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Immer Ärger mit Opa: Roman (German Edition)

Immer Ärger mit Opa: Roman (German Edition)

Titel: Immer Ärger mit Opa: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Kanitz
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emotionalen Krise nichts mit. »Er wollte ja damals verbrannt und dann über der Nordsee verstreut werden«, fuhr sie fort. »Deswegen habe ich gleich gesehen, um was es sich bei dem Inhalt handeln muss. Nur habe ich leider einen Schwächeanfall erlitten.«
    »Sie waren im Krankenhaus.« Jan hatte vorhin genau zugehört.
    Hertha nickte. »Meine Nachbarin hat zum Glück den Notarzt gerufen. Es ging mir wirklich nicht so gut, sonst hätte ich mich schon früher bei Ihnen gemeldet. Es war eben doch ein Schock für mich. Man hat mich zwei Tage dabehalten.«
    »Das tut mir leid«, murmelte ich.
    »Jetzt geht es mir ja wieder gut«, sagte Hertha schnell. »Ich hoffe, Sie sind nicht böse, dass ich die Tupperdose geöffnet habe. Aber ich musste doch wissen, ob ich versuchen soll, Sie Ihnen wiederzugeben. Wegen ein paar Reiswaffeln hätte ich die Reise hierher nicht auf mich genommen. Ich bin ja nicht mehr die Jüngste.«
    »Reiswaffeln?« Grete schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. »Sie dachten, mein Hermann wäre eine Reiswaffel?«
    »Gewiss nicht«, erwiderte Hertha verwirrt. »Während der Zugfahrt von München nach Hamburg, als mir Ihre Enkelin die Tupperdose zur Aufbewahrung anvertraut hat, da habe ich an Reiswaffeln gedacht, weil Ihr verstorbener Gatte doch so leicht war.«
    Jetzt biss Jan sich heftig auf die Lippen und bekam eine Art Schluckauf.
    »Was ist das hier für eine Versammlung am frühen Morgen?« Papa stand in der Tür und schaute einen nach dem anderen an. Er entdeckte Hertha Kowalski. »Guten Morgen. Bedauerlicherweise ist der Ferienhof vorübergehend wegen eines Trauerfalls geschlossen.«
    Hertha nickte nur. Sie wirkte eingeschüchtert. Papa ist ja auch eine imposante Erscheinung.
    »Die Dame ist kein Feriengast«, erklärte ich. »Sie war meine Reisegefährtin im ICE .«
    »Verstehe.«
    »Sehr erfreut, Sie kennenzulernen, Herr Lüttjens. Ich bin Hertha Kowalski.«
    »Angenehm.« Manieren hat er, mein Papa. Er zwang sich sogar zu einem freundlichen Lächeln, obwohl er sich müde über die Augen wischte. Offenbar hatte er auch nicht viel geschlafen. Kein Wunder. Seine Frau war innerhalb weniger Tage zum zweiten Mal verschwunden.
    Ich empfand Mitleid mit ihm und hätte ihm gern gesagt, er müsse sich keine Sorgen machen. Jan und ich wollten nachher nach Hamburg fahren, um Opas Asche und Mama gleich mit heimzuholen. Das mit Opa hatte sich nun erledigt, und Mama rückte gerade weit in den Hintergrund.
    Möglicherweise würde mir sowieso nie wieder erlaubt werden, irgendetwas für die Familie zu erledigen. Wäre auch verständlich gewesen.
    Jan hatte sich unauffällig die Tupperdose geschnappt und aus der Küche getragen, aber das Thema war damit natürlich nicht vom Tisch.
    Gretes Gesichtsfarbe war immer noch gefährlich dunkel, als sie nun etwas zur Aufklärung beitragen wollte: »Deine missratene Tochter hat meinen geliebten Hermann im Zug vergessen.«
    »Unsinn.« Papa wollte sich an die Mütze fassen, aber er hatte sie noch nicht auf. So fuhr er sich nur übers Haar. »Ihren Filofax.«
    Reiswaffeln, Filofax. Armer Opa.
    »Da bist du falsch informiert«, beharrte Grete. »Es geht um Hermann.«
    »Die Urne steht doch im Wohnzimmer.«
    »Leer«, fügte Grete hinzu.
    Papa sah von einem zum anderen. Er wirkte nicht vollkommen wie der Herr der Lage. »Leer? Wieso denn? Warum hast du eine leere Urne mitgebracht, Nele? Und was hat diese Dame damit zu tun?«
    Ich räusperte mich. Der Lachreiz war zum Glück vorerst besiegt. »Die Urne ist doch so teuer gewesen, und Koffer werden auch schon mal geklaut. Da habe ich gedacht, ich gehe auf Nummer sicher und behalte Opa Hermann die ganze Zeit bei mir.«
    »Und wie? Hast du meinen Vater vielleicht in eine Aldi-Tüte gefüllt?«
    »Wie geschmacklos«, murmelte Jan.
    »In eine Tupperdose«, gestand ich und zog den Kopf ein in Erwartung eines gewaltigen Donnerwetters.
    Es kam keines.
    Papa schwieg.
    Als ich vorsichtig zu ihm hochlinste, sah ich, wie er schwer um seine Fassung kämpfen musste. Die Augen tränten, die Mundwinkel zuckten, sein Brustkorb bebte.
    Oh Gott! Wenn er jetzt einen Lachanfall bekam, dann war’s auch um mich geschehen. Und um Jan. Grete und Marie würden uns niemals verzeihen. Ich hatte keine Ahnung, woher Papa die Kraft nahm, ernst zu bleiben. Vielleicht reichte ihm ein Blick in Maries trauriges Gesicht.
    Ich folgte seinem Beispiel, und das Lachen verging mir. Jan tat es uns nach.
    Auf einmal fühlte ich mich furchtbar schlecht und

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