Im Zwiespalt der Gefuehle
Wir werden sobald wie möglich zu den Fearen reiten. «
Rowan sah ihr nach, als sie wegritt. Dann ging er wieder ins Zelt. Brita lag auf dem Bett und beobachtete ihn, als er den Raum durchquerte. Er nahm einen tiefen Schluck Wein, um sich zu stärken. Er verdammte Geralt wegen seiner Dummheit. Rowan hatte Brita dazu bringen wollen, friedlich in Yaines Gebiet zu reisen. Und außerdem wartete er, was noch wichtiger war, darauf, daß sein Bote zurückkehrte und ihm meldete, daß Yaine den neuen König empfangen würde.
Jetzt mußte Rowan wegen Geralt seine Pläne ändern. Außerdem hatte er jetzt eine wütende Königin auf dem Hals. Und, dachte Rowan traurig, eine Frau, die mich verabscheut. Es war ihm nicht gelungen, sie mit seinen Überlegungen vertraut zu machen. Immer noch glaubte sie, daß ihr eifersüchtiger Bruder für Lankonien das Beste wünschte und daß ihr Ehemann ein ahnungsloser Außenseiter war.
Rowan fluchte, als er das leere Weinglas hinstellte. Er würde Geralt mitnehmen müssen, wenn sie zu den Fearen ritten. Jura mochte ja glauben, daß ihr Bruder dem Land nur Gutes tun wollte, aber Rowan mißtraute ihm. Es lag noch etwas mehr als bloße Wut in Geralts Augen. Da gab es etwas, das habgierig und abstoßend war. Rowans Instinkt sagte ihm, daß Geralt den Frieden zwischen den Irial und den Vatell zerstören wollte. Voller Zynismus fragte Rowan, ob Geralt wohl versucht hatte, Brita dazu zu bringen, mit ihm gemeinsame Sache zu machen, und ob die Frau sich geweigert hatte… Brita würde sich nie auf einen halben Jungen verlassen. Sie wollte nur einen König, der ihr an Stärke in nichts nachstand.
Wenn Rowan recht hatte, dann konnte er Geralt nicht hierlassen, damit er den zerbrechlichen Frieden zwischen den Stämmen gefährdete. Rowan hatte gehofft, einen Monat in der Siedlung bleiben zu können, um das Bündnis der Stämme zu besiegeln — und den Frieden seiner Ehe genießen zu können —, aber jetzt mußte er die Stämme sich selbst überlassen.
»Verdammt! « murrte Rowan. Geralt hatte alles kaputtgemacht — und jetzt sollte dieser jähzornige Jüngling sie auch noch begleiten. Rowan mußte aufpassen, daß ihm Geralt nicht in den Rücken fiel.
Mein Rücken, dachte er und verzog das Gesicht. Jura würde den Rücken ihres Ehemannes nie vor den Pfeilen ihres Bruders schützen.
Er drehte sich zu Brita um. »Es ist Zeit. Wir müssen gehen. « Er zog den Knebel aus ihrem Mund.
Sie spuckte ihm ins Gesicht. »Meine Wachen werden Euch töten. Ich werde nie mit Euch gehen, und mein Volk wird meinem Irialsohn niemals glauben! Er war dumm genug, sich von Thal gefangennehmen zu lassen — also was könnte ich mit einem Feigling wie ihm anfangen? «
»Nach allem, was ich gehört habe, war Daire noch ein Kind, als er gefangengenommen wurde. Außerdem hat er Thal angegriffen. «
»Er hat verloren«, erwiderte sie. »Er war kein würdiger Sohn seines Vaters. Mein Mann war großartig. Ein Vatell, kein Irial wie dieser kümmerliche Junge, den Ihr in mein Bett geschickt habt. «
Rowan löste ihre Handfesseln. »Egal, was Ihr von uns haltet — Ihr werdet uns helfen müssen. «
»Ihr glaubt doch nicht, daß mich dieses Nichts, das Ihr geheiratet habt, erschreckt hat? «
Rowan packte sie am Kragen. »Sie ist mehr wert als Ihr«, sagte er. »Und wenn ihre Drohungen Euch nicht schrecken, dann will ich Euch das eine sagen: Wenn Ihr nicht überzeugend lügt, und Euren Leuten nicht weismacht, daß ihr freiwillig mit zu Yaine reitet, dann werde ich Euch mehr nehmen als die Nase. Dann hole ich mir Euren Kopf! «
Sie funkelte ihn an, aber sie drohte ihm nicht mehr, während er ihre Fesseln löste. »Was habe ich mit Yaine zu schaffen? «
»Ich möchte, daß Ihr ihn heiratet«, entgegnete Rowan und zog sie aus dem Bett.
Brita lachte. »Ihr seid ein größerer Narr, als ich dachte. Ich soll diesen Straßenräuber heiraten? Wenn ich es täte, würde ich über die Vatell und die Fearen herrschen! Ich würde Euch vernichten. «
Rowan zog sie aus dem Zelt. »Vielleicht glaubt Yaine, daß er über die Vatell herrschen wird. «
»Ich werde ihn töten, wenn er es wagt, mir meine Macht zu beschneiden«, zischte Brita.
Rowan hob sie hoch und ließ sie in den Sattel fallen. »Gut. Vielleicht werdet ihr euch bekämpfen, um noch mächtiger zu werden. Das kann mir nur nützen. Ich habe gehört, daß Yaine eine hübsche Tochter hat. Vielleicht kann Daire sie zur Frau nehmen. «
»Ihr seid ein Bastard! «
Er stieg hinter ihr
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