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Immer Ärger mit Opa: Roman (German Edition)

Immer Ärger mit Opa: Roman (German Edition)

Titel: Immer Ärger mit Opa: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Kanitz
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verfiel in eine Art katatonische Starre und glotzte so lange auf die Namen, bis sie vor meinen Augen einen wilden Tanz aufführten.
    Ich merkte erst, dass Jan sich beruhigt hatte, als er hinter mich trat und nur noch leise Gluckser von sich gab.
    »Wer soll das denn sein?« Er deutete auf die lange Namensreihe.
    »Hertha Kowalski hat Opa bestimmt mitgenommen«, erklärte ich und wartete auf einen neuerlichen hysterischen Ausbruch. Als der nicht kam, fuhr ich fort: »Sie ist eine freundliche Dame um die siebzig und hat im Zug neben mir gesessen.«
    »Dann brauchen wir jetzt nur noch die richtige Hertha Kowalski zu finden«, schloss Jan ziemlich plietsch. »Kann ja höchstens bis zu unserer eigenen Beerdigung dauern.«
    »Sooo viele sind das nun auch wieder nicht«, versuchte ich mir selbst Mut zu machen.
    »Nö, die hier nicht, aber es kommen ja noch ein paar dazu.« Ich wünschte plötzlich, Jan würde nicht weiterreden.
    Tat er aber doch. »Was weißt du über sie? Ist sie ledig, verheiratet?«
    Ich kramte in meinem Gedächtnis. »Verwitwet«, flüsterte ich schließlich, und ahnte schon, was kommen würde.
    Mein Bruder legte mir eine Hand auf die Schulter. »Frauen dieser Generation haben bei der Hochzeit den Namen ihres Mannes angenommen, und die Telefonverträge laufen meistens auf den Namen des Mannes. Demnach müssen wir auch sämtliche männliche Kowalskis durchgehen. Das wird ein schönes Stück Arbeit.«
    »Oh Gott.«
    Plötzlich fiel mir etwas ein, etwas, das die Suche nach Hertha möglicherweise überflüssig machen würde. Da war nämlich etwas an der Tupperdose, beziehungsweise in der Tupperdose, das Opa Hermann sozusagen den Weg nach Hause weisen konnte.
    Fragte sich bloß, ob Hertha nachschauen würde.
    Gerade wollte ich Jan davon erzählen, als ich hörte, wie im Hof ein Auto vorfuhr.
    »Ist Mama schon zurück?«, fragte ich und ging zum Fenster. »Hast du eigentlich eine Ahnung, wo sie immer hinfährt?«
    »Habe ich«, sagte Jan, aber plötzlich interessierte mich die Antwort nicht mehr.
    Unten stieg nämlich gerade mein Retter mit den kuscheligen Augen aus dem Wagen. Als hätte er meine Anwesenheit gespürt, schaute er zu mir hoch. Unsere Blicke trafen sich, und auf einmal wusste ich wieder, woher ich ihn kannte.
    Mir blieb die Luft weg.
    »So’n Schiet!«, sagte ich laut. Rein sprachlich gesehen war ich wieder zu Hause.

6.
    Es wird kompliziert
    »Ist was?«, fragte Jan, stellte sich neben mich ans Fenster und folgte meinem Blick nach draußen. Dann stieß er einen anerkennenden Pfiff aus. »Toller Typ. Ein Freund von dir?«
    »Nein«, keuchte ich.
    »Schon klar, ist tabu.«
    »Jan, du verstehst das total falsch.«
    Mein Bruder runzelte die Brauen. »Mal sehen. Du hast beim Anblick dieser breitschultrigen Sahneschnitte da Atemprobleme bekommen und krallst deine schönen langen Fingernägel gerade in die Fensterbank, dass sie nur so splittern. Zu bedeuten hat das aber überhaupt nichts. Korrekt?«
    »Äh …«
    »Kröte, verkohlen kann ich mich selbst.«
    »Ich kenn’ den gar nicht.«
    »Ach, nee? Und deshalb starrst du ihn an, und er starrt zurück, und ihr beiden hört gar nicht mehr auf mit dem Rumgestarre?«
    »Es ist kompliziert.«
    Jan lachte kurz auf. »Sag bloß! Das ganze Leben ist kompliziert und deines im Moment ganz besonders. Jetzt erzähl schon. Wer ist das? Woher kennst du ihn? Und wieso sieht der so radikal hetero aus? Könnte er nicht wenigstens ein kleines bisschen schwul sein?« Sein Seufzer war so dramatisch, dass ich trotz meiner Verwirrung lachen musste.
    »Vielleicht ist er es ja.«
    »Keine Chance. Für so was hab ich einen Blick.« Jan schickte einen zweiten Seufzer hinterher, während mein kuscheliger Retter jetzt endlich den Blick von mir abwandte und mit entschlossenem Schritt auf das Haus zukam. Zumindest wirkte er aus meinem Blickwinkel entschlossen. Ich fühlte mich schwach auf den Beinen und grub meine Nägel noch ein bisschen tiefer ins morsche Holz des Fensterbretts.
    »Was will er bloß hier?«, murmelte ich. »Im Zug ist er vor mir weggelaufen, und jetzt …«
    Jan riss die Augen auf. »Der war auch im ICE ? Gestern? Mit dir zusammen? Das kann kein Zufall sein! Hat Papa ihn als Aufpasser geschickt?«
    »Vielen Dank auch«, gab ich beleidigt zurück. »Als ob ich ein Kindermädchen bräuchte.«
    Wäre gar keine schlechte Idee gewesen, gab ich jedoch in Gedanken zu.
    Jan massierte sich mit zwei Fingern den Nasenrücken. »Was konnte der sonst von dir wollen?

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