Immer wieder Dezember: Der Westen, die Stasi, der Onkel und ich (German Edition)
hergestellt, hätte Höpcke sich nie mit ihm getroffen. Hätte der Onkel nicht mit dem MfS zusammengearbeitet, wäre nie etwas geschehen.
Was ich in den Akten finde, kann ich kaum fassen: In einer Information der Hauptabteilung XX vom 19. Oktober 1979 steht, dass am 12. Oktober 1979 der Onkel bei dem stellvertretenden Minister für Kultur Klaus Höpcke erschienen sei und ausführlich über den Zustand des Vaters informiert habe. Er habe berichtet, dass die Mutter und Jürgen Fuchs die Rückkehr in die DDR verhindern wollten, und um Prüfung der Möglichkeiten gebeten. Höpcke hätte keinerlei Zusicherungen gemacht, sich aber einverstanden erklärt, dass die Großmutter dem Vater mitteile, dass der Onkel mit Höpcke über diese Angelegenheit gesprochen hätte. Am 22. Oktober sollte sich der Onkel wieder telefonisch melden.
In einer Notiz von Oberst Stange an Generalmajor Kienberg steht: »Über den Inhalt des Gesprächs hat Genosse Höpcke bisher nur den Genossen Kurt Rätz (ZK der SED, Büro Hager) mündlich informiert, und damit die Bitte verbunden, Genossen Prof. Hager« – Kurt Hager bestimmte als Mitglied des Zentralkomitees und des Politbüros des ZK der SED die Kultur- und Bildungspolitik und galt als Chefideologe der DDR –, »nach dessen Rückkehr aus der UdSSR am 18.10.1979 in Kenntnis zu setzen. In Absprache mit Genossen Rätz wird Genosse Höpcke dem Minister für Kultur, Genossen Hoffmann, nach dessen Rückkehr aus der UdSSR ebenfalls mündlich informieren.
Entsprechend der Empfehlung des Genossen Rätz, über dieses Gespräch nur auf ausdrücklichen Wunsch des Genossen Prof. Hager eine Notiz anzufertigen, hat Genosse Höpcke im Interesse der Wahrung der Diskretion bei dieser Angelegenheit bisher auf schriftliche Formulierungen verzichtet.«
Weiter lese ich in der Information der Hauptabteilung XX vom 19. Oktober 1979:
»Durchgeführte Überprüfungen bei der HA VII ergaben, daß Hans-Joachim Schädlich, falls seinerseits ernsthafte Absichten zur Rückkehr in die DDR bestehen, die Möglichkeit hat, an einer Grenzübergangsstelle als BRD-Bürger um Rückkehr in die DDR zu ersuchen.
Sollte Schädlich diese Möglichkeit wahrnehmen, so erfolgt danach die Einweisung in das zentrale Aufnahmeheim der DDR, von wo aus entschieden wird, ob ein Aufnahmeverfahren durchzuführen ist.
Es wird vorgeschlagen, die Durchführung eines Aufnahmeverfahrens vom Verhalten des Hans-Joachim Schädlich, insbesondere folgender Aspekte, zu deren Erfüllung er sich bereitzuerklären hat, abhängig zu machen:
Er hat sich gesellschaftsgemäß zu verhalten, jegliche Aktivitäten gegen die DDR zu unterlassen und diesbezügliche Versuche von Vertretern westlicher Massenmedien und diplomatischer Vertretungen zurückzuweisen.
Schädlich hat sich bereitzuerklären, die Machenschaften und Manipulationen im Zusammenhang mit dem politischen Missbrauch seiner Person durch westliche Medien für eine agitatorische Auswertung umfassend darzulegen. [Hervorhebung durch d. Aut.]
Schädlich hat bei seiner Aufnahme in die DDR eine geregelte Arbeit aufzunehmen.
Besondere Vergünstigungen werden nicht gewährt. Die Zuerkennung der DDR-Staatsbürgerschaft würde er nach Prüfung im Rahmen des Aufnahmeverfahrens zu einem darin festzulegenden Zeitpunkt erhalten.
Der stellv. Minister für Kultur, Genosse Klaus Höpcke, sollte Karl-Heinz Schädlich beauftragen, seinem Bruder, Hans-Joachim Schädlich, die unter 1 bis 4 genannten Bedingungen für eine mögliche Rückkehr in die DDR zu übermitteln.«
Am 16. Oktober, also zwischen dem Treffen mit Höpcke am 12. und dem Bericht der HA XX am 19., hatte sich der Onkel mit Salatzki getroffen. »Der IM informierte kurz über das Gespräch, das er mit dem stellv. Kulturminister Höpke zu H.-J. Schädlich hatte. […] Höpke hat darauf aufmerksam gemacht, daß das wichtigste Problem darin besteht, daß H.-J. Schädlich gegenüber anderen Personen einen eventuellen Besuch in der DDR und eine evtl. geplante Rückkehr abschirmt.«
Dem Onkel wurde noch einmal »eindringlich« gesagt, »daß die Bemühungen um Hans Joachim Schädlich nur dann erfolgreich seien, wenn der von ihm als ›Mafia‹ bezeichnete Personenkreis von den Aktivitäten in der Richtung keine Kenntnis erhält«.
Am 25. Oktober begab sich der Onkel zum IMK »Insel«, das Gespräch dauerte von 8.00 Uhr bis 13.00 Uhr. »Dem IMV wurde mitgeteilt, daß H.-J. Schädlich in die DDR zurückkehren kann. Ihm wurde außerdem
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