Im Zwielicht der Gefühle (German Edition)
Fassade. Innerlich bin ich fast gestorben vor Angst“, gestand sie leise.
„Tapferkeit und Angst gehen oft Hand in Hand. Nur ein Narr verspürt keine Furcht.“
Valandra blickte erstaunt in Ranulfs Gesicht. „Es fällt mir schwer zu glauben, dass irgendetwas dich in Furcht versetzen könnte.“
Er sah die ehrliche Bewunderung in ihren Augen, und ein unendlich kostbares Gefühl von Wärme erfüllte seine Brust. Völlig unerwartet erhellte ein verschmitztes Grinsen seine markanten Züge. „Dann werde ich mich davor hüten, dich eines Besseren zu belehren.“ Er nickte ihr galant zu und ging davon, um seinen Männern klare Anweisungen im Umgang mit den Neuankömmlingen zu erteilen.
Es gefiel ihm tatsächlich, dass sie in ihm einen tapferen Helden sah, und er würde sich eher einem Gefecht mit dem Teufel stellen, als ihr diese Illusion zu rauben. Und ganz gewiss brauchte sie nicht zu erfahren, dass er erst vor wenigen Minuten tausend Tode gestorben war, als er hatte mit ansehen müssen, wie dieser McGregor ihr wehgetan hatte. Doch nicht nur das! Alles, was mit ihr zu tun hatte, oder besser gesagt, mit den verwirrenden Gefühlen, die sie in ihm weckte, versetzte ihn in Angst und Schrecken. Aber das würde er ihr natürlich nicht eröffnen.
Valandra starrte fassungslos auf Ranulfs breiten Rücken, als er sich an der anderen Seite der Halle mit Kasim unterhielt. Etwas so Herzerfrischendes wie Humor hätte sie diesem finsteren Riesen niemals zugetraut. Aber es stand ihm ausgesprochen gut. Ein zartes Lächeln legte sich auf Valandras Lippen.
„Öffnet die Türe!“, kreischte Eleanora wütend und hämmerte Händen gegen die massive Holztür ihres Gemachs. „Das ist ein Befehl! Ich bin eure Herrin, also lasst mich augenblicklich frei!“
„Mama, so beruhige dich doch“, bat Dalvina furchtsam. Sie saß auf dem Bett, die Hände sittsam im Schoß verschränkt, und hoffte inständig, dass sich das aufbrausende Temperament ihrer Mutter nicht gegen sie wenden möge. Eleanoras Kopf zuckte zu Dalvina herum. „Beruhigen? Beruhigen! Ja, verstehst du denn nicht, was hier vorgeht? Dieses kleine Miststück will mich absichtlich von Lord McGregor fern halten! Sie will meine Zukunft, mein Glück zerstören!“ Erneut polterte Eleanora gegen das Holz und schrie den Wachen vor ihrer Tür unflätige Beleidigungen zu.
„Aber es war nicht Valandra, die uns hier eingesperrt hat, sondern dieser Kasim. Und er tat es auf Befehl von Lord Ranulf“, wagte sich Dalvina schüchtern vor.
Eleanora wirbelte mit funkelnden Augen zu ihr herum. „Und Lord Ranulf handelt auf Valandras Befehl hin. Du kannst doch nicht so blind sein, mein Täubchen! Valandra hat diesen Riesen verhext! Er würde alles tun, um ihr zu gefallen!“ Dalvina riss erstaunt die Augen auf. Bisher hatte sie immer geglaubt, die beiden wären sich spinnefeind. „Glaubst du wirklich?“
„Aber natürlich. Die kleine Hure besticht den Lord mit ihrem Körper, darauf würde ich meine letzten Juwelen verwetten.“
Tränen traten in Eleanoras Augen, und ihre hübschen Gesichtszüge verwandelten sich in eine Maske der Verzweiflung, als sie sich neben ihre jüngste Tochter aufs Bett sinken ließ.
„Oh, mein Täubchen! Ich könnte es nicht ertragen, wenn McGregor die Burg ohne mich - ohne uns - verließe.“
Dalvina rutschte unbehaglich auf ihrem Platz herum. Sie wollte Walkmoor Castle nicht verlassen. Die Burg war ihr Zuhause. Seit ihrer Geburt hatte sie ein wohlbehütetes Leben innerhalb dieser Mauern geführt. Sie hatte nie einen anderen Ort oder eine andere Burg betreten, und allein der Gedanke, aus ihrem vertrauten Umfeld herausgerissen zu werden, versetzte sie in Angst und Schrecken.
Zugegeben, sie verstand sich weder mit Valandra noch mit ihrem Vater sonderlich gut, aber dennoch...
„Verzeih, Mama, aber wie stellst du dir das vor? Du bist eine verheiratete Frau. Papa lebt, und du könntest Lord McGregor niemals heiraten, sondern müsstest mit ihm ein Leben in Schande führen. Ist das wirklich dein Wunsch?“
„Unsinn! Dein Vater ist tot!“, stieß Eleanora wütend hervor. Ihre Augen blitzten wie Eiskristalle. „Er starb vor vielen Jahren! An jenem unglückseligen Tag, als er mich in diese gottverlassene Gegend brachte.“ Sie lachte bitter auf. „Weißt du, ich hätte jeden haben können. In Edinburgh, am Hofe des Königs, lag mir jeder Earl, jeder Lord zu Füßen. Sie priesen meine Schönheit und küssten den Boden, auf dem ich ging. Sie überhäuften
Weitere Kostenlose Bücher