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Immer Ärger mit Opa: Roman (German Edition)

Immer Ärger mit Opa: Roman (German Edition)

Titel: Immer Ärger mit Opa: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Kanitz
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gewohnt intensiv nach Kuhstall, sodass ich nicht weiter auffiel. Wenn er doch etwas bemerkte, so verzog er keine Miene. Landwirte sind an intensive Duftnoten gewöhnt.
    Es wurde neun, bis Papas Mercedes auf der Ladefläche eines Abschleppwagens unterwegs nach Lüneburg war. Vorn zerbeult, in der Mitte verbogen, hinten alt wie immer. Trotzdem. Ich hatte darauf bestanden, dass der Wagen in die Werkstatt kam. Ganz gleich, was die Reparatur kosten sollte, ich würde sie bezahlen.
    »Lohnt sich eigentlich nicht bei der alten Kiste«, hatte der Pannenhelfer gesagt. »Der ist nur ganz knapp am Totalschaden vorbeigeschrammt, und zweimal rum ist der auch schon.«
    Fragend hatte ich Karl angeschaut.
    »Er meint den Kilometerzähler. Die Karre hat schon mehr als 200 000 auf dem Buckel.«
    Ach so.
    Egal.
    Ich wusste, wie sehr Papa an seinem Mercedes hing. Da ließ ich mich auf keine Diskussion ein.
    Meinen Koffer hatte Karl von der Rückbank genommen, wohin er nach dem Zusammenprall mit meinem Hinterkopf zurückgefallen war. Meine Handtasche hatte der Pannenhelfer aus dem Fußraum gefischt. Sogar mein Blackberry befand sich wieder in meinem Besitz. Hatte mir mehr gefehlt, als ich zugeben mochte.
    Nun saß ich mit Karl im Auto auf dem Rückweg nach Nordergellersen.
    »Diesen Abgang hast du ja gnadenlos versemmelt«, sagte er. »Aber ich weiß immer noch nicht, warum du überhaupt abgehauen bist. Ich habe diesmal jedenfalls nichts damit zu tun.«
    »Nein«, erwiderte ich kleinlaut. Dann gab ich ihm eine Kurzfassung der Ereignisse und wunderte mich, dass Karl so ruhig blieb.
    »Scheint dich ja nicht zu überraschen«, sagte ich.
    »Tut es auch nicht.«
    Ich riss die Augen auf. »Willst du etwa behaupten, du hast immer gewusst, dass ich ein Findelkind bin?«
    »Quatsch. Woher denn? Aber mir war klar, dass du anders bist als die anderen Lüttjens. Wahrscheinlich war es auch das, was mich so besonders angezogen hat.«
    Darauf wusste ich nichts zu erwidern, also schwieg ich.
    »Mir ist dann nur irgendwann aufgegangen«, fuhr Karl fort, »dass du gerade deshalb auf Dauer auch nicht zu mir passen würdest und ich nicht zu dir.«
    »Hm.«
    Diese Erkenntnis hatte er in den letzten Tagen aber gut verdrängt.
    Karl erriet meine Gedanken. »Als ich dich jetzt wiedergesehen habe, war die alte Faszination gleich wieder da. Aber … na ja … es hat sich nichts geändert. Wir gehören einfach nicht zusammen.«
    Ziemlich elegant, wie er die Szene am Baggersee umschifft hatte.
    Ich lächelte schwach. »Danke. Du bist ein echter Freund.«
    In seinen Augen stand ein Hauch von Bedauern, aber er gab das Lächeln zurück. »Und du bist eine durchgeknallte Deern, die mich wahrscheinlich in kürzester Zeit wieder in den Wahnsinn treiben würde.«
    »Danke.«
    »Immer gern.«
    Wir grinsten beide um die Wette, bis wir den Lüttjenshof erreichten.
    Da war’s vorbei mit meiner guten Laune.
    Obwohl mir Doktor Petersen ein Schmerzmittel gegeben hatte, tat mir auf einmal wieder heftig der Kopf weh. Außerdem war da plötzlich ein Bleigewicht in meinem Magen, so schwer, dass ich gar nicht aussteigen konnte. Wurde noch schwerer, als ich sah, wie die gesamte Familie aus dem Haus gelaufen kam. Die einen schneller, die anderen langsamer, je nach Alter. Dann blieben sie als Grüppchen stehen und schauten uns entgegen.
    »Ich habe ihnen Bescheid gegeben, als ich auf dem Weg zu dir war«, erklärte Karl. »Sie hatten sich schon schreckliche Sorgen gemacht.«
    »Danke.« Diesmal konnte ich nur flüstern.
    Ich wollte sitzen bleiben, niemals dieser Familie gegenübertreten müssen, niemals erklären müssen, was in mich gefahren war, niemals Vorwürfe anhören müssen.
    Sie überraschten mich alle.
    Papa schnappte sich meinen Koffer und ließ sich kurz von Karl erklären, in welcher Werkstatt sein Auto war. Mich lächelte er einfach nur an.
    Voller Liebe.
    Mama erklärte, ich hätte noch Zeit zu frühstücken, bevor es zur Beerdigung ging.
    Kein Tadel.
    Nur ein Blick.
    Voller Liebe.
    Grete und Marie sagten gar nichts, sondern sahen mich nur an.
    Voller Liebe.
    Mannomann!
    Jan bemerkte: »Ab unter die Dusche, Kröte. Du stinkst wie ein Schafstall. Erst danach kriegst du eine fette Umarmung von mir.«
    Seine Gefühle waren auch klar.
    In meinem Zimmer wartete Sissi auf mich. »Du gehst duschen, ich pack deinen Koffer aus und leg dir dein schwarzes Kostüm von Jil Sander hin.«
    »Okay«, sagte ich und heulte los.
    »Ich würde dich ja gern trösten, aber du riechst so

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