Immer wieder Samstag Reloaded
noch so da.
Ich blieb ganz allein auf der Straße – auf dieser Welt – zurück.
Denn ich hatte Tristan verraten.
Ich, die alles für ihn tun würde, damit er glücklich war. Ich, die sich den Hintern für ihn aufriss, die über alle möglichen, denkbaren Schatten gesprungen war.
Ich hatte meinen Tristan verraten!
Als diese Erkenntnis nun komplett zu mir durchsickerte, knickten meine Knie ein. Auf dem kühlen Asphalt rollte ich mich seitlich zu einer Kugel zusammen und umschlang meine Beine mit den Armen, um eine Art Kokon zu bilden. Vereinzelte Regentropfen fielen, wie kleine Kristalle legten sie sich auf meinen Körper und verwandelten auch mein Äußeres in Eis. Ich hatte keine Energie in keinem einzigen meiner zitternden Glieder, hoffte, mich würde ein Auto erfassen, ein Meteorit auf meinen Kopf fallen, oder sonst etwas Tödliches – Endgültiges – über mich hereinbrechen, damit dieser unerträgliche Schmerz aufhörte. Ich betete für eine schnelle Erlösung. Eine alles verschlingende Dunkelheit, die mich mit in die Tiefen ziehen und mir Frieden geben würde. Denn diese unbändigen Qualen, dieser mich zerfressene Schmerz wuchs in meinem Inneren und umschloss alles, was noch halbwegs in mir lebte, mit seiner unbarmherzigen Faust. Ich war der einzige Mensch, dem er vollends vertraute, und ich hatte dieses Vertrauen zerstört. Aber nicht nur das ... ich hatte ihn zerstört ...
»Hey!« Grob tippte mich eine Fußspitze am Oberschenkel an, und als ich die herrische Stimme erkannte, versiegte mein unkontrolliertes Schluchzen schlagartig. Unter meinem Arm und den feuchten Wimpern hindurch schaute ich hoch und erblickte lange Beine in einer Anzughose … ein weißes Hemd … blaues Jackett und … zwei stechend blaue Augen.
Das Wimmern kehrte zurück, stärker als zuvor, und ich kniff die Lider zusammen, um all das auszublenden, was von nun an meine Zukunft darstellen würde. Mit einem vermeintlich sanften Tonfall hörte ich meinen Onkel: »Komm schon, Kleines ... Auf in ein neues Leben!« Ohne Tristan Wrangler.
Und alles wurde schwarz.
19. Epilog
Tristan ´death´ Wrangler
Ich weiß nicht, wieso sie mir das angetan hatte.
Warum?
Diese eine Frage schwirrte unaufhörlich in meinem Kopf umher, während ich durch die dicken Gitterstäbe schaute. Der Himmel öffnete seine Schleusen und durchtränkte das umliegende Gelände hinter den Gefängnismauern. Dieser verfickte Dauerregen passte zu meiner Stimmung.
Seitdem ich hier war, hatte nicht einen Tag die Sonne geschienen. Aber sie würde ohnehin nie wieder für mich scheinen. Mein Anrecht darauf hatte ich verloren, als meine persönliche Sonne mich verstieß. Nur dass sie leider überhaupt kein wunderbar gleißender, leuchtender Stern gewesen war, sondern ein grausamer Todesmeteor, der alles zerstört, was in seine Umlaufbahn kommt.
Mit ihrer Wärme und den hellen Strahlen hatte sie mich erfolgreich geblendet und ihr wahres Wesen getarnt.
Ich betrachtete das Bild auf meinem Schoß, zündete mir meine verdammte selbst gedrehte Zigarette an und lehnte mich auf dem ungemütlichen, knarzenden Holzstuhl zurück.
Neuerdings hatte ich Schiss davor, die Augen zu schließen, denn das Bild von ihrem tränenüberströmten Gesicht verfolgte mich nicht nur bis in meine Träume, sondern war auch im Wachzustand immer präsent.
Sanft strich ich mit abgekauten Fingerspitzen über die Bleistiftzeichnung.
Unsere Lichtung … und nun mit zwei Liebenden im Bach … Es stammte von ihr ... Womit sie mich in mehr als einer Hinsicht belogen hatte. Und ich Arschloch hatte ihr alles geglaubt – ihr vertraut. Sie war meine Göttin gewesen und ich hatte ihr mein Herz geschenkt. Meine Seele.
Aber sie hatte mir alles entrissen und zertrampelt.
WARUM?
Was hatte ich falsch gemacht? Was hätte ich tun können, um dieses Unglück abwenden zu können? Wie hätte ich interessanter für sie sein können, damit sie mit mir zusammenblieb und mich nicht ohne mit der Wimper zu zucken in den Knast brachte? Warum hatte sie mich nicht einfach verlassen, wenn sie es wollte? Wie hatte mich diese süße, vermeintlich unschuldige Person nur so täuschen können?
Humorlos lachte ich auf und mein schlafender Zellengenosse warf sich unruhig auf seinem Bett herum. Mehr konnte man hier ohnehin nicht tun. Pennen und hoffen, zu vergessen, bis die Zeit vorüber war. Okay, okay ... ich hätte sie nicht gehen lassen, sondern bis zum Schluss um sie gekämpft, denn ich war süchtig nach ihr.
... oder
Weitere Kostenlose Bücher