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Immer diese Gespenster

Immer diese Gespenster

Titel: Immer diese Gespenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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bösen Geistern noch Menschen gegenüber nachgiebig zeigen, sonst plagen sie einen immer mehr.» Dann erklärte er abschließend: «Ich glaube, ich kann mit einiger Sicherheit Voraussagen, daß in diesem Zimmer keine weiteren Erscheinungen solcher Art Vorkommen werden.»
    «Woraus schließen Sie das?» fragte Sir Richard, was ihm von Mark einen dankbaren Blick eintrug. «Zweimal ist es schon passiert — warum nicht ein drittes Mal?»
    Hero sagte schlicht: «Weil ich da bin.»
    Lord Paradine warf ihm einen spöttischen Blick zu: «Sie sind Ihrer selbst sehr sicher, junger Mann», sagte er.
    «In meinem Fach muß man das sein», entgegnete Hero. «Ich habe jedenfalls feststellen können, daß Gespenster in meiner Anwesenheit auffallend zurückhaltend sind.»

    Eine Stunde später war das Zimmer ordentlich aufgeräumt, das Bett frisch bezogen und alles wieder an seinem Platz. Susan war nur noch dabei, Unterwäsche, Strümpfe, Schuhe und Kleider einzuräumen, als Mark Paradine an die offene Tür klopfte, rief: «Hallo, darf ich eintreten?» und es gleichzeitig tat.
    «Oh, Mark, geh wieder hinaus», bat Susan. «Ich mag nicht, daß jeder meine Sachen sieht. Jetzt wissen alle im Haus, was ich für Unterwäsche trage.»
    «Das ist doch nicht schlimm — schon gar, wenn sie aus Paris kommt?»
    «Mark, du bist abscheulich. Sei so lieb und geh weg, bis ich fertig bin.»
    Er trat auf sie zu und legte ihr die Hand auf den Arm. Sie wollte eben einen stahlblauen Mantel weghängen, der ihre lebhaften Farben noch mehr zur Geltung brachte. Er sagte: «Häng ihn nicht in den Schrank, Susan, sonst mußt du ihn nur wieder herausnehmen.»
    «Weshalb, Mark? Was, um Himmel willen, meinst du damit?»
    «Ich will nicht, daß du in diesem Zimmer bleibst. Ich habe Huggins und seiner Frau Bescheid gesägt, sie werden deine Sachen gleich holen.»
    Susan hängte den blauen Cheviotmantel, ohne sich beirren zu lassen, in den Schrank und sagte: «Nein, Mark, ich ziehe hier nicht aus, ich bleibe.»
    Der rothaarige junge Mann sagte: «Hör mal, Susan, du hast hier schon zwei unangenehme Erlebnisse gehabt, und das genügt. Das dritte Mal...»
    «Es wird kein drittes Mal geben», sagte Susan sanft. «Mr. Hero hat es ausdrücklich erklärt.»
    Marks Gesicht lief rot an, und er schob das Kinn vor. «Und ich will, daß du ein anderes Zimmer beziehst, und zwar nicht den Stuart-Raum am Ende des Flurs, wo niemand dich hört, wenn du um Hilfe rufst, sondern das Nordwind-Zimmer direkt neben meinem, wo ich dich beschützen kann.»
    Susan antwortete nicht, sondern legte mit großer Umständlichkeit und Sorgfalt seidene Unterwäsche zusammen, wegen der sie sich eben noch so geschämt hatte, und verstaute Stück um Stück in den Schubladen. Nach einer Weile unterbrach Mark ihr eisiges Schweigen und sagte: «Nun?»
    Susan hielt inne und entgegnete: «Was heißt, nun?»
    «Du hast doch gehört, was ich sagte?» fragte Mark zurück.
    Susan senkte den dunklen Kopf und zupfte an der Stickerei eines Unterrocks, damit er ihre Augen nicht sehen konnte. «Mark», sagte sie, «als kleines Mädchen wohnte ich in einem großen, alten, finsteren Haus in Virginia. Dort gab es einen Dachboden, wo es klopfte und krachte, und viele düstere Zimmer. Mein schwarzes Kindermädchen machte mir mit Gespenstergeschichten Angst, und mein Vater war sehr böse, als er davon hörte. Er erzog mich dazu, nichts zu fürchten, was zwei, vier oder auch gar keine Beine besitzt, und so habe ich es seither immer gehalten. Ist das klar?»
    «Aber Susan, du...»
    Sie hob die Augen und blickte ihm voll ins Gesicht, ihr Kinn schob sich so eigensinnig vor wie seines, und das Blut stieg ihr in die Wangen. «Nichts und niemand kann mich aus diesem Zimmer vertreiben, Mark. Wenn du willst, daß ich es verlasse, reise ich ab und komme nie wieder. Willst du, daß ich gehe?»
    Der junge Mann seufzte ärgerlich. «Um Himmels willen, nimm doch Vernunft an, Susan! Wie könnte ich wünschen, daß du fortgehst, du weißt doch, wie ich dich liebe? Ich würde den Verstand verlieren, wenn dir etwas zustieße.»
    «Dann hör auf, mich wie ein kleines Kind zu behandeln», sagte Susan. «Ihr Engländer tyrannisiert eure Frauen, und sie beugen sich demütig euren Wünschen. Aber ich lasse mich nicht herumkommandieren.»
    Mark wurde noch röter, fast so rot wie sein Haar. «Sieh mal an!» rief er empört. «Aber wenn Hero mit der Peitsche knallt, springst du wie ein Zirkuspferd.» Er ahmte Heros Stimme nach und sagte: «Sie

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