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Immer diese Gespenster

Immer diese Gespenster

Titel: Immer diese Gespenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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Sie
    nicht!»
    Aber der kleine Mann hatte seine Hemmungen überwunden und erklärte: «Ich reise in den nächsten Tagen nach Hause... Ich sammle — will sagen, ich habe große Freude an harmlosen, kleinen Andenken, die ich in einem Buch auf bewahre und die mich an schöne Tage erinnern... Ich wollte mir einen Bogen des privaten Schreibpapiers mit dem Paradine-Wappen holen. Ich habe gelogen, ich wurde nicht vom Lärm geweckt. Ich war schon vorher aufgestanden und hinuntergegangen. Ich dachte, ich könnte das Blatt Schreibpapier nehmen und in mein Zimmer zurück...» Er hielt inne und rief verzweifelt: «Ach Gott! Ich komme mir so lächerlich vor!» Und er begann zu weinen.
    Das war zuviel für Meg. Sie trat zu ihm und legte ihm den Arm um die Schultern. «Lieber Mr. Jellicot, weinen Sie nicht», flüsterte sie. «Sie brauchen sich nicht zu schämen. Viele Leute haben Freude an Souvenirs. Das ist doch nichts Böses.» Aber es gelang ihr nicht, ihn zu trösten und die Tränen zum Versiegen zu bringen. Da wandte sie sich zornig gegen ihren Stiefbruder: «Bist du nun zufrieden, Alexander?»
    Hero fühlte sich kaum weniger elend als Jellicot. Solche peinlichen Situationen gehörten zu den Nachteilen seines eigenartigen Berufes. Er sagte: «Es tut mir sehr leid, Meg. Kümmere dich um den armen Mann.» Damit ging er hinaus.

21

Mrs. Taylor lüftet den Schleier

    Alexander Hero war mißmutig und niedergeschlagen. Er war noch nicht abgeklärt genug, um es ruhig hinzunehmen, daß er sich lächerlich gemacht hatte, vor allem in den Augen seiner Stiefschwester, obwohl sie ihn gewarnt und gebeten hatte, von dem Verhör abzusehen. Warum war es ihm So wichtig gewesen, sie dabei zu haben, wenn er von ihrer Klugheit und ihrem Taktgefühl doch keinen Gebrauch machte? Auch Mr. Jellicot tat ihm aufrichtig leid, und er machte sich Vorwürfe, daß er nicht gemerkt hatte, wie harmlos der kleine Mann, abgesehen von seiner Geschwätzigkeit, im Grunde war.
    Er trat aus dem Schloß und schlenderte zu den Stallungen hinüber, um an der frischen Luft seine Gedanken zu sammeln. Er war sehr unzufrieden mit sich selber. Was hatte er bis jetzt erreicht? Ein paar Poltergeist-Erscheinungen aufgedeckt, die jeder unerfahrene Dilettant ebensogut hätte ans Licht bringen können. Was das übrige anbelangte, so war es ihm noch nicht gelungen, die Gefahr zu beseitigen, die Susan Marshall drohte, oder herauszufinden, wer wirklich hinter dem Spuk im Paradine Hall steckte. Er setzte sich auf einen Stein, zündete seine Pfeife an und gab sich der schwärzesten Selbstkritik hin.
    Pferdegetrappel näherte sich, und Mrs. Geraldine Taylor kam in leichtem Galopp in die Einfriedigung geritten. Sie saß fest im Sattel; ihr Haar unter dem kecken Dreispitz mochte zwar grau sein, aber sie ritt aufrecht und elastisch wie ein junges Mädchen. Als sie an Hero vorbeikam, grüßte sie ihn mit der Gerte und warf diese dann dem Stallknecht zu, der herbeigeeilt war, um die Zügel zu nehmen. Sie übersah die Hand, die er ihr zum Absitzen reichte, sprang mit jugendlichem Schwung vom Pferd, fütterte es mit einem Stück Zucker, tätschelte ihm den schweißnassen Hals und wechselte ein paar Worte mit dem Knecht.
    Hero beobachtete sie und dachte:
    Mrs. Taylor näherte sich ihm und klopfte mit der Gerte an ihre gewichsten Stiefel. Als sie ihn erreichte, sagte sie: «Guten Tag, junger Mann! Haben Sie Sorgen?»
    Hero antwortete: «Ja, aber woher wissen Sie das?»
    «Dazu braucht man kein Hellseher zu sein. Ich sah Ihr Gesicht, als ich vorbeiritt.»
    Hero lachte. «Trage ich meine Gefühle so offen zur Schau?»
    Mrs. Taylor sagte: «Wenn Sie Lust haben, kommen Sie mit und schütten Sie mir Ihr Herz aus. Ich habe einen verdammt tüchtigen Ritt hinter mir; mein Kopf ist klar, und jetzt möchte ich etwas trinken. Das einzig Unangenehme an diesem Country Club ist, daß es keinen Alkohol gibt. Aber ich habe eine Flasche in meinem Zimmer. Sie sehen aus, als könnten Sie auch eine Stärkung vertragen.»
    Mrs. Taylors Zimmer war eines der größeren im östlichen Flügel. Es lag im ersten Stock und gewährte Aussicht auf den Park und die Auffahrt. Geräumig und sonnig, herrschte darin eine gemütliche Unordnung. Sie sagte: «Setzen Sie sich, junger Mann», und wies auf einen Sessel am Fenster. Hinter einem Wandschirm holte sie

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