Immer für dich da (German Edition)
danke.« Kate drückte der Frau fest die Hand und verließ das Büro.
Draußen dräute ein anthrazitfarbener Himmel über dem Pioneer Square. Kate marschierte die First Avenue hinunter. Dann stieg sie in den Bus und landete genau um 15.57 Uhr an der Haltestelle vor der Redaktion.
Überraschenderweise war das Hauptbüro leer. Kate hängte ihren Mantel auf, warf Tasche und Aktenmappe unter ihren Schreibtisch und ging zu Johnnys Büro. »Ich bin wieder da.«
Er telefonierte gerade, winkte sie aber herein. »Komm schon«, sagte er entnervt, »was soll ich denn da machen?« Dann hörte er einen Augenblick mit gerunzelter Stirn zu. Schließlich sagte er: »Gut. Aber du schuldest mir was.« Er legte auf und lächelte Kate an. Aber es war nicht sein atemberaubendes Lächeln von früher. Das hatte sie seit seiner Nacht mit Tully nicht mehr gesehen.
»Du hast ein Kostüm an. Ich glaube, das habe ich noch gar nicht an dir gesehen. Und das kann nur zwei Dinge bedeuten. Da ich weiß, dass du nicht vor die Kamera musst …«
»Mogelgaard und Partner.«
»Die Werbeagentur? Für welche Stelle hast du dich beworben?«
»Creative Director.«
»Du wirst bestimmt gute Arbeit leisten.«
»Danke, aber noch habe ich den Job nicht.«
»Aber du kriegst ihn, das wette ich.«
Sie wartete, ob er noch mehr sagen wollte, doch er starrte sie nur an, als verwirrte ihn etwas. Zweifellos erinnerte sie ihn an die Nacht mit Tully. »Tja, dann mache ich mich mal wieder an die Arbeit.«
»Warte. Ich arbeite hier an der Story für Mike Hurtt und könnte etwas Hilfe gebrauchen.«
»Natürlich.«
Die nächsten Stunden saßen sie an seinem Schreibtisch, steckten die Köpfe zusammen und arbeiteten das heikle Skript immer wieder um. Kate versuchte zwar, Distanz zu halten und jeglichen Augenkontakt zu vermeiden, aber es wollte ihr nicht gelingen. Als sie endlich zufrieden waren, war es draußen dunkel; in den anderen Büros brannte kein Licht mehr.
»Ich schulde dir ein Abendessen«, meinte Johnny und schob die Unterlagen beiseite. »Ist schon fast acht.«
»Du schuldest mir gar nichts. Ich hab nur meine Arbeit gemacht.«
Er sah sie an. »Wie soll ich nur ohne dich auskommen?«
Monate zuvor, als sie noch Hoffnung hatte, wäre sie bei einer solchen Bemerkung rot geworden. Vielleicht sogar noch eine Woche zuvor. »Ich helfe dir, jemand anderen zu finden.«
»Glaubst du, du bist so leicht zu ersetzen?«
Darauf wusste sie keine Antwort. »Ich gehe jetzt –«
»Ich schulde dir ein Abendessen, basta. Hol jetzt deinen Mantel. Bitte.«
»Ist gut.«
Sie gingen nach unten und stiegen in seinen Wagen. Minuten später hielten sie vor einem Hausboot am Lake Union.
»Wo sind wir?«, fragte Kate.
»Bei mir zu Hause. Keine Angst, ich werde nicht für dich kochen. Ich wollte mich nur kurz umziehen. Du bist so schick.«
Kate stählte sich gegen den Ansturm ihrer Gefühle. Sie würde ihnen nicht nachgeben. Zu lange schon hatte sie sich mit Träumen von einem Happy End gequält, das niemals eintreffen würde. Sie folgte ihm über den Anleger auf das Hausboot, das überraschend geräumig war.
Johnny ging sofort zum Kamin, wo bereits Holz aufgeschichtet war. Er zündete die Zeitungsstreifen an, und sofort fing das Anmachholz Feuer. Dann drehte er sich zu ihr um. »Möchtest du was trinken?«
»Cola mit Rum?«
»Sehr gut.« Er ging in die Küche, mixte zwei Drinks und kehrte zurück. »Hier, bitte. Bin gleich wieder da.«
Einen Augenblick blieb sie unschlüssig stehen. Sie sah sich im Wohnzimmer um. Ihr fiel auf, wie wenige Fotos er hatte. Auf dem Fernsehschrank stand ein einsames Bild von einem Pärchen mittleren Alters, das vor einem Dschungelhintergrund in einer Gruppe von Kindern kniete.
»Meine Eltern«, sagte Johnny und trat zu ihr. »Myrna und William.«
Sie wirbelte zu ihm herum, weil sie sich ertappt fühlte. »Wo leben sie?«, erkundigte sie sich und setzte sich auf die Couch. Sie brauchte Distanz.
»Sie waren Missionare in Uganda. Und wurden von Amins Schergen umgebracht.«
»Und wo warst du da?«
»Ich wurde mit sechzehn auf eine Schule in New York geschickt. Da habe ich sie das letzte Mal gesehen.«
»Also waren sie auch Idealisten.«
»Was meinst du mit ›auch‹?«
Sie sah keinen Grund, es ihm zu erklären. »Ist egal. Du hast Glück gehabt, von Menschen aufgezogen zu werden, die an etwas glaubten.«
Er starrte sie mit gerunzelter Stirn an.
»Bist du deshalb Kriegskorrespondent geworden? Um auf deine Weise zu kämpfen?«
Er
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