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Immorality Engine

Immorality Engine

Titel: Immorality Engine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Mann
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langen, welligen
Narben überzogen. Rings um die Narben stand die Haut unter Spannung und wirkte
entzündet. Anscheinend handelte es sich um
alte Schnittwunden von einem Messer,
als hätte jemand sich große Mühe gegeben, die Haut vom Schädel abzuschälen. Am
auffälligsten waren die Augen. Hinter der Maske hatten sie stets bedrohlich gewirkt, jetzt waren sie ängstlich, voller Trauer
und sehr menschlich.
    Amelia legte sanft eine Hand auf die vernarbte Haut. Sie fühlte sich
kühl an. Mr. Calverton öffnete den Mund und wollte etwas sagen, konnte aber nur
krächzen.
    Â»Schon gut«, sagte Amelia leise. »Ich bin ja da.«
    Er runzelte die Stirn, sah sich hektisch um, wollte abermals etwas
sagen. Sie beugte sich vor und hielt das Ohr an seine Lippen.
    Â»Danke«, flüsterte er. Dann bebte sein Körper ein letztes Mal, und
er starb.
    Mit wehem Herzen brach Amelia über
dem toten Maschinenmann zusammen und weinte.

26
    Ringsumher brach das Haus zusammen.
    Veronica blieb schwankend in der Eingangshalle stehen und blickte
nervös zur Decke hinauf, die unter dem ständigen Bombardement und der Last der
eingebrochenen oberen Stockwerke stöhnte und wackelte. Überall leckten die
Flammen am Holz, und die Treppe am Ende der Halle war ein tosendes Inferno. Die
Hitze trieb sie zurück, sie musste sich die Hände vors Gesicht halten. Links
hatten die Fäuste der Panzeranzüge die Außenwand zerstört. Durch das Loch im Mauerwerk sah sie die Berittenen, die immer noch mit den Gatlingkanonen auf das Gebäude
schossen und mit jeder Salve neue Zerstörungen anrichteten.
    Veronica hörte das Kreischen, als die nächsten Granaten abgefeuert
wurden, und spürte, wie das Haus unter jedem Einschlag bebte. Sie war sicher,
dass das Grayling Institute in spätestens zehn Minuten in Schutt und Asche
liegen würde. »Wohin müssen wir?«, rief sie zwischen den lärmenden Explosionen.
Hoffentlich fand Newbury in diesem Chaos noch den Weg zu Amelias Zimmer.
    Â»Hier entlang«, antwortete er und deutete auf einen fast völlig in
Flammen stehenden Flur, der vom Hauptgang abzweigte. Als er ihr einen kurzen
Blick zuwarf, waren seine Augen hart. Er zog sich das Jackett aus und hielt es sich über den Kopf. »Machen Sie es wie ich«, riet
er ihr, und Veronica folgte seinem Beispiel, zog die Jacke aus und schützte mit
ihr Hände und Gesicht. »Sind Sie bereit?« Sie nickte. Sie war bereit wie noch
nie im Leben.
    Zusammen rannten sie los und stürmten in die Flammen hinein.
    Die Hitze war unerträglich, ihr tränten die Augen, und sie musste
den Kopf einziehen. Obwohl der Rauch sie blendete und die Hitze ihr zusetzte,
eilte sie weiter und rannte, so schnell sie konnte, durch den brennenden
Tunnel. Bald begannen ihre Kleidung und die Haare zu schmoren und zu qualmen.
    Als jemand sie in die Arme nahm,
schrie sie auf und hätte fast sich und ihn umgeworfen, weil sie instinktiv
weiterlaufen wollte. Die Jacke fiel rauchend zu Boden. Dann drehte sie sich
voller Panik um und erkannte, dass es Newbury war. Sein Gesicht war von Ruß
verschmiert, und auch er hatte das Jackett verloren. »Hier hinein«, drängte er
und zerrte sie durch eine offene Tür in einen völlig verwüsteten Raum.
    Drinnen richtete Veronica sich wieder auf, lehnte sich an den
Türrahmen und sah sich um. Das Apartment – es gehörte offenbar
Amelia – sah aus wie ein Kriegsschauplatz. Überall lagen Trümmer:
Bruchstücke des Mauerwerks, brennende Holzteile.
Links war ein kleiner Mann in einer Tweedjacke zu Boden gegangen, das
Gesicht war grässlich purpurn verfärbt, die
Zunge hing im Mundwinkel. Es musste Dr. Fabian sein. Rechts war ein großer Teil der Wand zusammengebrochen,
hatte einen anderen Mann eingeklemmt und ihm die Beine zerquetscht. Voller
Schrecken erkannte sie, dass es der seltsame Maschinenmann war, den sie bei
ihrem letzten Besuch in dem Raum mit den Duplikaten gesehen hatte. Am
schlimmsten war der Anblick Amelias, die auf dem verstümmelten Körper lag.
    Ihre Schwester sah jämmerlich aus. Die Haare waren zerzaust und
hingen wirr über die Schultern, das weiße Nachthemd war mit Blut bedeckt. Die roten Flecken hoben sich schroff von der weißen Baumwolle
ab. Der Kopf war von der Tür abgewandt, sodass
Veronica nicht erkennen konnte, ob Amelia noch atmete. In ihrem Bauch krampfte
sich alles zusammen,

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