Immer wieder Lust auf dich
seinem betrunkenen, um sich schlagenden Vater hatte sich in sein Gedächtnis eingebrannt. Als er länger nachdachte, fiel ihm ein, wie sie früher Fußball gespielt hatten. Sein Vater hatte ihn auch zum Angeln mitgenommen. Überhaupt hatte sein Vater seine Familie nie allein gelassen. Er liebte es, mit seinen Kindern anzugeben und seine Frau sanft zu necken.
“Es ist seltsam, aber zum ersten Mal fange ich an, mich richtig an ihn zu erinnern. Die ganzen Jahre habe ich alles Gute verdrängt und nur verbittert über das Schlechte nachgedacht.”
“Jetzt ist es Vergangenheit, und ich hoffe, es belastet dein heutiges Leben nicht mehr.”
“Es tut mir leid, dass ich mich nicht schon viel früher gemeldet habe, Mama.”
“Mir auch, Rafe.”
Er stand auf und nahm sie in seine Arme. Sie erwiderte seine Umarmung. Als er sie wieder losließ und ansah, hatte sie tränenfeuchte Wangen. “Du bist genauso groß wie dein Vater. Er wäre so stolz gewesen, wenn er hätte sehen können, was aus dir geworden ist.”
“Vergibst du mir, dass ich mich nicht schon früher bei euch gemeldet habe, Mama?”
“Du hast dich selbst schon genug bestraft, mein Sohn. Es wird Zeit, den Hass und die Bitterkeit zu begraben. Es wird Zeit, dass du erfährst, dass ich dich all die Jahre über immer geliebt und an dich gedacht habe. Willkommen zu Hause, Raphael.”
Als Rafe zwei Wochen später wieder in die Einfahrt der Ranch fuhr, musste er daran denken, dass er hier vier sehr wichtige Jahre seines Lebens verbracht hatte.
Erst jetzt wurde ihm so richtig klar, wie sehr die Wahrnehmung von dem jeweiligen Standort abhing, den man einnahm. Eine veränderte Sicht auf die Dinge konnte zugleich das ganze Leben ändern. Er wusste, dass er jetzt vieles in seinem Leben nicht mehr so sah wie früher.
Er freute sich schon darauf, Mandy erzählen zu können, was er erlebt und erfahren hatte, seit sie sich das letzte Mal gesehen hatten. Sie würde besser als jeder andere verstehen, wie ihm zumute war.
Als er einparkte, sah er gerade Tom aus der Scheune kommen. Er winkte ihm zu, und Tom kam ihm entgegen, um ihn zu begrüßen. Die beiden Männer schüttelten einander die Hände.
“Schön, dass du wieder da bist”, sagte Tom.
Rafe lächelte. “Ja, finde ich auch. Ich hoffe, Dan ist inzwischen auch wieder zu Hause.”
Tom lachte. “O, ja. Die Schwestern wollten ihn anscheinend loswerden. Jedenfalls haben sie dem Arzt geraten, er solle Dan entlassen. Er ist wohl nicht gerade ein einfacher Patient gewesen.”
Rafe stimmte in Toms Lachen ein. Dann sah er zum Haus. “Ich nehme an, dass sich jetzt Mandy um ihn kümmert.”
“Bis vor drei Tagen hat sie es getan. Doch dann ist sie mit Kelly nach Dallas gefahren. Sie meinte, sie hätte dort so viel zu erledigen und sei schon zu lange weg gewesen.”
Rafe versuchte seine Enttäuschung nicht zu zeigen. “Stimmt. Wenn Dan auch allein gut zurechtkommt, gibt es für sie eigentlich keinen Grund mehr, noch länger hierzubleiben.”
Tom schlug ihm auf die Schulter. “Dan wird sich freuen, dich zu sehen.”
Rafe nahm seine Tasche aus dem Wagen und ging auf das Haus zu. Was hatte er auch erwartet? Er hatte Mandy schließlich keine Versprechungen gemacht. Tatsächlich hatte er sogar ausdrücklich betont, dass sie sich keine Hoffnungen machen sollte.
Sie musste jetzt ihr zukünftiges Leben auf die Reihe bekommen, und beide wussten, dass Rafe nicht dazugehören würde.
Als er die Küchentür öffnete, hörte er, dass der Fernseher lief. Er setzte die Tasche ab und ging ins Wohnzimmer. Dan hing in seinem Sessel und zappte mit der Fernbedienung durch die Kanäle.
“Hast du wirklich nichts Besseres zu tun, als am helllichten Tag vor der Glotze zu hängen?”
Als Dan ihn sah, fing er an zu grinsen. “Da bist du ja endlich, du treuloser Kerl.”
“Wieso, wolltest du deinen Pick-up schon als gestohlen melden?”
Dan lachte. “Ich hab gar nicht gemerkt, dass er weg war. Komm, setz dich und leiste mir Gesellschaft.”
Rafe streckte sich auf dem Sofa aus. Die lange Fahrt war anstrengend gewesen. “Du siehst gut aus. Wie geht’s der Schulter?”
“Die Wunde heilt viel zu langsam.”
“Du kannst froh sein, dass du deinen Arm noch hast. Die Infektion war ziemlich weit fortgeschritten.”
“Das hat der Arzt auch gesagt. Ich versuch ja auch, dankbar zu sein.” Er zeigte auf sein Handy. “Ich arbeite auch schon wieder, knüpfe Kontakte und so weiter. Nur reisen kann ich noch nicht.”
“Kannst du
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