Immer diese Gespenster
waren zuviel für Susan. Sie verbarg das Gesicht in den Händen und begann zu schluchzen. Sogleich umringten sie alle und versuchten, sie zu trösten. Beth nahm sie in die Arme, und Sir Richard und Mark standen hilflos daneben, wie das Männer in Gegenwart weinender Frauen zu tun pflegen.
Hero betrachtete die Gruppe mit seinen wachen, intelligenten Augen, und sein Blick blieb auf Lady Enid Paradine haften. Ihr Gesichtsausdruck verwunderte ihn. , dachte er bei sich. Susan wischte sich mit dem Taschentuch die Tränen aus den Augen und versuchte zu lächeln. Sie fand ihre gewohnte Selbstbeherrschung wieder und sagte: «Verzeihung, daß ich mich so gehenließ. Es war zu viel auf einmal — dies hier und das andere.» Und dann fügte sie hinzu: «Aber es ist wirklich so, wie Mr. Hero sagt.»
Sir Richard wandte sich an Hero. «Glauben Sie? Sind Sie überzeugt davon?»
Hero antwortete: «So leid es mir tut — es besteht kein Zweifel. Hat jemand von Ihnen eine Ahnung, wer in diesem Hause Miss Marshall übelwill und sie auf diese Weise zur Abreise zwingen möchte?»
«Was?» brüllte Lord Paradine. «Soll das heißen...? Das ist ja lächerlich!»
«Das ist unerhört!» entgegnete der junge Paradine scharf.
«Den Gedanken können Sie sich aus dem Kopf schlagen, Hero», sagte Sir Richard, nun auch ärgerlich.
«Vielleicht unter den Gästen des Country Clubs?» fuhr Hero unbeirrt fort.
Lady Paradine ließ sich plötzlich vernehmen: «Es sind einige ganz unmögliche Leute darunter.»
«Sie ermöglichen es uns, Paradine Hall zu erhalten.» Die leise, beinahe tonlose Bemerkung stammte von Isobel.
«Aber ich kenne ja niemand persönlich», sagte Miss Marshall.
«Ich dachte, Ihre Spezialität wären Gespenster», sagte Vetter Freddie.
«Darauf wollte ich eben zu sprechen kommen», erklärte Hero ruhig. «Hat jemand von den Anwesenden eine Ahnung, weshalb ein übersinnliches Wesen — welcher Art es auch sein mag — seine Bosheit auf Miss Marshall konzentrieren sollte?»
«Sie scheinen zu vergessen», bemerkte Isobel Paradine, indem sie ihr königliches Haupt zu Hero hinüber neigte, «daß auch in meinem Zimmer merkwürdige Dinge vorgekommen sind.»
«Ich habe es nicht vergessen», entgegnete Hero.
Zu seinem Erstaunen stieß die sonst so schüchterne Beth mit großer Heftigkeit hervor: «Die Harfe ist erklungen! Wir haben sie alle gehört. Und die Nonne geht um. In der alten Sage heißt es doch: » Sie brach in Tränen aus und rief: «Oh, Susan, ich habe solche Angst, es könnte dir etwas zustoßen!»
Hero warf ihr einen prüfenden Blick zu. Sein inneres Ohr vermeinte eine gewisse Unaufrichtigkeit aus ihrer Stimme herauszuhören, und er dachte bei sich:
Lady Paradine widersprach scharf: «Das ist doch lächerlich, Beth, Susan Marshall ist keine Paradine.»
Mark Paradine machte eine Bewegung, als wolle er widersprechen, beherrschte sich dann aber und schwieg.
«Vielleicht gilt der alte Fluch für alle Leute, die unter diesem Dach wohnen», meinte Vetter Freddie. «Susans Zimmer gehörte früher meinem Vater, und er ist tot.»
Mark wurde ganz bleich vor Wut. «Eines Tages schlag ich dir deinen Hohlkopf ein», drohte er.
Hero fragte: «Stimmt das mit der Harfe und der Nonne?»
Isobel antwortete mit kaum vernehmbarer Stimme: «Leider ja. Wir haben sie alle gehört. Es ist ein böses Omen.» Und lauter fuhr sie fort: «Susan, du wirst unverzüglich dein Zimmer wechseln. Das Stuart-Zimmer ist bereit; von dort hat man eine wunderbare Aussicht auf den Fluß.»
Die junge Amerikanerin warf mit einer stolzen Bewegung den schönen Kopf zurück. «Vielen Dank», sagte sie, «das wird nicht nötig sein. Ich bleibe hier. Ich fürchte mich nicht.»
«Bravo!» sagte Hero voll Bewunderung. «Am besten ist, Sie lassen das Zimmermädchen alles in Ordnung bringen und bleiben hier, Miss Marshall.»
«Nach allem, was passiert ist!» rief Mark. «Sind Sie von Sinnen, Sir?»
«Ich glaube nicht, daß noch weitere Unannehmlichkeiten zu erwarten sind», sagte Hero. «Beschwichtigungsversuche wären sicher fehl am Platz. Man darf sich weder
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