Immer verlasse ich dich
Zeit, nachdem wir dich gehen ließen und bevor Meg getötet wurde?«
»Ich war bei Lauren und Kip«, sagt er
gelassen, als habe er schon sein ganzes Leben lang die Polizei belogen.
Ich bin fassungslos und erschüttert,
weil ich weiß, daß Cecchi mich bitten wird, es zu bestätigen. Ich kann mich
nicht entsinnen, ihn jemals belogen zu haben, andererseits braucht William das
Alibi, und mein Instinkt sagt mir, daß das nichts mit Megs Tod zu tun hat.
»Das ist richtig«, sage ich, noch bevor
Cecchi fragt. »Weißt du noch, als du anriefst, sagte ich dir, William wäre bei
uns und...«
»Ja, aber das war später, gegen zehn.«
»Nun«, sage ich, »er war da seit etwa...
oh...« Mir fällt ein, daß ich keine Ahnung habe, wann die Polizei ihn gehen
ließ, und daß, was ich jetzt sage, von entscheidender Bedeutung sein könnte.
Ensetzt stelle ich fest, daß ich schon denke wie ein Krimineller. Ich zucke die
Achseln, grinse albern und hoffe, daß William die Zeitfrage klären wird.
Was er auch macht. »Seit etwa zwanzig
vor neun.«
»Ja«, sage ich. »Um die Zeit muß es
gewesen sein.«
Cecchi wirft mir den blick zu. Ich habe ihn diesen
Blick bei zahllosen Gelegenheiten Leuten zuwerfen sehen, die er in Verdacht
hatte zu lügen. Doch davon lasse ich mich nicht einschüchtern, ich bin darauf
gefaßt. Dreist schaue ich in seine schrägen braunen Augen.
»Woher weißt du das?« fragt er mich.
»Ich hatte gerade mein Modem benutzt,
und ich lese immer die Zeit von meinem Computer ab«, sage ich.
»Kip war zu Hause?«
»Ja.«
Cecchi nimmt den Telefonhörer, und
William und ich werfen uns einen Blick zu, ohne den Kopf zu bewegen. Nachdem
Cecchi die Nummer eingetippt hat, wartet er und fixiert mich immer noch mit DEM
BLICK. Schließlich sagt er: »Kip, hier ist Cecchi, ruf mich, sobald du kannst,
zurück.«
Ich weiß, daß Kip für den Rest des
Tages Sitzungen hat und erst später ihre Nachrichten abhören wird. Trotzdem muß
ich sie vor Cecchi erreichen.
»Warum hast du Kip angerufen? Glaubst
du uns nicht?« fragt William entrüstet.
»Mache nur meine Arbeit«, sagt Cecchi.
Er steht auf. »Danke, daß du vorbeigekommen bist, William.« Er streckt die Hand
aus. William schüttelt sie. Cecchi nickt mir kurz zu, wendet sich wieder den
Papieren auf seinem Schreibtisch zu.
Er weiß es.
Ich fühle mich elend.
So lässig wie möglich verlassen wir
sein Büro, gehen durch das Polizeirevier auf die Straße hinaus. Wir sagen
nichts, bis wir um die Ecke gebogen sind.
»Na schön, Clyde, was zum Teufel geht
hier vor?« frage ich.
» Clyde? «
»Wie in Bonnie und.«
Er kichert.
»Diese Sache ist nicht lustig.«
»Warum sagst du dann so etwas Lustiges
wie Clyde? Schenk dir die Antwort. Trinken wir einen Kaffee.«
William bringt mich ins Pink Teacup auf
der Grove Street. Bis vor wenigen Jahren war es auf der Bleecker, doch im
Village ist es schon länger, als meine Erinnerung zurückreicht. Afroamerikaner
führen das Lokal, und es ist vermutlich das einzige im Village, wo Dinge wie
Grütze und Hush Puppies serviert werden.
Das Restaurant besteht aus einem
einzelnen Raum von mittlerer Größe, gewöhnlich zum Bersten voll mit Leuten,
doch um diese Zeit ist es fast leer. Wir setzen uns an einen Zweiertisch an der
Wand.
Eine Frau mit scharlachrotem
Lippenstift und Rastalocken steht vor uns, streckt eine Hüfte vor. »Wissen Sie
schon, was Sie wollen?«
»Haben Sie Eiskaffee?« frage ich.
»Ich kann ihn über Eis gießen.«
»Sie meinen, er ist eigentlich heiß?«
»Mhm. Heißer Kaffee. Eiswürfel.
Eiskaffee«, sagt sie zu mir, als sei ich ein Langsamdenker.
»Prima.«
William sagt: »Ich nehme einen
Eiskaffee und ein Stück Pekannußkuchen.«
Pekannußkuchen führt mich nicht in
Versuchung, und ich komme mir ganz tugendhaft vor, weil ich nicht nach anderen
Desserts frage.
Als sie weg ist, sagt William: »Ich
nehme an, ich sollte mich bedanken.«
»Aber du wirst es nicht tun?«
Er lacht. »Doch, ich werd’s tun. Danke
schön.«
Es fällt mir wieder ein. »Großer Gott«,
sage ich. »Lieber rufe ich jetzt schnell Kip an.« Ich hinterlasse eine
Nachricht: »Ruf Cecchi nicht zurück. Sollte er vorbeikommen, mußt du unbedingt
sagen, daß William gestern abend etwa gegen zwanzig vor neun zu uns gekommen
ist. Denk dir einen Grund aus, wieso du das noch weißt. Ich habe gesagt, ich
hätte gerade meinen Computer benutzt. Ich erklär’s dir später. Lösch dieses
Band.« Ich lege auf und versuche mir vorzustellen,
Weitere Kostenlose Bücher