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Im Zweifel suedwaerts

Im Zweifel suedwaerts

Titel: Im Zweifel suedwaerts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katarina Fischer
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Draht zu ihnen hatte, noch nie gehabt hatte. Auch nicht zu Max, was durch die Hochzeitstortengeschichte auch nicht wirklich besser geworden war. Schon klar, Kinder waren Kinder. Ich konnte nur leider mit diesem Kindsein überhaupt nichts anfangen. Deswegen machten Kinder einen großen Bogen um mich und umgekehrt. Das war der unausgesprochene Deal. Aber ich wollte das nicht laut sagen und wie ein Arschloch dastehen. Logischerweise. Also antwortete ich mit einem vielsagenden »ich mag sie schon«.
    »Aber es ist noch nicht Zeit für eigene«, ergänzte Marco lächelnd.
    Ich winkte ab. »Dafür müsste ich erst mal den geeigneten Mann finden.«
    Stirnrunzeln. »Ich denke, du hast einen Freund.«
    Oh. »Ja, hab ich.« Ich hatte es nur für einen Moment vergessen … aber wie zur Hölle hatte ich das bitte vergessen können? Ich erklärte mir meine seltsame Antwort auf Marcos Frage damit, dass sie in meinem Leben so viele Jahre lang die Standardreaktion auf Themen dieser Art gewesen war, eben weil ich keinen Freund hatte , dass dieser Automatismus mir dermaßen ins Blut übergegangen war, dass … aber mal im Ernst: Egal wie ich es drehte und wendete, es blieb erbärmlich. Ich hatte meinen Freund vergessen, mit dem ich sogar schon über Kinder gesprochen hatte, gemeinsame Kinder natürlich, erst kürzlich, vor der Hochzeit meiner Mutter. Wir konnten uns auf keine Namen einigen, aber wir wollten. Miteinander. Wirklich. Na ja, damals jedenfalls, vor zwei Wochen. Bevor ich ihn vergessen hatte. Verdammt. »Ich hab einen Freund. Aber das heißt ja nicht, dass …«
    »Blödes Thema?«
    Wenn Marco so weitermachte, würde er mich zum Heulen bringen. Aber nicht mit mir, ich würde ihm eine Dosis seiner eigenen Medizin verabreichen. »Du magst Betty sehr, oder?«
    Er zuckte nicht einmal mit der Wimper. »Ja. Ich mag Betty sehr.«
    Und weiter? Mir fiel nichts ein. »Ich … äh … auch.«
    Marco nickte freundlich. »Prima!«
    So viel zur Medizin.
    Schnelle Schritte hallten durch den Gastraum, begleitet von hektischen Atemzügen, die zu einer jungen Frau in einem pinkfarbenen Kaftan gehörten, deren Wangen stark gerötet waren. Es sah aus, als nähme sie gerade an einem Dauerlauf teil, dem Kaftan-Run vielleicht. Es war Lucy. Sie wedelte mit einer Handtasche in der Luft, die dunkelblau war, also nicht ihr gehören konnte, denn alles, was sie besaß, war pink. Um das Wedeln zu unterstreichen, rief sie aufgeregt: »Los Taschos! Los Taschos!« und zog damit die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf sich, die sich wohl fragten, wovon die verrückte Frau da redete. Ich tat ja nichts anderes. Als Lucy an unserem Tisch ankam, bremste sie ihren Lauf, kam aber nicht zu Marco und mir, sondern ging stattdessen auf die Mutter des Hubschrauberkindes zu. »Los Taschos«, sagte sie noch einmal völlig außer Atem und hielt der Frau, die zunächst verständlicherweise einen Sicherheitsschritt von ihr weg machte, die Handtasche entgegen. Nach einem Moment der Verwirrung erkannte sie ihr Eigentum, nahm es an sich und nickte strahlend. »Por suerte! Esto es mi bolso, gracias a Dios! Gracias, señorita.«
    »Keine Ursachos«, keuchte Lucy, stellte sich zu uns an den Tisch. »Hat ihre Tasche auf dem Klo vergessen«, sagte sie und deutete zur Erklärung mit dem Daumen auf die Frau hinter sich, die ihr Glück gar nicht fassen konnte. »Neben dem Waschbecken. Ist mir auch schon mal passiert.« Sie wischte sich schwer atmend über die Stirn und leckte sich die Lippen. »So. Und jetzt möchte ich wirklich unbedingt endlich ein Eis.«
    Zwischen unserem Abschied vom Berg der Wunder und den Lichtern des abendlichen Lissabon lagen unendliche zehn Stunden Fahrtzeit. Neunzig Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit, das war nach wie vor alles, was Skys Bus zu bieten hatte. Und das auch nur bergab. Und im mageren Windschatten von Marcos Van, dem wir brav hinterherfuhren. Es tat uns schon ein bisschen leid, dass er unseretwegen nur so langsam vorankam, und deswegen beschwerte sich auch niemand, als er die Fahrzeit absichtlich um dreißig Minuten verlängerte, weil er uns unbedingt noch etwas zeigen musste. Er rief extra auf Bettys Handy an und bat sie, den Lautsprecher anzustellen, damit auch wir anderen seine Durchsage hören konnten.
    »Ladys! Direkt vor euch, im Moment noch verdeckt von diesem coolen Van, befindet sich die Ponte Vasco da Gama. Die ist mehr als siebzehn Kilometer lang und somit eine der längsten Brücken der Welt und – haltet euch fest – die

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