Im Zwielicht der Gefühle (German Edition)
versucht, werfe ich mich todesmutig quer über seine Brust.“ Stolz räusperte er sich. „Meine schmächtigen zweihundert Pfund dürften ihm kurzfristig den Atem rauben, und Ihr könnt ihn derweil in aller Ruhe untersuchen.“
Nichts anderes hätte Valandra von ihm erwartet.
„Ach, geh schlafen, Owen“, lachte sie und gab ihm einen liebevollen Stoß in Richtung Tür. „Du bist unverbesserlich.“
Da sind sie wieder, diese verwirrenden Lachgrübchen , fuhr es Ranulf unvermittelt durch den Sinn, und ein leiser Ruck ging durch seine Brust.
Ihm war, als hätte er soeben einen Blick durch eine geheime Pforte erhascht und dahinter strahlenden Sonnenschein und Vogelgezwitscher entdeckt. Es war wirklich erstaunlich, wie ein kleines Lächeln dieses Mädchen veränderte. Es schien beinahe, als leuchtete sie von innen heraus.
Verdammt, jetzt wurde er auch noch poetisch. Der Axthieb gegen seinen Schädel hatte anscheinend doch größeren Schaden hinterlassen, als er bisher angenommen hatte.
„Bringen wir es hinter uns“, brummt Ranulf verdrießlich und ließ sich unbehaglich auf den Rand eines Strohsacks sinken.
Sogleich erlosch Valandras Lächeln, und sie trat zögernd näher. Himmel, allein der Gedanke, ihn zu berühren, ließ ihr Herz vor Anspannung stolpern. Alles an ihm zeugte von männlicher Stärke und einer unbekannten Gefahr, die Valandra zwar nicht näher erklären konnte, auf die ihr inneres Gleichgewicht jedoch höchst alarmiert reagierte. Sie fühlte sich in seiner Nähe stets bedrängt und verunsichert – und beide dieser Regungen verabscheute sie zutiefst. „Nun gut, ich möchte mir zuerst Eure Rippen ansehen“, verlangte Valandra bemüht kühl.
Ranulf löste wortlos die Schlaufen an seiner Lederweste und zog sie sich über den Kopf. Das weiße Leinenhemd folgte.
Heilige Jungfrau Maria, fuhr es Valandra unvermittelt durch den Sinn. Sie hatte seine enorme Statur einer gepolsterten Weste zugeschrieben. Sie wusste, dass viele Männer zu diesem Mittel griffen, um eine imposantere Erscheinung abzugeben...
Sie schluckte nervös, als ihr Blick über die mächtigen Muskelberge seines nackten Oberkörpers glitt. Großer Gott, er wirkte wie eine stolze Kriegerstatue aus feinster Bronze. Bei jeder Bewegung wölbten und dehnten sich geschmeidige Muskelstränge unter straffer, tief gebräunter Haut. Seine Bräune zeugte davon, dass er viele Monate in Ländern verbracht hatte, in denen die Sonne gnadenlos brannte. Die kräftigen Oberarme sprachen vom jahrelangen Gebrauch des Schwertes, und seine gewaltigen Brust- und Bauchmuskeln wirkten so hart wie ein Panzerschild.
Lieber Himmel, dieser Kerl könnte sie zerquetschen, ohne es auch nur zu bemerken!
Er hatte seine Arme hinter dem Kopf verschränkt und präsentierte ihr seine lädierten Rippen.
„Großer Gott, Ihr habt von einem Kratzer gesprochen... aber doch nicht von so etwas“, keuchte Valandra im nächsten Augenblick erschrocken und setzte sich neben ihn auf den Strohsack.
Eine gut zehn Zentimeter lange Wunde klaffte an seiner linken Seite. Sie war nur notdürftig zusammengenäht und nicht einmal verbunden. Übelkeit stieg in ihr auf.
„Wollt Ihr Euch umbringen?“ Sie tastete vorsichtig die Wundränder ab. „Ihr scheint mehr Glück als Verstand zu besitzen. Zumindest ist nichts vereitert. Doch den Arzt, der Euch diese Wunde so schlampig zusammengenäht hat, sollte man auspeitschen.“
Ranulf hob erstaunt die Augenbrauen. „Ich bin Soldat, kein Schneider. Die Stiche haben jedenfalls ihren Zweck erfüllt.“
Valandras Kopf schnellte hoch, und in ihren jadegrünen Augen standen Unglauben und Entsetzen.
„Ihr? Ihr habt Euch nach dieser schweren Verwundung selbst behandelt?“
„Ärzte sind auf einem Schlachtfeld Mangelware. Es gibt zu viele Verwundete, als dass sie sich um jeden kümmern könnten.“
Im nächsten Moment verfluchte sich Ranulf für seine unbedachten Worte. Valandra war plötzlich ganz blass vor Sorge geworden. Manchmal war er wirklich ein gefühlloser Bastard.
„Mein Vater... er wird doch von einem Arzt behandelt? Ich meine, man wird ihn doch hoffentlich nicht sich selbst überlassen?“
Ranulfs Stimme wurde weicher. „Keine Sorge, dein Vater wird vom Leibarzt des Königs persönlich behandelt. Es fehlt ihm weder an Medizin noch an sauberem Verbandsmaterial.“
Er ließ ungesagt, dass er sich vor seiner Abreise persönlich um alles Nötige gekümmert hatte. Gegen ein kleines Vermögen hatte sich der Leibarzt
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