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Im Zweifel suedwaerts

Im Zweifel suedwaerts

Titel: Im Zweifel suedwaerts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katarina Fischer
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nachsichtig. »Schätzelein, ich kann verstehen, dass du gern jemand anderem die Schuld für die Bredouille geben willst, in der du jetzt steckst. Aber wenn du ganz ehrlich zu dir selbst bist, siehst du sicher ein, dass, wenn überhaupt, nur eine von uns beiden hier etwas kaputt gemacht hat. Und das bist du. Erst verbringst du Wochen damit, dich selbst davon zu überzeugen, dass Richard nicht zu dir passt, und dann fängst du etwas mit deinem komischen geistig klobigen Exfreund an.« Sie hob hilflos die Schultern. »Was hab ich damit zu tun? Ich hab dich ja sogar noch gewarnt, falls du dich erinnerst. Und dann habe ich mich, wie versprochen, aus der Sache rausgehalten.«
    Verbissen auf der Suche nach einem Gegenargument knabberte ich an meiner Unterlippe, aber es gab keins. Ich wusste, dass sie recht hatte. Die ganze Misere war zuallererst meine Schuld. Ich hatte gewusst, dass es falsch war, mich auf Felix einzulassen, und ich hatte es trotzdem getan. Wie hatte Marco so schön gesagt? Einer kapiert’s eben nie. »Ich hab mich nur mit ihm getroffen, um ihm zu sagen, dass ich ihn nicht mehr sehen will.«
    »Okay. Das kannst du ja Richard erzählen, nech?« Sie drehte sich wieder zur Tanzfläche um, schlürfte an ihrem Drink und wippte im Takt.
    »Wo ist er denn?«
    »Da wo sich alle Dramen heute Abend zutragen. Am Strand.«
    Ich überblickte suchend das dunkle Areal unterhalb der Terrasse. Die Felsen hoben sich schwarz gegen den Nachthimmel ab, und vereinzelt konnte ich Gestalten erkennen, die sich im Mondschein über den Sand bewegten. Einer von ihnen war mein Freund. Wenn er noch mein Freund war.
    »Weißt du, wie Ana unsere Gruppe inzwischen nennt?«, unterbrach Betty meine Gedanken.
    »Nein. Wie denn?«
    »Club Remédio Santo. Passt ganz gut, finde ich.«
    »Das ist ja schrecklich!«
    Mit einem letzten, strammen Zug leerte Betty auch das zweite Glas und drückte es mir in die Hand. »So. Ich geh jetzt tanzen. Vielleicht find ich ja doch noch irgendwo einen heißen Boy. Einen, der Mädchen mag.«
    Mit einem Augenzwinkern ließ sie mich stehen und verschwand in der wogenden Menge. Ich sah ihr nach, stellte das Glas auf der Balustrade ab und machte mich auf den Weg zum Meer, um irgendwo in der Dunkelheit meinen Freund zu finden.
    Ich fand ihn etwas abseits von den anderen Strandbesuchern, weit vorn am Wasser. Richard lag mit angewinkelten Beinen im Sand, die Arme unter dem Kopf verschränkt, und schaute in den Sternenhimmel. Als ich näher kam, drehte er sich kurz zur Seite, um zu sehen, wer das war, dann nahm er wieder seine Ausgangsposition ein. Der Mond war wohl ein angenehmerer Anblick für ihn als ich.
    Vorsichtig setzte ich mich neben ihn, umschlang meine Knie, grub meine Füße in den feuchten Sand und wusste nicht, was ich sagen sollte. Die Wellen glitzerten in der Nacht, als wäre irgendwo vor der Küste ein Frachter mit Feenstaub an Bord havariert. Von weit weg wehten Partymusik und Gelächter zu uns her, aber die Ausgelassenheit und der Spaß am anderen Ende des Strandes hatten nichts mit uns zu tun. Schade eigentlich. Es hätte auch alles anders kommen können.
    »Es tut mir alles so leid …«, begann ich, weil das für den Moment das Einzige war, das ich wirklich wusste. Aber dann fielen mir die Dinge ein, die Richard getan hatte, über die ich mich geärgert hatte, und die mir nach und nach das Gefühl gegeben hatten, unsere Beziehung sei für ihn zu etwas Selbstverständlichem geworden. So wie es selbstverständlich war, dass Wasser aus dem Hahn kam, wenn man ihn aufdrehte. Meine Enttäuschung darüber tat mir nicht leid. Sie hatte mich überhaupt erst an den Punkt gebracht, an dem ich mich auf Felix einlassen konnte. Und nur die Dinge, die ab diesem Punkt geschehen waren, bereute ich zutiefst. Um das, was mir leid tat, zu präzisieren, und weil Richard keine Anstalten machte, etwas zu sagen, schob ich hinterher: »Das mit Felix, das tut mir leid. Ich wünschte, ich hätte ihn nicht getroffen.«
    »Dann hättest du jemand anders getroffen«, murmelte Richard, kaum hörbar. »Das macht doch keinen Unterschied.«
    »Es ist ja nicht so, als hätte ich es darauf angelegt.« Ich merkte, wie sich in mir etwas erhärtete, wie sich die altbekannte Frustration in mir breitmachte. Wir würden unsere Probleme niemals lösen, wenn Richard es sich in der Rolle des Opferlamms bequem machte: der arme Richard, der von der bösen Daphne hintergangen worden war. Der arme Richard, dessen Liebe der bösen Daphne nicht

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