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Imagica

Imagica

Titel: Imagica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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Grenzen. Er verständigte einen Wächter, half Zacharias dann, sich auf dem Bett auszustrecken und stellte dabei eine Frage nach der anderen, so schnell, daß Gentle kaum genug Atem fand, um wenigstens einige von ihnen zu beantworten.
    Trotzdem gelang es ihm, zumindest einen groben Eindruck von den jüngsten Ereignissen zu vermitteln. Scopique warf sich sofort vor, das Problem nicht schon viel eher erkannt zu haben.
    »Ich dachte, der Grund für die Starre befände sich in Ihrem Kopf, Zacharias - und die ganze Zeit über wucherte er im Bauch. Verdammter Parasit!«
    Aping traf ein und stellte seinerseits Fragen. Scopique beantwortete sie, um dann die Zelle zu verlassen und die Suche nach Pie fortzusetzen. Draußen im Korridor bat er einen Wächter, dafür zu sorgen, daß jemand den Boden der Kammer aufwischen und dem Patienten Wasser und saubere Kleidung bringen solle.
    »Brauchen Sie sonst noch etwas?« fragte Aping.
    »Etwas zu essen«, sagte Gentle. Noch nie zuvor hatte sich sein Magen so leer angefühlt.
    »Ich kümmere mich darum. Es ist seltsam, Ihre Stimme zu hören und zu sehen, wie Sie sich bewegen - ich habe mich zu sehr an Ihre stumme Reglosigkeit gewöhnt.« Aping lächelte.
    »Wir müssen unbedingt miteinander reden, wenn es Ihnen besser geht. Wie ich hörte, sind Sie Maler.«
    »Das war ich, ja«, erwiderte Gentle und fügte unschuldig hinzu: »Warum? Malen Sie ebenfalls?«
    »Ja«, bestätigte Aping und strahlte.
    »Dann haben Sie recht: Wir müssen miteinander reden. Was malen Sie?«
    »Landschaften. Personen.«
    »Akte? Porträts?«
    »Kinder.«
    »Oh, Kinder... Haben Sie selbst welche?«
    Besorgnis huschte über Apings Gesicht. »Später«, sagte er 456

    und warf einen raschen Blick in den Korridor, bevor er sich wieder Gentle zuwandte. »Wenn wir ungestört sind.«
    »Ich stehe zur Verfügung.«
    Stimmen erklangen draußen. Scopique kehrte mit N'ashap zurück, und der Institutsleiter starrte in den Eimer, der den Parasiten enthielt. Er stellte eigene Fragen, die sich kaum von denen der anderen unterschieden; Scopique und Aping gaben so gut wie möglich Auskunft. N'ashap hörte nur mit halbem Ohr zu, musterte Gentle und beglückwünschte ihn seltsam förmlich zu seiner Genesung. Nicht ohne Genugtuung sah Zacharias geronnenes Blut an der Nase des Oethac.
    »Wir müssen Yzordderrex einen ausführlichen Bericht übermitteln«, sagte N'ashap. »Bestimmt wird man dort meine Faszination teilen.«
    Er ging und befahl Aping, ihn zu begleiten.
    »Er scheint sich nicht besonders gut zu fühlen«, meinte Scopique. »Was wohl der Grund dafür sein mag?«
    Gentle gestattete sich ein Lächeln, das jedoch sofort von seinen Lippen verschwand, als wieder jemand hereinkam: Pie'oh'pah.
    »Ah, da bist du ja!« entfuhr es Scopique. »Ich lasse euch beide allein.«
    Damit trat er in den Korridor und schloß die Tür hinter sich.
    Der Mystif machte keine Anstalten, Gentle zu umarmen oder nach seiner Hand zu greifen. Statt dessen ging er zum Fenster und blickte über die flüssige See - es schien noch immer die Sonne.
    »Jetzt wissen wir, warum man dieses Binnenmeer ›Wiege‹
    nennt«, sagte er.
    »Was soll das heißen?«
    »Wo sonst könnte ein Mann gebären?«
    »Es war keine Geburt«, brummte Gentle. »Mit einer solchen Bezeichnung schmeichelst du dem Ding.«
    »Vielleicht hast du recht«, murmelte Pie. »Zumindest in 457

    diesem Fall. Aber wer weiß, wie hier vor tausend oder mehr Jahren Kinder gezeugt wurden? Vielleicht tauchten die Männer ins Meer, tranken das Wasser und ließen es in sich wachsen...«
    »Ich habe dich gesehen«, sagte Gentle.
    »Ich weiß.« Der Mystif wandte sich nicht vom Fenster ab.
    »Und du hättest uns fast um einen Verbündeten gebracht.«
    »N'ashap soll ein Verbündeter sein?«
    »Er gibt hier die Befehle.«
    »Er ist ein Oethac. Und ein Mistkerl noch dazu. Es wird mir ein Vergnügen sein, ihn umzubringen.«
    »Glaubst du vielleicht, meine Ehre verteidigen zu müssen?«
    fragte Pie. Erst jetzt richtete er den Blick auf Gentle.
    »Ich habe beobachtet, was er mit dir anstellte.«
    »Und wenn schon«, sagte der Mystif. »Ich war zu nichts gezwungen, ganz im Gegenteil. Warum sind wir bisher so gut behandelt worden? Ich kann Scopique jederzeit besuchen. Man gab dir genug zu essen und zu trinken. Und N'ashap verzichtete auf Fragen, die unsere Vergangenheit betreffen. Jetzt wird er sich danach erkundigen. Jetzt begegnet er uns sicher mit Argwohn. Wir müssen schnell handeln, bevor er Antworten

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