Im Zwielicht der Gefühle (German Edition)
er, dass Malven ganz in seiner Nähe gewesen war. Verdammt! Er hatte sich mehr Zeit erhofft.
„Mylord, ich will augenblicklich mit Euch sprechen!“
Ranulfs Kopf zuckte zu Valandra herum, und sie las in seinen Augen Unglauben und noch etwas, was sie jedoch nicht genau benennen konnte. Er schien tatsächlich erschrocken darüber zu sein, sie hier neben sich zu sehen.
„Wie lange stehst du schon hier?“, herrschte er sie an, und seine zinngrauen Augen loderten vor unterdrücktem Zorn.
Valandra konnte sich beim besten Willen nicht erklären, was ihn so aufbrachte. „Rede!“
„Eine ganze Weile“, erklärte sie verwirrt.
Ranulf knurrte etwas in einer Sprache, die sie nicht verstand, doch es klang eindeutig nach einem Fluch.
„Stand die Brücke noch offen?“
„Keine Ahnung! Ich habe nicht darauf geachtet“, gab Valandra zu. „Soweit ich mich erinnere, wurde sie gerade hochgezogen. Warum? Ist das von Bedeutung?“
Ranulf schaute auf die zierliche Frau hinunter, die ihn aus großen fragenden Augen anschaute, und sein Magen zog sich schmerzlich zusammen. In ihrem schlichten roten Wollkleid und mit den lose zusammengebundenen Haaren wirkte sie ausgesprochen jung und zerbrechlich.
Und ob es von Bedeutung war! Ihr Leben konnte davon abhängen! Wenn Malven tatsächlich da draußen war und sie gesehen hatte... Die de la Chacres waren nicht zimperlich, wenn es darum ging, Geheimnisse zu wahren. Sollte Malven auch nur den geringsten Verdacht hegen, dass Ranulf sich dieser Frau anvertraut haben könnte, wäre ihr Tod besiegelt. Allein der Gedanke daran bereitete ihm Übelkeit. Auch wenn er Valandra nicht sonderlich mochte, wäre es ihm doch unerträglich, für ihren Tod verantwortlich zu sein.
„Tu das nie wieder! Schleich dich nie wieder an mich heran! Hast du mich verstanden?“, stieß Ranulf unfreundlich hervor und steuerte sein Schlachtross an ihr vorbei.
Valandra blieb erschüttert mitten im Burghof stehen und schaute ihm verständnislos nach. Sie konnte es nicht glauben. Dieser Mistkerl ließ sie einfach stehen… Und das vor den Augen der Burgbewohner! Deutlicher hätte er ihr nicht zeigen können, wie wenig er von ihr als Burgherrin hielt. Valandra ballte die Hände zu Fäusten und heftete den Blick wütend auf seinen breiten Rücken. Die Überheblichkeit dieses Kerls kannte wahrlich keine Grenzen. Die Art, wie er seinen mächtigen Hengst mühelos durch die Menschenmenge im Hof lenkte, sprach von Überlegenheit, Kraft und einem unbeugsamen Stolz.
Valandra reckte kampflustig ihr Kinn. Auch sie hatte ihren Stolz, und der war gerade mit Füßen getreten worden!
Sie beobachtete, wie Ranulf aus dem Sattel glitt und zielstrebig die Stufen zur Brustwehr hinaufschritt. Es schien so, als hielte er nach etwas oder jemandem Ausschau.
Valandra wandte sich an den jungen Krieger, der ihr am nächsten stand. „Jason, ist während der Jagd etwas Ungewöhnliches vorgefallen?“ „Nay, nicht dass ich wüsste, Mylady.“
„Keine Gesetzlosen oder sonstige Gefahren?“
„Nay, nichts dergleichen. Alles war ruhig.“
Eine innere Stimme sagte ihr, dass Ranulf diese Ansicht nicht teilte.
Dennoch gedachte sie sein Benehmen nicht wortlos hinzunehmen. Er war Gast auf Walkmoor Castle. Ein Gast und kein tyrannischer Feldherr, der seine schlechte Laune an Unschuldigen auslassen konnte! Je eher er das begriff, desto besser für sie alle!
Valandra marschierte entschlossen auf ihn zu. Als sie am Fuß der Treppe ankam, versperrte Kasim ihr den Weg.
„Das ist keine gute Idee! Ihr solltet Ranulf für einige Minuten in Ruhe lassen“, riet er ihr und fügte milde hinzu. „Er hat Sorgen.“
Valandra stemmte die Hände in die Hüften. „Die haben wir alle! Und zurzeit ist er meine größte. Also erwartet bitte nicht, dass ich auf seine nicht vorhandenen Gefühle Rücksicht nehme!“
Sie versuchte um Kasim herumzugehen, doch der verstellte ihr erneut den Weg. In seinen dunklen Augen lag aufrichtiges Bedauern. „Vergebung, Lady Valandra, aber es ist nur zu Eurem eigenen Schutz. Wenn Ihr ihn jetzt bedrängt, wird er Euch mit seinen Worten verletzen und es später tief bereuen.“
„Ich bezweifle, dass er ein so banales Gefühl wie Reue überhaupt kennt. Und jetzt lasst mich bitte vorbei!“
„Nein!“
„Das wird ja immer besser! Jetzt darf ich mich in meinem eigenen Heim nicht einmal mehr frei bewegen!“, schnaubte sie und stolzierte hoch erhobenen Hauptes davon.
Kapitel 8
Nachdem Valandra sich vergewissert hatte,
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