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Immer Ärger mit Opa: Roman (German Edition)

Immer Ärger mit Opa: Roman (German Edition)

Titel: Immer Ärger mit Opa: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Kanitz
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mitgezecht. Wir kippten fleißig Kräuterlikör. Karl auch. Ziemlich viel sogar. Und weil die große Liebe das Thema des Abends gewesen war, hatte er sich plötzlich in seinen benebelten Kopf gesetzt, mich heiraten zu wollen. Und zwar auf der Stelle.
    »Es ist gerade kein Pastor da«, hatte ich erwidert, auch nicht mehr hundertprozentig nüchtern. »Und eine wilde Ehe will ich nicht.«
    »Dann flüchten wir nach Gretna Green.«
    »So’n Quatsch! Wir sind beide volljährig.«
    »Wäre aber romantisch.« Tatsächlich sagte er: rooooaaaaammmisch. Das letzte Likörchen musste schlecht gewesen sein.
    Ich war trotzdem gerührt.
    »Also heiratest du mich?«
    Plötzlich war es sehr still um uns herum geworden. Nur das Lagerfeuer hatte leise und verlockend vor sich hin geknistert.
    »Ja.«
    Warum auch nicht? Ich liebte ihn so sehr, ich wäre ihm bis ans Ende der Welt gefolgt. Wenn er nur bei mir war, für immer bei mir war! Und ich war plötzlich auch bereit gewesen, an diesem Ende der Welt zu verharren. Was definitiv das größere Opfer für mich bedeutete.
    »Geil, Mann!«, hatte jemand gerufen. »Darauf einen Jägermeister.«
    Die Stimmung war da natürlich im Eimer gewesen, aber das hatte mir nichts ausgemacht. Mein erster Heiratsantrag.
    Vor Zeugen!
    Wahnsinn!
    War dann bloß nichts draus geworden, aus bekannten Gründen.
    Ich merkte, dass Karl mich prüfend musterte, und schlug die Augen nieder. Der sollte bloß nicht auf die Idee kommen, darin irgendwas zu lesen. Sehnsucht etwa, oder sogar Reue.
    Reue? Ich? Was sollte ich bitteschön bereuen? Dass ich nicht um ihn gekämpft hatte – im Boxring gegen die blonde Heideblütenkönigin? Dass ein winziger Teil von mir gar nicht so unglücklich über seinen Verrat gewesen war? Ja, ich war betrogen und verlassen worden, aber ich war auch – frei! Es hatte keinen Grund mehr für mich gegeben, noch länger in Nordergellersen zu bleiben. Ich war ohne schlechtes Gewissen eine Woche später abgereist.
    Merkwürdig. Dieser Gedanke war mir in all den Jahren nie gekommen. Erst jetzt. Und hier.
    »Gut siehst du aus«, sagte Karl.
    Ich zuckte zusammen. Musste mich erst mal aus meinen Grübeleien befreien.
    »Danke.« Instinktiv fuhr ich mir durchs Haar.
    Karl grinste. Nein, eigentlich war es ein Lächeln. Ein nettes Lächeln, ein liebevolles Lächeln.
    Oh Gott!
    Mein Herz pumpte mit doppelter Geschwindigkeit.
    »Was machst du denn hier?«, fragte ich. Meine Stimme klang einigermaßen normal.
    Karls Lächeln wurde jetzt so warm wie ein Sommersonnenstrahl. Er ging ein paar Meter zu einem umgestürzten Baumstamm, der uns schon früher als Sitzgelegenheit gedient hatte, hockte sich hin und klopfte auf den freien Platz neben sich. »Komm, setz dich einen Moment zu mir, oder hast du es eilig?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ein bisschen Zeit habe ich schon.« Wenn ich eine Weile wegblieb, geschah auf dem Hof vielleicht ein Wunder. Jan konnte zum Beispiel einen Glückstreffer landen und die richtige Hertha Kowalski finden. Wenn ich dann nachher zurückkam, würde mir Papa mitteilen, Jan habe noch mal schnell nach Hamburg fahren müssen, um etwas für Opas Beerdigung zu holen. Er habe nicht verraten wollen, was es sei, aber ich wüsste schon Bescheid und … – Träum weiter, Nele!
    Mit einem Ächzen ließ ich mich auf den Baumstamm sinken, wobei ich einen gewissen Sicherheitsabstand zu Karl einhielt. Möglicherweise war ja mein Hormonhaushalt seit ein paar Tagen traumatisiert, und ich reagierte deshalb so heftig auf gut aussehende Männer, egal ob nahezu unbekannt oder verflossen.
    Eine Weile geschah gar nichts. Wir saßen nur da und schwiegen, während die Minuten verrannen. Ich wartete immer noch auf eine Antwort von Karl. Was machte er ausgerechnet heute am Baggersee? Was hatte ihn dazu gebracht, seine Kühe mitten an einem Arbeitsvormittag zu verlassen? Mit einem raschen Seitenblick stellte ich fest, dass er schwer mit sich zu kämpfen hatte. Die großen, kräftigen Hände waren fest ineinander verschränkt, der Unterkiefer führte winzige mahlende Bewegungen aus. Schließlich sah er mich an. »Ich habe gehofft, dich zu treffen. Deswegen bin ich hier.«
    »Oh.«
    »Und du? Weshalb bist du hergekommen?«
    »Zum Nachdenken«, erwiderte ich wahrheitsgemäß. »Über das ganze Kuddelmuddel in meiner Familie.« Einzelheiten sparte ich lieber aus. Karl musste nun wirklich nichts von Opas verschwundener Asche wissen. Auch nichts von Mamas Fluchten, von Gretes und Maries Zoff und schon gar

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