Immer wieder Samstag Reloaded
als ich mich auf meinen Platz im Klassenzimmer fallen ließ, gelang es mir, einigermaßen durchzuatmen.
Tristan hatte ich weder getroffen noch ihn in der Menge ausgemacht. Vielleicht war es auch besser so, sein Anblick hätte mir vermutlich den Rest gegeben und mich in Tränen ausbrechen lassen. Was hatte ich jetzt noch von ihm zu erwarten? Durfte ich denn auf etwas hoffen? Die Tatsache, im Ungewissen zu sein, machte mir echt Angst.
***
Nur äußerst langsam verging der Unterricht. Einerseits begrüßte ich es, andererseits war es ein Fluch. Denn heute würde ich ihn garantiert wiedersehen, das stand fest. Zum ersten Mal seit …
Der Termin für das Interview, das er für die Schülerzeitung schreiben musste, stand noch an und fand in der Aula statt. Nur wie sollte ich das überleben, wie mich verhalten, wenn wir uns begegneten? Tristan Wrangler in meiner Nähe zu wissen, ohne ihn berühren zu dürfen? Unmöglich! Nach wie vor spielte er die Hauptrolle in all meinen Gedanken und Träumen, meine Liebe zu ihm war ungebrochen. Gleichzeitig war Tristan allerdings so unberechenbar. Selten nahm er etwas ernst, daher konnte ich nicht einschätzen, ob er überhaupt erscheinen würde. Weder die Aussicht, ihm gegenüberzustehen noch die Möglichkeit, dass er mich versetzte, ließ einen Hoffnungsschimmer in mir gedeihen. Beides würde mich mit Sicherheit tiefer in das mittlerweile schon bekannte dunkle Loch stoßen, in dem ich mich befand, seit er mit mir Schluss gemacht hatte. Allein daran zu denken, tat wahnsinnig weh.
Als das Klingeln das Ende der letzten Stunde einläutete, blieb ich so lange sitzen, bis alle den Raum verlassen hatten. Ich wollte niemanden auf dem Gelände begegnen, um weiterhin die Anfeindungen ertragen zu müssen oder die anzüglichen Blicke der Jungs, die mich in ihrer Fantasie auszogen. Ich dankte Gott dafür, dass die Sportlehrerin heute krank war.
Als ich das Geschichtsbuch in meiner Tasche verstaute, vernahm ich ein auffälliges Räuspern und realisierte erst jetzt, dass mir meine Ruhe doch nicht gegönnt wurde. Fragend blickte ich auf, geradewegs in große dunkelblaue Augen, betont mit dickem Kajal, Mascara und glitzerndem lila Lidschatten. Eva Eber.
Das bedeutete nichts Gutes!
Kalter Schweiß brach mir aus jeder Pore. Und das nervöse Flattern in meinem Magen, das ich bereits den ganzen Tag wegen des bevorstehenden Treffens mit Tristan verspürte, nahm zu.
Mit ihrem rosa blinkenden Smartphone kam sie auf mich zugestöckelt, lächelte falsch und hob eine dünn gezupfte Braue, während sie einen Knopf des Telefons drückte. Ich runzelte die Stirn, denn es gelang mir anfangs nicht wirklich zu erfassen, was ich da hörte. Aber dann … sämtliches Blut wich aus meinem Gesicht, meine Lider riss ich vor Schock weit auf und keuchte. Durch den leeren Klassenraum hallte es: mein Stöhnen. Süffisant grinsend beobachtete sie die Veränderung meiner Mimik. Die sichtliche Genugtuung unterstrich ihre Hinterlistigkeit. Eva hatte unsere Nummer am Samstag gefilmt!
Konnte mein Leben noch schlimmer werden? Eindeutig!
Ich wollte schreien, weglaufen, sie angreifen, ihr das dämliche Handy aus der Hand schlagen, mich irgendwo verkriechen. Möglichst alles auf einmal, doch in der Realität erstarrte ich nur.
Nein, nein, nein! Bitte nicht!
»Hmm, obwohl du so fett bist, fickt er dich so ... So hat er es noch nie mit mir gemacht ... Wie er dich festhält ...« Nachdenklich musterte sie den Mitschnitt, um mich anschließend unverwandt anzusehen. Ihre Miene war eiskalt und so hasserfüllt, dass ich erschauderte.
»Ich weiß nicht, was er an dir findet, oder wieso er gerade dich so behandelt! Wirklich nicht.« Abwertend glitt ihr Blick über mich, und ich fühlte mich entblößt, geradezu nackt. »Was willst du von mir Eva?«, flüsterte ich irgendwann, ohne das Selbstbewusstsein lauter zu sprechen, da meine Stimme fast brach. Ihr widerlich hohes Lachen drang schmerzhaft in meine Ohren.
»Nur das, was jede andere an dieser Schule auch will, du kleine dumme Kuh! Und ich war so nah dran ... als ich den Dreier mit Valerie und ihm hatte. Aber dann kamst du dahergeschwabbelt!«, spie sie mir verächtlich entgegen, und ich zog die Brauen hoch. Mir kam in den Sinn, wie Tristan mit ihr umging, sie immer wieder in Verlegenheit brachte und sogar in der Turnhalle wegen mir zusammengestaucht hatte. Wie konnte sie ihn noch wollen? Ihn, der sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit demütigte? Gleichzeitig musste ich mir
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