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Immer diese Gespenster

Immer diese Gespenster

Titel: Immer diese Gespenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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meinem Zimmer sagten Sie
    Hero lächelte. «Das war in Ihrem Zimmer.»
    «Dann vermuten Sie also, daß es sich um einen Menschen handelt?»
    Hero beantwortete ihre Frage nicht. Er betrachtete sie schweigend und begann seine Pfeife zu stopfen.
    Schließlich sagte Susan: «Es fällt mir niemand ein. Ich glaube, ich habe in meinem ganzen Leben noch niemand gehaßt.»
    Hero nickte. «Das ist sehr klug von Ihnen», sagte er, «denn Haß erzeugt gewöhnlich wieder Haß. Darf ich Sie nun etwas anderes fragen. Kennen Sie jemand in diesem Haus, der Sie lieben könnte?»
    Susan fuhr zusammen und rief: «Das ist eine aufdringliche und ungehörige Frage!»
    Der junge Mann reagierte nicht darauf. Weder sein Gesichtsausdruck noch der ernste Blick seiner Augen veränderten sich, und Susan dachte:     Hero erwiderte ihren Blick mit einem fast unmerklichen Lächeln und sagte: «Das kann ich gut verstehen. Nun, ich will Sie nicht länger über das Thema ausholen, aber es ist immerhin ein Anfang. Hätten Sie Lust, mit mir das Haus zu besichtigen?»
    «Ja, gern», erwiderte Susan ohne Zögern, «wenn ich nicht störe.»
    «Wollen Sie vorangehen?» sagte Mr. Hero.
    «Wo möchten Sie beginnen?» erkundigte sich Susan.
    «Im Musikzimmer, wenn es Ihnen recht ist.»
    Susan sagte: «Ach ja, natürlich — die Harfe. Das hatte ich ganz vergessen.»
    «Haben Sie sie spielen gehört?»
    «J-ja, ich glaube. Aber ganz sicher bin ich nicht. Ich erwachte einmal in der Nacht und hörte Musik, doch ich dachte, es wäre ein Radio.»
    «Hm. Haben Sie sich die Melodie gemerkt?»
    «Nein. Aber wenn ich sie noch einmal hörte, würde ich sie möglicherweise wiedererkennen.»
    Hero nickte. «Und dann?»
    «Nun, am anderen Morgen erzählte mir Beth, daß in der Nacht die Harfe ertönt sei. Isobel sagte, sie sei davon erwacht und aufgestanden, um nachzuschauen. Lord Paradine war auch dabei, doch als sie ins Musikzimmer kamen, war niemand da.»
    Das Musikzimmer lag auf der nördlichen Seite des westlichen Korridors gegen den Fluß hin. Es enthielt einen Flügel, einen metallenen Notenständer und einige Gestelle mit Noten. Der Boden war mit einem besonders dicken Teppich ausgelegt, der die Hallwirkung der wie in allen Gesellschaftsräumen im Erdgeschoß sehr hohen Decke abschwächen sollte. Hero vermutete, daß die Akustik ziemlich gut sein mußte.
    In einer Ecke des Zimmers lehnte ein Cello in einer braunen Leinwandhülle. An den Wänden hingen Kupferstiche der Klassiker — Beethoven, Mozart, Bach, Liszt und Brahms. Der Raum war offensichtlich von jemand eingerichtet worden, der Musik liebte.
    Am Fenster stand eine goldene Harfe. Es war ein großes Konzertinstrument, wie es von Solisten und auch in Symphonieorchestern verwendet wird, und glänzte vor Sauberkeit.
    Hero fragte Susan: «Gehörte sie nicht Lord Paradines Mutter?»
    «Ich glaube, ja.»
    «Lady Anne Paradine starb vor elf Jahren. Spielt jetzt noch jemand darauf?»
    Susan sagte: «Ich weiß nicht. Das Zimmer wird, soviel ich gemerkt habe, nicht mehr benutzt. Wenigstens nicht, seit ich hier bin.»
    «Wie lange ist das?»
    «Vier Wochen», sagte Susan. «Ich bin für den ganzen Sommer eingeladen.»
    Hero überlegte. «Und diese Vorfälle begannen vor etwa zehn Tagen?»
    «So ungefähr.»
    Hero trat näher an die Harfe heran, betrachtete sie eingehend und zupfte dabei an seiner Unterlippe. Einen Augenblick lang versuchte er, sich völlig auf das einzustimmen, was hier vielleicht übernatürlich oder paranomal war. Er hatte immer irgendein Zeichen erwartet, das die Nerven in Spannung versetzen würde, falls der Durchbruch wirklich einmal käme und sich tatsächlich etwas ereignete, was man nur damit erklären könnte, daß ein anderes Leben ungesehen und jenseits des Schleiers herübertaste. Bei Tieren hatte er beobachtet, wie sie auf unsichtbare Reize reagierten — warum sollte es bei Menschen nicht ebenso sein?
    Hero ging mit unerbittlicher Strenge gegen alle

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