Im Zwielicht der Gefühle (German Edition)
sie sich ein weiteres Zugeständnis abrang. „Also schön, dann übernimmst du eben auch noch die Jagd. Aber ich dulde keine Einmischungen in meinen Teil der Arbeit.“
Beinahe erleichtert erkannte Ranulf, dass die Enttäuschung gewichen und der Trotz zurückgekehrt war. Ihr Kampfgeist amüsierte ihn.
„Du bist wirklich zu großzügig, Mädchen. Dennoch ist dein Vorschlag lächerlich.“
„Lächerlich?“
„ Oui, lächerlich“, erklärte Ranulf ruhig. „Ich sehe keinen Grund, weshalb du noch länger die Aufgaben deines Vaters übernehmen solltest. Schließlich hat er mich hierher geschickt, um seine Familie zu beschützen.“
Er sah also keinen Grund? Valandra hingegen kannte gleich mehrere! Sie mochte ihre Aufgabe. Sie liebte es, mit den Männern zu arbeiten und sich an ihren Erfolgen zu freuen. Sie brauchte diese beinahe familiäre Verbindung. Was hatte sie denn sonst? Was um alles in der Welt sollte sie sonst den ganzen Tag lang tun? Sticken, wie ihre Stiefmutter und Dalvina? Schlafen, bis ihr das Liegen weh tat? Nein, nur über ihre Leiche!
Sie reckte sich entschlossen zu ihrer ganzen bescheidenen Größe. „Ich lasse mich nicht einfach bei Seite schieben, Ranulf. Weder von dir noch von sonst jemandem!“
Es gefiel Ranulf, wie sie seinen Namen aussprach. Auch wenn sie es nur tat, um ihm zu verdeutlichen, dass sie nicht länger gewillt war, ihm den nötigen Respekt zu zollen.
„Ich will dir nur ein normales Dasein als Frau ermöglichen.“
„Das ist ja wunderbar! Jetzt erwartest du wohl auch noch Dankbarkeit für deine Dreistigkeit? Ob du es glaubst oder nicht, aber mir gefällt mein Leben so wie es ist. Ich brauche niemanden, der sich in meine Angelegenheiten einmischt.“ Die Unterhaltung wurde ihr nun endgültig zu dumm. „Ich sehe nur zwei Möglichkeiten.“
„Und die da währen?“
„Entweder du akzeptierst meinen Vorschlag, oder du gehst.“
So, dem hatte sie es aber gegeben. Valandra wollte mit königlicher Würde davonschreiten, doch Ranulf stemmte die Arme rechts und links von ihren Schultern an die Burgmauer und versperrte ihr den Weg. Obwohl er sie nicht berührte, fühlte sich Valandra plötzlich zwischen der Mauer in ihrem Rücken und seinem Körper gefangen. Ein Blick in seine Augen genügte, und ihr Pulsschlag begann zu rasen. Er war wütend. Sehr wütend.
„Verdammt, ich habe es auf die freundliche Art versucht...“
„Das war freundlich?“, erkundigte sich Valandra erstaunt.
„Aber da du nicht hören willst, muss ich wohl deutlicher werden.“, knurrte Ranulf. Es widerstrebte ihm zutiefst, dass er nun auf diese Weise vorgehen musste. Warum musste dieses Mädchen nur so unglaublich stur sein? Weshalb konnte sie sich nicht einfach dankbar zurückziehen und ihn seine Arbeit tun lassen?
„Dir scheint hier einiges entgangen zu sein, ma petite “, erklärte Ranulf entschlossen. „Du bist gar nicht in der Lage, mir ein Ultimatum zu stellen. Meine Männer sind in der Überzahl und darauf trainiert zu töten. Solltest du dich öffentlich gegen mich stellen, wird es ein Blutvergießen geben, denn ich werde bleiben. Und ich werde meine Schuld bei deinem Vater abtragen. Daran wird mich niemand hindern. Haben wir uns verstanden? “
Valandra zwang sich, ruhig stehen zu bleiben. Am liebsten wäre sie unter seinem Arm hindurchgetaucht und eilends weggerannt, nur um seinem Zorn zu entgehen.
„Das ist ungerecht! Du hast mir dein Wort gegeben, dass du nicht versuchen wirst, die Burg an dich zu reißen.“
Ranulf fixierte sie mit seinen eindringlichen Augen. „Das Leben ist ungerecht. Aber ich versichere dir, dass ich zu meinem Wort stehe. Sobald dein Vater durch das Burgtor reitet, ist er wieder der Herr von Walkmoor Castle.“
Er legte seine Finger unter Valandras Kinn und hob ihr Gesicht, sodass sie ihn ansehen musste. „Es liegt in deiner Hand. Stellst du dich gegen mich, werden deine Leute es mit ihrem Blut bezahlen.“
Alle Farbe war aus Valandras Wangen gewichen, und sie starrte ihn mit vor Entsetzten weit aufgerissenen Augen an. Sie glaubte zu hören, wie ihre kleine Welt in sich zusammenbrach. Alles, was sie sich in den vergangenen Monaten so hart erkämpft und wofür sie gelebt hatte, wurde ihr nun mit Gewalt entrissen. „Du herzloses Ungeheuer! Ich wünschte, ich wäre dir nie begegnet.“
„Das geht einigen so“, erklärte Ranulf. Er zwang die aufkeimenden Schuldgefühle eisern nieder, als er den verräterisch feuchten Glanz in ihren Augen sah. Weshalb
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