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Immer verlasse ich dich

Immer verlasse ich dich

Titel: Immer verlasse ich dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Scoppettone
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auch mit Freunden treffen. Ich habe
Tom von Meg erzählt. Ich soll dir sagen, wie leid es ihm tut.«
    »Ich weiß nicht, wie weit ich in
Stimmung für Gesellschaft bin.«
    »Sie werden es verstehen. Du brauchst
für sie kein Theater zu spielen.«
    »Stimmt.« Ich mag Tom und Sam sehr
gern. Sie sind seit dem College zusammen — Durchhaltevermögen liegt wohl in der
Familie. Doch zu Beginn ihrer Beziehung verlangte Sam, sie sollten eine »offene
Ehe« führen, und damals steckte Tom sich vermutlich mit Aids an. Die Versuchung
ist groß, Sam die Schuld zu geben, da Tom diese Vereinbarung niemals wollte,
aber das tun wir nicht, was für einen Zweck hätte es auch schon? Sam will den
Test nicht machen lassen. Wenn der Test positiv ausfiele, wäre das kein Hinweis
darauf, wer es wem übertragen hat. Wenn er sich andererseits als negativ
ergäbe, wäre Sam aus dem Schneider, deshalb verstehe ich eigentlich nicht,
warum er den Test nicht machen läßt. Vielleicht will er nicht entlastet
werden.
    »Freust du dich, daß sie kommen?« Kip
hat ihren kleinen Bruder seit der Diagnose nur einmal gesehen, und das war vor
mehr als sechs Monaten.
    »O ja. Natürlich wünschte ich... ich
wünschte, alles wäre anders.« Sie seufzt und akzeptiert die Dinge so,
wie sie sind.
    »Kip, meinst du, Thema Nr. 1 könnte Meg
getötet haben?«
    »Der Gedanke ist mir noch gar nicht
gekommen. Was denkt Cecchi denn?«
    »Ich habe Thema Nr. 1 bisher noch nicht
erwähnt.«
    »Das solltest du wohl lieber.«
    »Ja, werde ich auch, nach der
Gegenüberstellung. Vielleicht ist ja doch einer der Räuber zurückgekommen.«
    »Ich dachte, du sagtest, laut Arlene
Kornbluth war der Todesschütze ein Weißer.«
    »Na ja, wir wissen doch alle, wie das
mit Augenzeugen so ist.«
    »Stimmt. Hast du heute die Zeitung
gelesen?«
    »Nein.«
    »Hör dir das an.«
    Was jetzt kommt, ist mit Sicherheit
etwas, das Kip für ihre Anti-Schmutz-Kampagne verwerten kann. Seitdem letzten
Jahr recherchiert sie unermüdlich in Sachen Schmutz und Schäbigkeit.
    »Ein Mann prozessiert gegen Ben und
Jerry, weil sie ihn dick gemacht haben sollen.«
    »Nein.«
    »Widerlich.«
    Kip hat doch tatsächlich eine Akte über
diese Dinge angelegt, ganz zu schweigen davon, daß sie mir fast täglich eine
Predigt zu dem Thema hält. Die hervorstechendsten Fälle sind — Mord als Lösung
für alles; Beispiel: die Frau, die die Mutter der Freundin ihrer Tochter
ermordete, damit die Freundin zu gramgebeugt wäre, um mit ihrer Tochter um den
Posten eines Cheerleaders zu konkurrieren. Therapieprogramme, die übers Ziel
hinausgeschossen sind; Beispiel: das Programm FEOTPL, For the Empowerment of
the Psychiatrically Labeled, zur Befreiung der psychisch Kranken. Wenn Leute
durch Ghostwriter ihre garantiert authentischen Memoiren schreiben lassen und
diese Schreiberlinge auch noch in die Talkshows schicken; Beispiel: Michele
Launders, biologische Mutter von Lisa Steinberg. Die neu geschaffenen
Abteilungen in Buchläden für True Crime; und alles über die Iran-Contra-Affäre.
    »Ich meine, Himmel, Lauren, da müßtest
du ja gegen jedes Lokal in der Stadt prozessieren, in dem du regelmäßig ißt,
weil sie deinen Cholesterinwert in die Höhe treiben!«
    Weiß sie Bescheid über heute morgen,
oder ist dies ein ganz zufälliges Beispiel für Schmutz und Schäbigkeit? Ich
forsche in ihrem Gesicht.
    »Warum starrst du mich so an?«
    »Wie bitte?«
    »Du saßest da und starrtest mich an.«
    »Ich finde dich wunderschön«, sage ich,
was der Wahrheit entspricht.
    »Lauren, das war es nicht. Was ist
los?«
    »Ich habe heute morgen Moussetorte
gegessen«, platze ich heraus.
    Jetzt starrt sie mich an.
    »Was ist?« frage ich.
    Sie zuckt mit den Schultern. »Ich
weigere mich, die Ernährungspolizei für dich zu spielen. Wenn du Fett in deine
Adern pumpen willst, bitte sehr. Dann werde ich eben eine junge Witwe.«
    Ich könnte mir einen Tritt geben. Warum
zum Teufel habe ich es ihr erzählt? »Ich werde schon nicht an einem Stück
Moussetorte sterben«, sage ich trotzig.
    »Ich will nicht darüber reden«, sagt
sie.
    »Gut.« Warum will sie nicht darüber
reden? Macht sie sich nichts mehr aus mir? »Ich habe auch ein Schokoplätzchen
gegessen«, füge ich ganz besonders infantil hinzu.
    Schweigend beendet sie ihr ekelhaftes
kleines Mahl, steht auf, stellt den Behälter in die Spüle, spritzt Spülmittel
hinein und füllt ihn mit Wasser.
    »Ich muß mich wieder an die Arbeit machen«,
erklärt sie.
    Ganz

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