Im Zwielicht der Gefühle (German Edition)
genau kalkuliert und war von einer männlichen Dominanz durchdrungen, neben der sie sich klein und unbeholfen fühlte.
Dennoch zwang sie sich, seinem eindringlichen Blick standzuhalten. Du wirst dich von diesem Kerl nicht einschüchtern lassen , befahl sie sich streng. Das ist deine Burg, dein Heim, und du hast jedes Recht, hier zu sein. Auch wenn sein finsterer Gesichtsausdruck etwas anderes besagt.
Ranulf blickte erstaunt in Valandras vor Trotz und Kampfgeist blitzende Augen und fragte sich, womit er ihre Feindseligkeit auf sich gezogen hatte. Er beschloss jedoch, dass es ihn nicht weiter kümmern sollte. Es gab Wichtigeres zu erledigen. Eigentlich hatte er mit seinem Vorhaben bis zum morgigen Tag warten wollen, doch er war kein Mann, der Dinge gern vor sich her schob. Dieser Zeitpunkt war so gut wie jeder andere auch.
Mit einer geschmeidigen Bewegung stieß er sich vom Türrahmen ab und ging auf Valandra zu. „Wir haben zu reden.“
Valandra verschränkte die Arme vor der Brust und hielt seinem Blick herausfordernd stand. „Gut, reden wir.“
„Nicht hier.“ Ohne Vorwarnung umfasste Ranulf ihrem Oberarm und zog sie wortlos ans andere Ende der Halle. Er ließ sie erst wieder los, als sie sich außer Hörweite der anderen befanden.
Valandra wich instinktiv einen kleinen Schritt vor ihm zurück, um etwas Abstand zu ihm zu wahren. Obwohl sein Griff nicht schmerzhaft gewesen war, rieb sie sich verwirrt über den Arm. Die Stelle, an der er sie berührt hatte, prickelte sonderbar warm.
„Worüber wollt Ihr mit mir sprechen?“, erkundigte sie sich mit leichter Ungeduld. Es gab noch sehr viel zu tun, und sie schätzte keine Unterbrechungen.
Ranulf fixierte sie mit seinen eindringlichen Augen. „Ich bin kein Mann langer Worte, deshalb komme ich gleich zum Punkt.“
„Das wäre mir nur recht.“
„Erstens dulde ich es nicht, dass meine Männer verhätschelt werden. Es sind Krieger und keine Memmen, die bemuttert werden müssen.“ „Wir versorgen lediglich ihre Wunden“, hielt Valandra empört dagegen. „Zweitens“, fuhr Ranulf ungerührt fort. „Dein Vater hat mich geschickt, um die Burg zu bewehren und hier das Kommando zu übernehmen.“ Sein Blick schien sie geradezu zu durchbohren. „Und genau das werde ich auch tun.“
Valandra öffnete den Mund, um heftigen Protest einzulegen, doch er ließ sie gar nicht erst zu Wort kommen. „Von nun an habe ich hier das Sagen. Ich erwarte, dass der befehlshabende Offizier noch heute Abend zu mir geschickt wird, damit er mich durch die Burg führt. Ich muss mir einen eigenen Überblick verschaffen. Soweit ich gesehen habe, ist die Verteidigung mehr als jämmerlich. Und was dich betrifft… Um Gewissenskonflikte unter den Lamontkriegern zu vermeiden, wirst du dich von nun an im Hintergrund halten. Deine Zeiten als weiblicher General sind hiermit vorbei.“
Valandra hatte seinen überheblichen Worten mit wachsendem Zorn gelauscht. Die Arroganz dieses Kerls schien keine Grenzen zu kennen.
„Seid Ihr fertig?“
Ranulf überlegte kurz, dann nickte er entschieden.
„Gut. Ich habe nämlich wahrlich keine Lust, mir diesen Blödsinn noch länger anzuhören. Was glaubt Ihr eigentlich, wer Ihr seid? Der König? Zur Erinnerung, Ihr seid lediglich Gast auf Walkmoor Castle. Ein Gast! Mehr nicht. Und ich denke nicht daran, meine Männer Euch zu unterstellen…“
Die Art, wie Ranulfs Gesicht sich verdüsterte, ließ Kasim rasch dazwischen gehen. Er hatte aus einiger Entfernung das Gespräch belauscht und bereits geahnt, dass es Schwierigkeiten geben würde.
„Es war ein langer Tag. Weshalb besprecht ihr diese Dinge nicht morgen, wenn die Gemüter etwas abgekühlt sind?“
„Halt den Mund, Kasim“, fuhr Ranulf ihn hart an. „Wir werden die Angelegenheit jetzt gleich bereinigen.“
Ein herzzerreißendes Stöhnen, gefolgt von einem dumpfen Aufprall, lenkte Valandra ab. Die junge Dame Margarethe lag ohnmächtig am Boden. In ihren Händen hielt sie noch immer einen blutverkrusteten Verband. Offensichtlich war der Anblick zu viel für ihr zartes Gemüt gewesen.
„Ich fürchte, die Mädchen sind mit dieser Aufgabe überfordert. Das hat mir gerade noch gefehlt“, murmelte Valandra matt und beobachtete, wie eine andere blasse Dame der armen Margarethe Riechsalz unter die Nase hielt. Entschlossen wandte sich Valandra wieder an Ranulf. „Kasim hat Recht. Ihr habt einen schlechten Zeitpunkt für ein solches Gespräch gewählt. Im Augenblick haben andere Dinge
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