Immer Ärger mit Opa: Roman (German Edition)
ab. Ich hatte es geschafft!
Dieses Kapitel meines Lebens lag hinter mir.
Zeit, ein neues aufzuschlagen.
Nicht das kleinste Schuldgefühl hatte jetzt Platz in Kopf oder Herz. Auch keine Sehnsucht.
Verboten!
Die Straße führte schnurgerade durch die Nacht, rechts und links erhoben sich hohe dunkle Eichen. Weiter südlich machten sie dem Naturpark Lüneburger Heide Platz, aber ich würde nach Norden in Richtung Garlstorf abbiegen. Ein kurzes Stück in die falsche Himmelsrichtung, und dann auf der Autobahn nach Süden, immer weiter nach Süden, direkt hinein in mein neues Leben.
Irrtum.
Es ging direkt hinein in den Wald.
Musste das Reh auch so plötzlich vor dem Auto auftauchen? Und woher hatte es gewusst, dass ich nicht, wie es dir jeder Verkehrspolizist rät, geradeaus fahren, sondern ihm natürlich ausweichen würde? Aber wer, bitte schön, nagelt auch schon freiwillig ein süßes Bambi um?
Ich nicht.
Ich versuchte es mit einer Eiche. Doch die war stärker.
War ich angeschnallt? Selbstverständlich!
Lag der Koffer vorschriftsmäßig im Kofferraum?
Leider nicht.
Der knallte jetzt so heftig gegen meinen Hinterkopf, dass es erst mal dunkel um mich herum wurde.
Irgendwann wachte ich von einem lauten Hupen auf. Ich löste meine Stirn von der Hupe, stellte fest, dass noch alles dran war an mir, und beschloss auszusteigen.
Gute Idee.
Ging bloß nicht. Die Türen hatten sich bei dem Aufprall so stark verzogen, dass ich keine aufbekam. Papas Mercedes war nicht das neueste Modell. Dem konnte die Konfrontation mit einer niedersächsischen Eiche durchaus den Todesstoß geben.
Na gut, also Hilfe rufen.
Schwierig ohne Blackberry.
Was? Denk nach, Nele!
Es war in der Handtasche gewesen.
Hundertprozentig!
Okay, die Handtasche hatte offen auf dem Beifahrersitz gestanden, und jetzt lag sie im Fußraum. Aber irgendwo musste das Ding doch sein. Nach zwanzig Minuten Herumtasten gab ich es auf. Da unten befand sich zwar das Blackberry, aber vielleicht war es in die verbogenen Teile der Knautschzone gerutscht. Ich kam nicht dran. Außerdem tat mir jetzt der Kopf weh. Ich würde mich ein wenig ausruhen und dann neu überlegen, was zu tun war.
Das nächste Mal wachte ich von einem energischen Klopfen auf.
»Komm rein, Jan«, murmelte ich. »Und bring Frühstück mit.«
»He, Sie da! Leben Sie noch?«
Ich kam zu mir und stellte fest, dass der Wald nicht mehr ganz dunkel war. Das Morgengrauen hatte eingesetzt und mir einen Retter vorbeigeschickt. Der hämmerte jetzt wieder mit seinem Stock gegen die Windschutzscheibe. Erste Risse bildeten sich im Glas.
»Würden Sie bitte damit aufhören? Ich möchte nicht von einem Splitter aufgeschlitzt werden.« Ich staunte, dass ich zwei vollständige Sätze zusammengebracht hatte.
Mein Retter auch. Sekundenlang wünschte ich mir, es wäre derselbe gewesen wie im ICE .
So ein Quatsch!
Dieser hier hatte keine kuscheligen, sondern stahlblaue und ziemlich ärgerlich blickende Augen.
»Jetzt kommen Sie da raus«, sagte er streng, »ich muss mit der Herde pünktlich nach Wilsede.«
Erst jetzt entdeckte ich den Viehtransporter hinter ihm. Es blökte anhaltend, und aus ein paar Ritzen lugten schwarze Heidschnuckenköpfe heraus. Der Mann selbst trug die Kluft eines Schäfers. Großer Filzhut, Schafwollweste, kariertes Hemd und Hosen aus grobem Cordstoff.
Nichts gegen Heideschäfer, aber dieser hier schien nicht übermäßig intelligent zu sein.
»Wenn ich einfach aussteigen könnte, hätte ich das längst getan. Aber es geht leider nicht.«
Der Mann kratzte sich am Kinn, während ein Bordercollie jaulend an ihm hochsprang. Der Hund schien mir um einiges klüger als sein Herrchen zu sein.
»Die Türen haben sich verzogen. Ich kriege sie nicht auf«, erklärte ich.
»Ach so.« Endlich kam Leben in den Mann, und er begann, an der Beifahrertür zu zerren. Ohne großen Erfolg.
»Geht nicht auf.«
Sag bloß.
»Haben Sie ein Handy dabei?«, fragte ich.
»Sehe ich so aus?«
Nein.
»Versuchen Sie es mal mit dem Kofferraum«, schlug ich vor.
»Und wie wollen Sie da hinkommen?«
Ich zwang mich, ruhig zu bleiben. »Da finden Sie den Wagenheber. Damit können Sie vielleicht die Tür aufstemmen.«
»Darauf wäre ich auch schon allein gekommen.«
Klar.
Der Kofferraum war jedoch auch verzogen. Immerhin kam der Schäfer ganz von allein auf die Idee, den Wagenheber aus seinem Transporter zu holen. Unter lautem Gestöhne, Gejaule und Geblöke sprang die Beifahrertür endlich auf.
»Na
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