Im Zeichen des Zorro
kräuselte.
»Einen Becher Eures
erfrischenden Weines, Don Carlos«, fuhr Don Diego Vega fort. »Ich
bin ermattet. Ganze zwei Mal bereits unternahm ich heute den Ritt von
Reina de los Angeles bis hier heraus, und das ist beinahe mehr, als ein
Mann zu ertragen imstande ist.«
»Es ist wohl kaum eine
weite Reise — gerade vier Meilen«, warf der Hauptmann ein.
»Für einen
ungehobelten Soldaten nicht, mag sein«, erwiderte Don Diego, »für
einen caballero aber ist es eine.«
»Und kann ein Soldat
vielleicht kein caballero sein?«, wollte Capitán Ramón
wissen, den die Worte seines Gegenübers ein wenig aufgebracht hatten.
»Das soll früher
durchaus der Fall gewesen sein, ist heute aber nur mehr höchst selten
anzutreffen«, erklärte Don Diego. Während er sprach, warf
er einen kurzen Blick auf Senorita Lolita, in der Hoffnung, sie würde
seine Worte zur Kenntnis nehmen. Denn ihm war aufgefallen, wie der
Hauptmann sie ansah, und in seinem Herzen flammte Eifersucht auf.
»Wollt Ihr damit
andeuten, Senor, ich hätte kein blaues Blut?«, fragte Capitán
Ramón.
»Das, Senor, vermag ich
nicht zu beantworten, da mir nicht vergönnt war, es zu sehen. Dieser
Senor Zorro würde mir zweifellos mehr darüber sagen können.
Soweit ich weiß, hat er ja seine Farbe gesehen.«
»Bei allen Heiligen!«,
rief Capitán Ramón. »Wollt Ihr mich verhöhnen?«
»Man soll sich nie
durch die Wahrheit verhöhnen lassen«, stellte Don Diego fest.
»Er hat Euch die Schulter durchstoßen, nein? Es ist wohl kaum
mehr als eine Schramme. Solltet Ihr nicht längst wieder in der
Garnison sein, Eure Soldaten befehligen?«
»Ich warte hier auf
ihre Rückkehr«, erwiderte der Hauptmann. »Und wie Ihr
selbst meintet, Senor, ist es eine ermattende Reise von hier in die
Garnison.«
»Ein Soldat ist doch
gegen Entbehrungen gestählt, Senor.«
»Er muss sich mit
vielen Plagen abfinden, das ist wohl wahr«, sagte der Hauptmann und
sah Don Diego vielsagend an.
»Ihr heißt mich
eine Plage, Senor?«
»Sagte ich das denn?«
Das war gefährliches
Terrain, und Don Carlos hatte nicht die Absicht, einen Offizier der Armee
und Don Diego Vega ihre Händel auf seiner Hacienda austragen zu
lassen, aus Furcht, er würde dadurch in noch größere
Schwierigkeiten geraten.
»Mehr Wein, Senores!«,
rief er mit lauter Stimme und trat unter völliger Missachtung jeder
Etikette zwischen beider Stühle. »Trinkt, Capitán, denn
Eure Wunde hat Euch geschwächt. Und Ihr, Don Diego, nach diesem
wilden Ritt…«
»Ich bezweifle, dass er
sonderlich wild war«, bemerkte Capitán Ramón.
Don Diego nahm den
angebotenen Weinbecher an und wandte dem Hauptmann den Rücken zu. Er
blickte zu Senorita Lolita hinüber und schenkte ihr ein Lächeln.
Er stand mit Bedacht auf, nahm seinen Stuhl und trug ihn durch das Zimmer,
um sich neben sie zu setzen.
»Und hat der Halunke
Euch denn verängstigt, Senorita?«, fragte er.
»Und wenn dem so wäre,
Senor? Würdet Ihr den Vorfall rächen? Würdet Ihr den Degen
anlegen und losziehen, bis Ihr ihn schließlich fändet und
seiner gerechten Strafe zuführtet?«
»Heilige Mutter Gottes,
wenn es denn tatsächlich nötig sein sollte, könnte ich das
natürlich tun. Aber ich bin in der glücklichen Lage, dass ich
einen Haufen kräftiger Kerle anheuern kann, denen nichts lieber wäre,
als den Schurken zur Strecke zu bringen. Warum sollte ich da den eigenen
Hals riskieren?«
»Ach!«, stöhnte
sie wütend.
»Lasst uns nicht weiter
von diesem blutrünstigen Senor Zorro sprechen«, bat er. »Es
gibt passendere Gesprächsthemen. Habt Ihr denn den Grund meines
ersten Besuches bereits überdenken können, Senorita?«
Senorita Lolita überdachte
ihn jetzt. Sie erinnerte sich wieder daran, was diese Ehe für ihre
Eltern und deren Geschicke bedeuten würde, und sie dachte wieder an
den Gesetzlosen, erinnerte sich an sein Temperament, und wünschte
nur, Don Diego wäre so ein Mann. Und sie brachte es nicht über
sich, das Wort zu sagen, das sie zur Braut Don Diego Vegas gemacht hätte.
»Mir - mir blieb kaum
die Zeit, darüber nachzudenken, caballero«, antwortete sie.
»Ich darf doch darauf
vertrauen, dass Ihr Euch bald entscheidet?«, erwiderte er.
»Seid Ihr denn so
ungeduldig?«
»Mein Vater bedrängte
mich diesen Nachmittag schon wieder, dass ich so bald als möglich
eine Frau nehmen
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