Melissa in Ians Armen zappeln sah.
    Ich legte meiner Freundin beruhigend die Hand auf die Schulter. »Komm, Melissa, gehen wir an den Tisch zurück.«
    »Nein! Nein, ich werde ihr das nicht durchgehen lassen. Diesmal nicht!«
    »Was ist hier los?« Am anderen Ende des Tisches war Josh aufgestanden und schaute zwischen Melissa und mir hin und her.
    Sandra wedelte abfällig mit der Hand. »Offensichtlich glaubt dieses traurige Etwas, dass ich irgendwie für alles Elend in ihrem Leben verantwortlich bin. Es tut mir leid, aber ich kann nichts dafür, dass du ein solcher Niemand bist, Clarissa.«
    Die wilde Wut, die ich den ganzen Vormittag zu unterdrücken versucht hatte, trat mit einem Mal an die Oberfläche. Ich grub die Finger in die Handflächen und machte einen Schritt auf sie zu. »Sprich nicht so über sie.«
    Ein Schatten fiel über den Tisch, als ich auf Sandras hässliches Lächeln herabstarrte. Dunkle Wolken hatten sich draußen zusammengeballt, in der Ferne grollte der Donner und hallte in der merkwürdig stillen Mensa wider.
    »Glaubst du, du kannst mir sagen, was ich tun soll, du Waisenkind?«, zischte Sandra.
    »Das reicht, Sandra!«, knurrte Josh, und seine Stimme riss mich aus dem roten Rausch der Wut, der meinen Verstand umnebelt hatte. Ich war aus einem bestimmten Grund hier, und der hatte nichts mit Sandra Witherspoon zu tun. Ich durfte ihr keine Bedeutung beimessen, das konnte ich mir nicht erlauben. Ich holte tief Luft, um mich zu beruhigen, und drehte mich zu Melissa um.
    »Kommst du?«
    Melissa schaute zu Ian auf. »Du kannst mich jetzt loslassen. Ich habe mich dagegen entschieden, dieses Miststück bewusstlos zu prügeln. Allein schon beim Gedanken, sie zu berühren, wird mir schlecht.«
    Ians Mundwinkel zuckten, und Nick begann, lauthals zu lachen. Ich verzichtete darauf, mich umzudrehen, um zu sehen, wie Sandra die Bemerkung aufnahm, sondern wartete nur, bis sich Melissa in Bewegung setzte, dann folgte ich ihr durch die stumme Menge.

Der Herrscher
    Es gab keinen Zauber, um gemeine Highschool-Zicken in Frösche zu verwandeln. Zumindest nicht in Zigeunermagie . Was es aber gab, waren Talismane zur Abschreckung des Bösen, und ich hatte mich bereits mit mehreren von ihnen vertraut gemacht. Sobald ich mit dem Zeichnen meiner Skizze fertig war – eine Sonne mit außen herum angeordneten Mondsicheln –, hielt ich mein Heft hoch, um das Ergebnis zu begutachten.
    »Könnte bei Sandra funktionieren.«
    Zumindest konnte man hoffen. Ich lehnte mich auf meinem Stuhl zurück und schaute aus den Schlafzimmerfenstern dorthin, wo eben die Sonne hinter dem Park von Wendell unterging. Ich begann diese Aussicht zu lieben, vor allem um diese Zeit, wenn Grün-, Orange- und Rottöne aus den Bäumen in den Himmel aufzusteigen schienen. Mit jedem verstrichenen Tag schien mir mein Bostoner Leben immer weiter entfernt. Tonys dunkle Küche, die Arbeit von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, den Ratten zu lauschen, wenn sie über die Decke huschten; allein schon der bloße Gedanke an diese Dinge war nervenaufreibend, was nicht gut war. Je länger ich in East Wendell blieb, umso schwerer würde es sein, zurückzukehren und all das zu vergessen, all die

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