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Im Zeichen des Schicksals

Im Zeichen des Schicksals

Titel: Im Zeichen des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mina Hepsen
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langsam«, lachte Ian und legte mir die Hände an die Ellbogen, damit ich nicht stürzte.
    »Oh Gott, Entschuldigung, tut mir sehr leid.« Ich schämte mich und konnte spüren, wie ich errötete. Schon wieder. Was zum Teufel stimmte nicht mit mir? Ich konnte ja nicht einmal zur Toilette gehen, ohne beinahe hinzufallen, wie zum Kuckuck sollte ich da irgendjemanden vor etwas retten?
    Ian trug die gleichen Sachen wie am Tag, als ich ihm das erste Mal begegnet war: schwarze Jeans und T-Shirt, alles außer der Lederjacke. Mein Blick richtete sich unwillkürlich dorthin, wo seine Arme aus dem T-Shirt ragten. Seine Muskeln spielten, als er nun die Hände in die Taschen seiner Jeans schob. Ich schaute schnell weg. Hör auf zu starren!
    »Du zwingst mich immer wieder in diese Rolle, weißt du?«, bemerkte er.
    »In welche Rolle?«
    »Dass ich dich retten muss.« Ian lächelte leise. »Du musst besser auf dich aufpassen.«
    Er hatte recht. Ich musste in der Tat besser auf mich aufpassen. Und nicht mehr in andere Leute hineinzurennen wäre ein guter Anfang.
    »Danke, Ian.«
    »Wofür?« Sein Tonfall war unbeschwert, aber es trat ein eindringlicher Ausdruck in seine Augen. Eigentlich schaute er immer so eindringlich. Verschmitzt und bisweilen scheinbar unbeschwert, aber trotzdem eindringlich.
    »Dafür, dass du mich vor diesem Mistkerl gerettet hast und für Mr. Peterson heute Morgen und für jetzt …« Ich lachte, als mir aufging, dass er meinem ursprünglichen Spitznamen für ihn immer mehr gerecht wurde. »Du bist wirklich Mr. Retter.«
    »Das ist eine interessante Überlegung, Miss Smith.« Er bedachte mich wieder mit seinem schiefen Grinsen. »Mir war gar nicht bewusst, dass du eine Romantikerin bist.«
    »Bin ich auch nicht!« Zumindest dachte ich das.
    »Das ist gut, denn heute scheint mir ein schlechter Tag für Romantik zu sein«, bemerkte er und schaute mir über die Schulter. Ich folgte seinem Blick zur Nische ganz hinten, wo Sandra und Josh saßen. Selbst aus dieser Entfernung waren Sandras lange Beine in Netzstrümpfen, ihr tiefer Ausschnitt und ihre zornfunkelnde Miene deutlich zu sehen.
    »Ian, darf ich dir eine Frage stellen?«
    Er nickte und trat zur Seite, um ein Paar vorbeizulassen. »Frag nur.«
    »Wenn du jemandem dein Leben verdanken würdest, würdest du alles tun, was der Betreffende verlangt, selbst wenn es wirklich schwierig wäre?« Ich sah Überraschung über sein Gesicht zucken, und dann war sie sofort wieder verschwunden; weggewischt, als sei sie nie da gewesen. Und ich begriff, dass ich gerade etwas über Ian McAlpine erfahren hatte: Ganz wie ich war auch er gut darin, Dinge zu verbergen.
    »Ja«, sagte er nach einem weiteren Moment des Schweigens.
    Ich weiß nicht, ob ich über seine Antwort erleichtert oder enttäuscht war. Er bestärkte mich darin, dass ich das Richtige tat, wenn ich den Visionen folgte, die mir das Leben gerettet hatten … also sollte ich auch kein so schlechtes Gefühl haben, weil ich hier war … und alle belog. Aber ich fühlte mich trotzdem nicht besser.
    »Selbst wenn es bedeutete, dass du lügen müsstest?«
    »Ja.« Diesmal kam seine Antwort sofort. »Warum?«
    »Ach, weißt du: rein hypothetische Frage.« Ich lächelte. »Ich gehe jetzt besser.«
    Ian machte eine spöttische Verbeugung, als ich mich in Richtung Toiletten an ihm vorbeidrückte.
    Als ich an den Tisch zurückkam, war Sandra verschwunden, und Josh wirkte alles andere als glücklich.
    »Alles in Ordnung?«, fragte ich und rutschte wieder in meinen Sitz.
    »Ja, natürlich.« Er nickte. »Was wollte McAlpine?«
    Er hatte uns reden sehen? Ich sah mich nach Ian um und fand ihn auf seinem gewohnten Platz an der Theke. Die hübsche Barkeeperin mit den großen Kreolen in den Ohren beugte sich anzüglich vor und stellte Ian ein kleines Glas mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit hin. Konnte sie ihn noch offensichtlicher anmachen?
    »Eigentlich gar nichts.« Ich drehte mich wieder zu Josh um. »Warum?«
    »Nur so.« Josh sammelte seine Sachen zusammen und stand auf. »Komm, gehen wir heim. Ich muss für meinen neuen Lateinlehrer noch eine ganze Ahnentafel zusammenstellen.«
    Gehen wir heim . So ein simpler Satz, aber ich fühlte mich danach ganz seltsam. Ich schnappte mir meinen Rucksack und warf einen Blick auf die leeren Teller auf dem Tisch. »Wir haben gar keine Rechnung bekommen.«
    »Dann nichts wie weg hier«, sagte Josh über seine Schulter und trabte davon. Schnell folgte ich ihm. Das konnte wohl nicht

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