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Imagica

Imagica

Titel: Imagica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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Teuerster, bei uns allen. Aber einige von uns weinen, wenn sie allein sind, und andere schämen sich nicht, in aller Öffentlichkeit zu flennen.« Dowd ließ Chants Kopf los. »Es gibt Konsequenzen, Teuerster. Hat dich Sartori nie darauf hingewiesen? Es gibt immer Konsequenzen. Zum Beispiel die Estabrook-Sache. Du hast damit etwas begonnen, das ich im Auge behalten muß. Sonst kommt es zu Auswirkungen, die selbst Imagica erfassen.«
    »Imagica...«
    »Ja. Auswirkungen, die bis zur Ersten Domäne reichen. Bis zur Region des Unerblickten.«
    Chant schnappte nach Luft, und Dowd spürte, daß er einen wunden Punkt berührt hatte. Er beugte sich zu seinem Opfer vor.
    »Entdecke ich da so etwas wie Furcht?« fragte er. »Beunruhigt dich die Vorstellung, unserem Herrn Hapexamendios gegenüberzutreten?«
    Das Sprechen fiel Chant immer schwerer. »Ja...«, krächzte er.
    »Warum?« drängte Dowd. »Wegen deiner Sünden?«
    »Ja.«
    »Was hast du verbrochen? Heraus damit! Das Nebensächliche kannst du ruhig weglassen. Schildere mir nur die wirklich schändlichen Dinge.«
    »Ich hatte Kontakte mit einem Eurhetemec.«
    56

    »Ach, tatsächlich?« Dowd hob die Brauen. »Und wie bist du nach Yzordderrex zurückgekehrt, um so etwas zu bewerkstelligen?«
    »Das war nicht nötig«, erwiderte Chant. »Zu den Kontakten kam es... hier in der Fünften.«
    »Hm.« Dowd zögerte kurz. »Ich wußte gar nicht, daß sich hier Eurhetemecs aufhalten. Man lernt dauernd etwas dazu.
    Nun, Teuerster, das ist keine große Sünde. Einen kleinen Ausrutscher dieser Art vergibt dir der Unerblickte bestimmt. Es sei denn...« Er unterbrach sich und dachte an eine neue Möglichkeit. »Es sei denn, der Eurhetemec war ein Mystif...«
    Er wartete, doch Chant schwieg. »Oh, ich bitte dich! Es kann unmöglich ein Mystif gewesen sein, oder?« Eine neuerliche Pause. »Oder etwa doch? Ja, es war ein Mystif.« Dowd klang fast entzückt. »Es gibt also einen Mystif in der Fünften Domäne. Und weiter? Bist du in ihn verliebt? Sag's mir, bevor dir der Atem ausgeht, Teuerster. In ein paar Minuten klopft deine unsterbliche Seele an Hapexamendios' Pforte.«
    Chant schauderte. »Der Killer...«
    »Was ist mit ihm?« hakte Dowd nach. Dann holte er zischend Luft, als er begriff, was er gerade gehört hatte. »Der Killer ist ein Mystif?« vergewisserte er sich.
    »Ja.«
    »Oh, beim süßen Hyo!« entfuhr es Dowd. »Ein Mystif!«
    Seine Stimme veränderte sich erneut. »Kennst du das Potential der Mystifs?« zischte er. »Weißt du, zu welchen Täuschungen sie fähig sind? Diese Angelegenheit sollte anonym bleiben, unter uns. Sieh nur, was du angerichtet hast!« Etwas sanfter:
    »War's angenehm? Nein, verrat es mir nicht. Es soll eine Überraschung für mich sein, wenn ich dem Mystif selbst gegenübertrete.« Er wandte sich an die Voider. »Hebt ihn hoch.«
    Die beiden Wesen ergriffen Chant an den gebrochenen Armen und zerrten ihn in die Höhe. In seinem Hals steckte 57

    keine Kraft mehr, und der Kopf baumelte nach unten; grüne Flüssigkeit tropfte aus Mund und Nase. »Wie oft bringt der Eurhetemec-Stamm einen Mystif hervor?« überlegte Dowd laut. »Alle zehn Jahre? Alle fünfzig? Eines steht fest: Sie sind selten. Und du verwandelst eines jener heiligen Geschöpfe in einen Mörder? Unglaublich! Schade, daß es so tief gesunken ist. Ich werde es fragen, wieso...« Dowd näherte sich Chant, und auf seinen Befehl hin hob einer der Voider den Kopf des Sterbenden. »Nenn mir den Namen des Mystifs«, verlangte er.
    »Und seinen Aufenthaltsort.«
    Chant schluchzte. »Bitte... Ich wollte... Ich wollte niemandem...«
    »Ja, ja, du wolltest niemandem schaden. Hast nur deine Pflicht erfüllt. Der Unerblickte verzeiht dir, garantiert. Aber der Mystif, Teuerster - erzähl mir von dem Mystif. Wo ist er?
    Sag's mir. Anschließend brauchst du dir keine Sorgen mehr zu machen. Dann begegnest du Hapexamendios mit der Unbe-scholtenheit eines Babys.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja. Glaub mir. Gib mir nur Auskunft über Namen und Aufenthaltsort des Mystifs.«
    »Name... und... Aufenthaltsort?«
    »Genau. Aber beeil dich, Teuerster. Bevor es zu spät ist!«
    Chant holt so tief Luft, wie es ihm die verfaulenden Lungen gestatteten. »Er heißt Pie'oh'pah.«
    Dowd wich so plötzlich zurück, als hätte man ihm einen Schlag versetzt. »Pie'oh'pah? Bist du sicher?«
    »Ich bin... sicher.«
    »Pie'oh'pah lebt? Und Estabrook hat ihn mit einem Mord beauftragt?«
    »Ja.«
    Dowd versuchte nun nicht mehr, wie

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