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Immer Ärger mit Opa: Roman (German Edition)

Immer Ärger mit Opa: Roman (German Edition)

Titel: Immer Ärger mit Opa: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Kanitz
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offenbar die Grenzen zwischen Leichenschmaus und Singleparty ebenfalls für fließend. Pamela zum Beispiel, die plötzlich neben Paul Liebling saß. Und Anke auf der anderen Seite. So einen gut aussehenden Mann ließen die sich natürlich nicht entgehen.
    Mädels, wie wär’s, wenn ihr euch selbst mal einen Kerl angeln würdet, anstatt bei mir abzustauben?
    »Hey, Süße, was schaust du denn so finster?«, fragte Mama, die sich auf Jans freien Stuhl geschoben hatte. »Jetzt ist doch alles gut. Opa ist begraben, und in unserer Familie gibt es keine Lügen und keine Geheimnisse mehr.«
    Ich wandte mich ihr zu. Sie hatte sich dem Anlass entsprechend als brave Landfrau verkleidet. Mit dunklem Zweiteiler, anthrazitfarbener Bluse und einem sittsamen Haarknoten. Nur ein Hauch von Lipgloss zierte ihr Gesicht, und auf Schmuck hatte sie ganz verzichtet. Wer Heidi Lüttjens nicht besser kannte, hätte sie in die Reihe der pflichtbewussten Gattinnen eingeordnet. Fast konnte ich mir vorstellen, wie sie zweimal in der Woche bei Kaffee und Kuchen in geselliger Runde im Gemeindesaal saß und hübsche Heidesträußlein bastelte. Einzig das abenteuerlustige Funkeln in ihren Augen verriet sie. Aber das sah nicht jeder.
    Nur ich.
    Keine Lügen und keine Geheimnisse mehr?
    Na ja.
    Grete und Marie wussten nicht, dass Olafs wahre Herkunft inzwischen allen bekannt war. Und niemand außer Jan ahnte etwas von meiner Bewerbung für Dubai. Von Opas Brief wussten nur Mama und Jan, von meinen Gefühlen für Paul Liebling hatte abgesehen von Jan niemand eine Ahnung.
    Na gut. Letztere waren nun wirklich Privatsache.
    »Es gibt sehr wohl noch Lügen und Geheimnisse«, mischte sich Papa ein, der ebenfalls aufgerückt war. Er warf Marie einen schnellen Seitenblick zu, den diese zum Glück nicht mitbekam.
    Grete schon. Die guckte auf einmal ganz komisch, was Papa aber nicht merkte.
    »Und es gibt immer noch eine Ehefrau und Mutter, die ihre Familie im Stich lässt, in Hamburg wilde Partys feiert und sich neuerdings Bodo nennt.«
    »Bodhi«, korrigierte Mama. »Das bedeutet …«
    »Erwachen, hab ich kapiert. Könnte bloß sein, dass ich auch mal aufwache und den ganzen Krempel hier hinschmeiße. Ich hab’s nämlich satt, geduldig zu warten, bis meine ausgeflippte Frau mal wieder Lust hat, ein paar Tage Landluft zu schnuppern.«
    »Olaf!«, rief Mama schockiert aus. »Willst du mir etwa drohen?«
    Papa kippte einen Köm. »Ich will auch noch was vom Leben haben.«
    Oha!, dachte ich. Da ist es wieder, Papas Donnergrollen. Gleich geht’s los.
    Und ich steckte mittendrin. Wo ich doch eigentlich gar nichts zu suchen hatte. Nicht wegen der Findelkindgeschichte. Einfach, weil dies ein Problem meiner Eltern war, nicht meins.
    »Nele-Süße, sag du doch auch mal was«, forderte Mama mich auf.
    »Ich? Wieso denn?«
    Sie zupfte eine Haarsträhne aus ihrem Nackenknoten und rollte sie um den Finger. »Du bist schließlich unsere Älteste. Willst du etwa tatenlos mit ansehen, wie die Familie vor deinen Augen zerbricht?«
    Ich glaube, Mama hatte auch schon was getrunken. Und die Frage war natürlich, was es noch zu zerbrechen gab. Wo doch schon alles in Scherben lag.
    Ich hatte echt keine Lust, die Eheberaterin zu geben. »Was soll ich denn machen? Papa im Stall anbinden? Und dich gleich dazu?«
    Gar keine schlechte Idee, fand ich.
    Beide starrten mich an.
    Ich kicherte. »Angebunden oder nicht – ich kann euch den Stall nur wärmstens empfehlen. Da könnt ihr euch mal so richtig aussprechen. Hat ja wohl nicht gereicht, dass ihr gestern Abend schon bis spät gequatscht habt. Im Stall stört euch keiner, und Ernie und Bert sind gute Zuhörer. Jan und ich waren früher oft auf dem Heuboden und haben alle unsere Probleme da gelöst. Es hilft wirklich.«
    Beide schüttelten den Kopf.
    Dann eben nicht.
    Pastor Gräve kam und setzte sich zu mir. Ich war eine Weile abgelenkt. Er lobte mich, wie tapfer ich in München alles geregelt hatte, und erzählte mir ein paar Anekdoten aus Opas Leben, die ich fast alle kannte.
    Hermann Lüttjens hatte mal auf einem Feuerwehrball ein streitendes Liebespaar mit kaltem Wasser abgespritzt, bis sich beide wieder beruhigt hatten.
    Eine alte Geschichte.
    Hermann Lüttjens hatte in den Fünfzigerjahren die Ansiedlung einer Chemiefabrik verhindert, indem er den Direktor der Mutterfirma mit Hilfe der damaligen Heidekönigin in eine peinliche Lage brachte.
    Geschenkt. Und meiner Meinung nach sowieso nur eine Legende.
    Hermann Lüttjens hatte

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