Immer für dich da (German Edition)
Sie war sich so sicher gewesen, die Zeit dafür zu haben, sobald ihre Söhne in der Schule wären.
Leider hatte sie vergessen, wie schnell so ein Morgen verging. Eigentlich konnte sie die Jungs, kaum hatte sie sie dort abgesetzt, schon direkt wieder abholen, und Johnny, der ihr sonst viel geholfen hatte, verbrachte mittlerweile mehr Zeit im Studio als zu Hause.
Also hielt sich Kate an ihr übliches Rezept und machte einfach immer weiter, in der Hoffnung, niemand würde bemerken, dass ihr das Lächeln und das Schlafen nicht mehr so leichtfielen.
An diesem Morgen weckte sie Johnny um sechs mit einem Kuss und ging dann zu Marahs Zimmer. Von diesem Moment an kümmerte sie sich nur um die Bedürfnisse anderer. Sie brachte die Kinder weg, ging einkaufen und traf sich mit der Dekorationsgruppe, um an den Kulissen zu bauen.
Sie war so vertieft in ihre Arbeit, dass sie beinahe vergessen hätte, die Jungen wieder abzuholen. Als sie es bemerkte, rannte sie zum Wagen, fuhr in Höchstgeschwindigkeit über die Insel und kam erst bei der Schule an, als die meisten schon wieder gegangen waren. Sie hupte und winkte die Zwillinge zu sich.
Da klingelte ihr Handy. »Hallo?«, sagte sie und langte nach hinten, um die Tür zu öffnen.
»Mom?«, fragte Marah.
»Was ist?«
Marah lachte, doch es klang eindeutig gekünstelt. »Nichts. Flipp jetzt nicht aus, aber ich möchte für heute Abend ein Familientreffen einberufen. Um sieben.«
»Ein was?«
»Ein Familientreffen. Das heißt, nicht ganz. Lucas und William sollen nicht dabei sein.«
»Verstehe ich das richtig: Du willst dich mit mir und Dad um sieben heute Abend treffen?«
»Und mit Tully.«
»Wo ist das Problem?«
»Typisch, dass du schon wieder das Schlimmste annimmst. Ich will einfach nur mit euch reden.«
Ein dreizehnjähriges Mädchen, das mit seinen Eltern sprechen wollte? Genauer gesagt: Marah, die mit Kate sprechen wollte? Ein Wunder. »Okay«, sagte Kate langsam. »Aber du bist sicher, dass du keine Probleme hast?«
»Ganz sicher. Dann bis heute Abend. Bye.«
Kate starrte auf ihr Handy. »Was geht da vor?«, fragte sie sich laut, doch bevor sie eine Antwort darauf finden konnte, kletterten die Zwillinge an Bord, und Kate stürzte sich wieder in den Alltagstrott.
Sie musste noch etwas einkaufen und kochen, und um drei wartete sie mit dem Wagen vor der Schule, um Marah abzuholen.
»Bist du sicher, dass du nicht jetzt schon darüber reden willst?«, fragte sie.
Marah lehnte zusammengesunken am Fenster des Beifahrersitzes. Ihr Gesicht war fast vollständig von ihren langen schwarzen Haaren verdeckt. Wie üblich trug sie Jeans und Flipflops (obwohl es regnete), ein winziges T-Shirt und einen entnervten Gesichtsausdruck. Ohne den verließ sie niemals das Haus.
»Wenn ich jetzt reden wollte, hätte ich kein Treffen anberaumt. Meine Güte, merkst du noch was, Mom?«
Kate wusste, dass sie sich einen solchen Ton verbitten sollte, und normalerweise tat sie das auch, aber an diesem Tag war ihr nicht nach Streit, daher ließ sie es.
Zu Hause marschierte sie schnurstracks zum Bad, nahm zwei Aspirin ein und zog ihren Jogginganzug an. Sie ignorierte ihre Kopfschmerzen, pflanzte die Jungs mit ihren Sticker-Alben an den Küchentisch und bereitete das Abendessen vor.
Bevor sie sich’s versah, war es schon sechs und Johnny kam nach Hause. »Hey«, sagte er und schob Tully herein. »Sieh mal, wer zum großen Treffen gekommen ist.«
Kate blickte von ihren Tacos auf. »Hey, ihr beiden.« Sie legte den Deckel auf die Pfanne und ging zu ihnen. »Ihr wisst auch nicht, was los ist, oder?«
»Ich? Ich weiß gar nichts«, meinte Tully.
Danach schien die Zeit sich entweder unendlich auszudehnen oder im Nu zu verfliegen. Während des gesamten Abendessens beobachtete Kate ihre Tochter auf der Suche nach verräterischen Anzeichen, doch am Ende war sie genauso schlau wie vorher.
»Okay«, sagte Marah schließlich kurz vor sieben, als der Abwasch gemacht war und die Jungen oben vor dem Fernseher saßen. Sie stand am Kamin und wirkte sehr nervös und sehr jung. »Tante Tully meinte, ich sollte –«
»Tully weiß, worum es geht?«, fragte Kate.
»Äh, nein«, antwortete Marah rasch. »Sie ist nur ganz allgemein der Ansicht, dass ich euch nicht überrumpeln sollte. Ich sollte Respekt zeigen und euch erzählen, was mir wichtig ist.«
Kate sah zu Johnny, der nur die Augen verdrehte.
»Also, jetzt kommt’s«, sagte Marah und verschränkte die Hände. »In New York gibt es in diesem
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