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Immer wenn er mich berührte

Immer wenn er mich berührte

Titel: Immer wenn er mich berührte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sie: »Wir besitzen am Walchensee ein Jagdhaus. Es liegt völlig einsam, umgeben von Wäldern und Schluchten. Ich gebe dir den Schlüssel, und du schlägst ihr morgen früh eine kleine Reise vor.«
    »Ob sie darauf eingeht?« zweifelte Jürgen.
    »Du vergißt, daß sie dich liebt.«
    »Ja«, gab er zu.
    Ohne sich zu rühren, saß er noch immer im Sessel und starrte in die kalte Glut des Kamins. Sie trat von hinten auf ihn zu und legte ihm ihre Hände auf die Schultern. »Wir haben keine Zeit mehr, uns für einen Selbstmord etwas einfallen zu lassen. In dem einsamen Haus kannst du alles mit ihr machen, sie weiß ja nicht, daß du sie weghaben willst, sie glaubt an Liebe, das erleichtert die Sache. Im Schuppen findest du Werkzeuge, auch einen Spaten, denn sie darf nie mehr gefunden werden, nie mehr, hörst du?«
    Jürgen nickte stumm.
    »Du brauchst nicht die Nacht abzuwarten«, fuhr sie fort, »dort bist du auch am Tage sicher. Ich will nicht, daß du noch eine Nacht mit ihr verbringst.«
    Jürgen lachte. Ein böses, halb verrücktes Lachen.
    In Gabys Stimme schwang plötzlich ein drohender Unterton mit. »Ich werde für die Nachtmaschine nach Rom zwei Plätze buchen. Wir treffen uns gleich am Flughafen. Mit meinem Wagen kannst du es in einer guten Stunde schaffen.«
    Jürgen drehte sich um, sah sie lauernd an. »Und wenn ich bis dahin nicht am Flughafen bin?«
    »Dann fliege ich allein«, antwortete sie kühl, »denn dann weiß ich, daß du ein Feigling bist. Und einen Feigling will ich nicht lieben.«
    Die Muskeln in seinem Gesicht spannten sich. Und seine Stimme klang verändert. »Gut. Treffen wir uns am Flughafen.«
    Gaby küßte ihn sanft und zärtlich. »Gute Nacht, Liebling«, sagte sie leise. »Bis zum Morgen sind es nur noch ein paar Stunden. Aber es ist jetzt besser, ich gehe hoch und lege mich neben Janine. Ich muß mich doch um sie kümmern, nicht wahr? Und wenn sie aufwacht, muß ich ihr doch erzählen, daß sie zuviel getrunken hat und daß ich sie ins Bett gebracht habe.«
    Als Gaby leise ins Zimmer trat, war Janine einen Augenblick lang versucht, sich aufzurichten und zu fragen: »Sind Sie nun zufrieden, ja?«
    Aber dann blieb sie doch stumm. Der vorgetäuschte Schlaf schien ihr sicherer zu sein. Eine unbestimmte Angst hatte sich ihrer bemächtigt. Die Skrupellosigkeit dieses Mädchens erschreckte sie. Zu was war das Fräulein Westphal fähig?
    Janine registrierte trotz geschlossener Augen die Geräusche im Zimmer. Gaby zog sich aus, ein Kleid fiel zu Boden, Strümpfe raschelten, eine Schranktüre knarrte.
    Wenn sie wenigstens auf der Couch geschlafen hätte, aber nein, sie legte sich neben sie. Das rosarote Doppelbett war breit genug für zwei.
    Janine hörte ihre Atemzüge. Und sie dachte: Sie hat mir etwas in den Whisky gemischt, um mit Jürgen allein zu sein. Sie muß einen Blick dafür gehabt haben, daß er diese Art von Abenteuer schätzte. Sie muß sicher gewesen sein, daß es ganz leicht war, ihn zu verführen.
    Ob sie jetzt zufrieden war? Sie hatte den Mann bekommen, den sie sich in den Kopf gesetzt hatte. Vor ein paar Stunden hatte sie noch Herr Siebert zu ihm gesagt, jetzt war sie schon seine Geliebte.
    Es war grausam, mit ihr unter einer Decke liegen zu müssen. Die unmittelbare Nähe dieses Mädchens bedrückte sie, vor dieser Art von Liebe empfand sie Furcht.
    Nein, es war nicht etwa Eifersucht, was ihr die Brust zusammenpreßte. Sie hatte ganz einfach das Gefühl, als sei sie in einem Stundenhotel und die Wände fielen über ihr zusammen. Als schliefe sie neben einer Dirne … so schwül war es plötzlich in dem Zimmer, süßliches Parfüm, ein fremder Körpergeruch, Übelkeit …
    Mit eisernen Fäusten griff die Einsamkeit nach ihr. Und aus der Dunkelheit tauchten Fragen auf, die sie nicht beantworten konnte.
    Was für ein Spiel trieb Jürgen? Warum hatte er sich nicht zu erkennen gegeben? Wozu hatte er sie nachts in der Bar angesprochen? Warum hatte er sie wie eine Fremde umworben? Sie versuchte, sich an ein Gespräch zu erinnern, das sie bei einem ihrer Spaziergänge geführt hatten.
    »Sag mal, Jürgen, wie hat eigentlich deine Frau ausgesehen?«
    »Du hast eine gewisse Ähnlichkeit mit ihr.«
    »Hast du kein Bild von ihr?«
    »Nein.«
    »Wie alt war sie, als sie starb?«
    »Siebenundzwanzig.«
    Immer die gleichen Fragen drehten sich in ihrem Kopf. Er hat gewußt, daß ich seine Frau bin. Aber er hat Fräulein Laurent zu mir gesagt. Und er hat mir erzählt, daß seine Frau tot ist.

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