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Im Zweifel suedwaerts

Im Zweifel suedwaerts

Titel: Im Zweifel suedwaerts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katarina Fischer
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Herzche.«
    »Oh. Danke auch.« Leider war er sehr gut darin. Vielleicht lag seine Trefferquote nicht bei hundert Prozent, aber ja, natürlich wäre ich zufrieden mit meinem Liebesleben, wäre die Situation in der Bar anders verlaufen. Doch wie Betty immer so schön sagte: hätte, hätte, hätte.
    Hier und heute steckte ich beziehungstechnisch bis zu den Schultern in einem Brei aus Zweifeln und Unsicherheit. Und das vielleicht zu Recht, diese Möglichkeit zog interessanterweise niemand in Betracht. Die Zeiten änderten sich schließlich. Was vor einem halben Jahr noch richtig schien, war jetzt vielleicht genau falsch. Und was vor drei Jahren nicht funktioniert hatte, verdiente jetzt eventuell eine neue Chance. Welche Frau, der sich in so einer Situation plötzlich eine derartige Alternative auf dem Silbertablett präsentierte, würde nicht zumindest kurz ins Grübeln kommen? »Es kann doch sein, dass es ein Zeichen ist«, überlegte ich laut.
    »Dass du den Felix getroffen hast?«
    »Ja, genau. Weißt du, ich dachte immer, der richtige Mann ist der Schlüssel zur perfekten Beziehung. Wenn ich einen finde, der passt, passt der Rest auch. Das ist wie mit Kleidern. Manche sehen super auf dem Bügel aus, stehen dir aber nicht. Andere sind ganz passabel, aber es fehlt das gewisse Etwas. Andere sind eigentlich rundum perfekt, aber du kannst sie dir nicht leisten. Aber wenn du nach langem Suchen endlich das richtige Kleid gefunden hast, bist du immer gut angezogen, da musst du dir keine Sorgen mehr machen. Ich dachte, so wäre das mit mir und Richard.«
    Marco klang irgendwie angewidert. »Du vergleichst den Richard mit einem Kleid?!«
    »Nein, das ist nur ein Bild. Damit will ich deutlich machen, was ich meine.«
    »Indem du mit mir über Klamotten redest?«
    Guter Einwand. Mit Alternative-Rock-Bands kannte ich mich aber leider nicht gut genug aus, um an ihrem Beispiel meinen Punkt klarzumachen. Also zurück zum Kleid. »Na, jedenfalls ist Richard lange Zeit mein Lieblingskleid. Aber dann passiert etwas. Keine Ahnung. Ich hab zugenommen oder ihn zu heiß gewaschen …« Ich hörte, wie Marco sich im Dunkeln mit der flachen Hand gegen die Stirn klatschte, »und auf einmal passt er mir nicht mehr. Ich fühle mich nicht mehr wohl, wenn ich das Richard-Kleid anziehe. Und dann finde ich plötzlich beim Schrank Ausmisten dieses alte Kleid, das ich eigentlich wegwerfen wollte und total vergessen habe. Ich probiere es spaßeshalber an, und siehe da …«
    »Der Felix ist jetzt auch ein Kleid?«
    »Ich wusste, du würdest es verstehen.« Ich lehnte mich zufrieden zurück und guckte in die Sterne. Endlich war mir auch selbst klar geworden, was ich fühlte. Ein Hoch auf die Metapher!
    »Daphne«, sagte Marco, »Menschen sind keine Textilien.«
    Aber das wollte ich nicht hören. Das konnte er dem Mond erzählen. Ich würde am nächsten Tag mein altes Kleid treffen, und niemand konnte mich davon abhalten. Wenn man kurz davor war, im Chaos unterzugehen, war man dankbar für jeden kleinen Lichtblick. Auch wenn alle anderen der Meinung waren, dass es sich bei diesem Lichtblick um die Scheinwerfer eines schnell herannahenden Autos handelte. »Fahren wir morgen an den Strand?«, fragte ich Marco.
    Er seufzte zur Antwort – »Na klar.« – und erschlug eine Mücke auf seinem Arm.
    Sonnenschein. Wärme. Meeresrauschen. Ansonsten: Stille. Zumindest zwischen Betty und mir herrschte nach wie vor eisiges Schweigen, obwohl Lucy wirklich ihr Bestes tat, um so etwas wie eine Unterhaltung in Gang zu bringen. Da sie dafür aber bekanntermaßen nur wenig Talent besaß, beschränkte sie sich aus Mangel an unverfänglichen Themen auf eine Zusammenfassung der gestrigen Folge von »Remédio Santo«, was jedoch nur stockend voranging, weil Ana sie immer wieder mit einem Schnalzen unterbrach und mit einer überraschenden Strenge in der Stimme verbesserte. »Tudo errado, ’tschuldige, aber das has du falsch verstanden.« Es folgte Anas absolut gegenteilige Version von dem, was Lucy zu sehen geglaubt hatte, und beide warfen mit Namen um sich, die sich zwar hübsch anhörten, mir aber nichts sagten.
    »Ana, was hat es eigentlich mit dem 25. April auf sich?«, unterbrach ich das Geschnatter. Betty hatte sich schon vor längerer Zeit ein T -Shirt über die Augen gelegt und schlief vielleicht.
    Verwirrt legte Ana den Kopf schief. »Funfundzwansigste Abril? Por quê?«
    »Weil hier alles danach benannt ist. Straßen, Brücken …«
    »Ach so! Das is Dia da

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