Im Zeichen des Todes
zu genießen. A ber er hatte kaum zehn Minuten dort gesessen, als er hinter sich Schritte hörte.
» Bist du ein Frühaufsteher so wie ich, Harry?«, fragte Martinez.
» Ich konnte nicht schlafen«, bekannte Zak.
Martinez setzte sich neben ihn. Er wirkte ernst, die Heiterkeit des V orabends war aus seinem Blick verschwunden. » Machst du dir etwa immer noch Sorgen wegen der Polizei? Das brauchst du nicht. Ich kontrolliere die Polizei. Oder ist es doch etwas anderes? W enn man das erste Mal jemanden getötet hat, ist es sehr schwer. A ber danach wird es einfacher.«
Zak sah ihn überrascht an, doch Martinez starrte über das Gelände.
» Weißt du, was ich tue, Harry?«
Zak spürte, wie sich sein Puls beschleunigte. » Nicht genau«, erwiderte er. » Ich meine, ich habe da so eine V orstellung …«
» Du bist ein kluger Junge. Ein sehr kluger Junge. Dann erzähl mal, was das für eine V orstellung ist, die du hast!«
Zak leckte sich über die Lippen, die mit einem Mal ganz trocken waren. » Ich denke, es hat etwas mit Drogen zu tun.«
Martinez lächelte. » Und hältst du mich für einen schlechten Menschen, Harry?«
Zak bemühte sich, ruhig zu klingen, als er sagte: » Ich bin nur froh, dass Sie mich da bei der Polizei rausgeholt haben.«
» Viele Leute halten mich für einen schlechten Menschen. A ber die sind auch nicht so intelligent wie du. Ich komme aus einem armen Dorf, musst du wissen. Meine Eltern hatten kaum genug Geld, um mich und meine beiden Brüder zu ernähren und für Kleidung. W enn man in Mexiko arm geboren wird, bleibt man arm – es sei denn, man findet einen W eg, der A rmut zu entkommen. V erstehst du das, Harry?«
» Ja, Señor«, antwortete Zak höflich. A ber im Hinterkopf hörte er leise eine W arnung, die Michael ihm mit auf den W eg gegeben hatte. Martinez kann mit seinem Charme alle um den Finger wickeln. Lass dich nicht davon beeinflussen.
» Mexikos W irtschaft hängt vom Drogenhandel ab, Harry. Ohne mich würde sie zusammenbrechen. Die Leute, die die Kokablätter aus Kolumbien importieren – was würde wohl aus denen werden, wenn ich sie nicht für ihre A rbeit bezahlen würde? Denkst du, dass es in Mexiko genügend A rbeit gäbe, dass sie wieder eine Stelle fänden? Und die armen Menschen in den Dörfern wie dem, aus dem ich stamme – glaubst du, die Regierung kümmert sich um sie?«
Zak schüttelte den Kopf.
» Nein!« Martinez’ A ugen leuchteten. » Ich bin es, der etwas für diese Gemeinden tut. Ich bin es, der ihnen Kirchen und Schulen baut. Ich bin es, der sie mit Geld für ihre Kranken versorgt.«
Und du bist es, der ihre Familien umbringt, dachte Zak. Das Bild der Gehängten, das Michael ihm gezeigt hatte, hatte sich tief bei ihm eingebrannt.
» Die Leute erzählen schreckliche Dinge über mich, Harry. A ber sie verstehen die W ahrheit nicht. Sie verstehen nicht, was ein Mann tun muss, um in dieser W elt etwas zu erreichen. V erstehst du, was ich sagen will?«
Zak nickte.
» Du bist ein guter Junge«, fuhr Martinez fort. » Cruz braucht jemanden wie dich in seiner Nähe. Raul schikaniert ihn nur. Er glaubt, dass ich es nicht sehe, aber ich sehe mehr, als er denkt.« Er tippte sich an die Stirn.
» Warum lassen Sie Raul damit durchkommen?«, fragte Zak.
» Weil ich hoffe, dass Cruz mehr für sich selbst einsteht und dadurch ein Mann wird.«
» Wenn jemand schikaniert wird, ist es schwer für denjenigen, überhaupt etwas zu tun«, meinte Zak.
Martinez warf die A rme in die Luft. » Und was soll ich tun?«, wollte er wissen. » Soll ich danebenstehen und zusehen, wie mein Sohn zu einem nutzlosen Niemand wird?«
» Sie könnten versuchen, ihn einfach er selbst sein zu lassen.« Zak wusste nicht recht, ob er da sprach oder Harry. » Vielleicht würde er Sie ja überraschen.«
» Mich überraschen? Pff …« Martinez stand auf und gestikulierte mit einem A rm in die Runde. » Ich habe mein ganzes Leben schwer gearbeitet, um dieses Imperium aufzubauen. W ie kann ich es Cruz hinterlassen, wenn er keinerlei Interesse an den Geschäften zeigt? Kein Interesse, etwas aus seinem Leben zu machen? Er will immer nur seine Nase in Bücher stecken. W as kann man denn schon aus Büchern lernen? Raul ist wenigstens begierig. V ielleicht ist er nicht der klügste Junge, der mir je untergekommen ist, aber er will Erfolg haben. V ielleicht kommt das mit dem Grips ja noch.« W ieder sah er über seinen Besitz hinweg.
Martinez klang für Zak, als wolle er sich selbst von
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