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Im Zweifel suedwaerts

Im Zweifel suedwaerts

Titel: Im Zweifel suedwaerts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katarina Fischer
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war von Flöhen und dem Dreck unzähliger Reisen befreit, die er mit Sky in all den Jahren unternommen hatte. Er duftete sogar. Nach Weichspüler. Durch die offenen Fenster wehte eine sanfte Brise, und auch wenn es in den letzten zwölf Stunden einige unerfreuliche Vorkommnisse gegeben hatte, lag etwas undefinierbar Vielversprechendes in der Luft. Es konnte alles sein. Vielleicht sogar bloß ganz simple Vorfreude auf den Strand und das Meer und den wunderschönen Sonnenuntergang in Sagres, von dem uns Marco erzählt hatte. Immer der A2 nach, gen Süden, bis es nicht mehr weiterging. Dann noch eine kurze Strecke Richtung Westen, ausnahmsweise, und dann sollten wir ihn erreicht haben: den südwestlichsten Punkt des europäischen Festlandes, der in Anbetracht unserer schwammigen Reiseroute so etwas wie ein Ziel war, denn weiter südwärts würden wir an dieser Stelle nicht kommen. Es sei denn, Skys Bus entpuppte sich als Amphibienfahrzeug.
    Jesus verabschiedete uns mit offenen Armen, als wir über die Ponte 25 de Abril fuhren. Nicht der Kfz-Jesus vom Berg der Wunder (wo der sich aufhielt, wusste nur er selbst und Gott vielleicht), sondern die große Statue, die auf der anderen Seite der Bucht, gegenüber dem Stadtzentrum, steingrau und weiß in den blauen, wolkenlosen Himmel ragte, und von dort über alles zu wachen schien.
    »Ist das Jesus?«, fragte Lucy von der Rückbank.
    Betty zog an ihrer Zigarette und duckte sich ein bisschen, um die Statue vollständig durch die Windschutzscheibe sehen zu können. »Jep. Jesus. Ganz richtig, Lucinda.«
    »Aber ich dachte, wir kommen aus Lissabon.«
    »Kommen wir ja auch.«
    »Nee.« Lucy schüttelte den Kopf und kratzte sich nebenbei am Bauch. »Also wenn das Jesus ist, dann kommen wir gerade aus Rio. Weiß doch jedes Kind.«
    Betty blies grinsend Rauch aus dem Fenster. »Cool. Dann kann ich hinter Rio ja einen Haken machen.«
    Ich steckte ihre Kassette in das Tapedeck und drückte auf Play.
    Etwa vier Stunden sollte die Fahrt bis Sagres laut Marco dauern, die miese Spitzengeschwindigkeit unseres Busses mit eingerechnet.
    Wir hätten es besser wissen müssen.
    Es gab Gründe dafür, warum das Wort Zeitplan in diesem Urlaub verboten war. Nicht nur, weil Betty damit ein Problem hatte, sondern weil es einfach sinnlos war. Bisher war jedes Mal, wenn wir auf dieser Reise so etwas wie einen Plan gemacht hatten, etwas Unvorhergesehenes passiert. Manchmal auch etwas Katastrophales. Ganz sicher passierte nicht das, was wir uns vorgestellt hatten.
    Vier Stunden bis Sagres? Nicht mit uns.
    Etwa dreieinhalb Stunden nachdem wir Lissabon verlassen hatten, passierte das Unvermeidliche. Es traf uns, trotz allem, unvorbereitet und schlich sich an wie ein hinterhältiges Raubtier. Betty war die Erste, die es bemerkte.
    Eben gerade hatte sie noch vergnügt ein Lied auf Lucys Tape mitgesungen – das eine von Lady Gaga über diesen spanischen Typen –, als sie plötzlich mitten im schönsten »Ale-ale-jandro« verstummte und stirnrunzelnd die Anzeigen auf dem Armaturenbrett studierte. Dem folgte ein verwirrter Blick nach unten, auf ihren Fuß, der das Gaspedal kräftig nach unten trat.
    Ich spürte, dass der Bus trotzdem an Geschwindigkeit verlor. Sogar mir war klar, dass das nicht richtig sein konnte, und das obwohl ich ansonsten nichts über die Technik oder die Bedienung von Kraftfahrzeugen wusste.
    »Stimmt was nicht?«, fragte ich besorgt.
    »Weiß nicht«, murmelte Betty und lenkte den ausrollenden Bus rechts an den Straßenrand. Kaum standen wir, begann der Bus zu blinken oder vielmehr, die Anzeigenlämpchen, alles blinkte wie verrückt, dann begann das Piepen. Ein hoher, schlimmer Ton, der an sich schon scheußlich war, aber dadurch noch scheußlicher wurde, dass wir nicht wussten, wie wir ihn abstellen konnten. Oder woher er überhaupt kam. Der uns deutlich machte: Hier ist etwas kaputt. Wirklich kaputt.
    »Was ist das?«, schrie Lucy von hinten, sprang fast gleichzeitig von der Bank, riss die Schiebetür auf und rannte ins Freie. »Explodiert der Bus?!«, kam ihre panische Stimme vom Standstreifen.
    War das wirklich möglich? »Explodiert der Bus?«, wiederholte ich flüsternd die Frage und sah Betty mit schreckgeweiteten Augen an, eine Hand an der Beifahrertür, bereit zur Flucht. »Kann er das? Einfach so explodieren?«
    Betty machte Anstalten, den Motor erneut zu starten. Sie hatte die Hand bereits am Zündschlüssel, überlegte es sich im letzten Moment aber anders. »Aussteigen«,

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