Immorality Engine
unterwegs ist und mir nach dem Leben trachtet. Entweder Sykes lebt
tatsächlich noch und weiÃ, dass ich ihm auf der Spur bin, oder jemand anders
hat die Kontrolle über seine Maschine erlangt und benutzt sie für seine eigenen
zunehmend ruchlosen Zwecke.«
Veronica trat einen Schritt zurück und stemmte die Hände in die
Hüften. Manchmal war die Ãberheblichkeit der Männer kaum zu ertragen. »Wenn Sie
ein wenig darüber nachdenken, Sir Maurice, werden
Sie rasch darauf kommen, dass dieser Mordanschlag viel eher mir als
Ihnen galt. Immerhin befinden wir uns in meiner Wohnung.«
Newbury schnitt eine Grimasse und lieà sie merken, dass ihre Worte
ihn getroffen hatten. »Sie haben recht. Das war wirklich sehr rücksichtslos von
mir.« Er nahm ihre Hand und sah sie mit einem seltsamen Ausdruck an, den sie
nicht recht zu deuten wusste. Echte Sorge lag in seinem Blick, aber auch noch
etwas anderes. Einsicht? Anerkennung? Entsetzen? »Sie haben natürlich recht.
Aller Wahrscheinlichkeit nach sollten Sie das Opfer des mechanischen Ungeheuers sein. Das ändert aber nichts
an meiner Frage. Im Gegenteil, die Angelegenheit wird sogar noch viel
beunruhigender.«
»Machen Sie sich meinetwegen keine Sorgen, Sir Maurice. Ich kann
ganz gut auf mich selbst aufpassen.« Es gelang ihr nicht ganz, das ironische
Lächeln zu unterdrücken. »Was tun wir jetzt?«
»Zuerst einmal müssen wir dafür sorgen, dass Ihnen und Mrs. Grant
nichts passieren kann. Ich bestehe darauf, dass Sie die kommende Nacht in einem Hotel verbringen. Morgen schaffen wir dann
die Ãberreste zu Sir Charles und beraten gemeinsam über unsere nächsten
Schritte.«
»Na gut.« Veronica unterdrückte den Impuls, ihm heftig zu
widersprechen. Was er sagte, war im Grunde sehr sinnvoll, denn schlieÃlich
hatte jemand einen Anschlag auf ihr Leben verübt. »Ich bin sicher, Mrs. Grant
wird gern eine Nacht bei ihrer Schwester verbringen. Ich spreche gleich mit
ihr. Vielleicht könnten Sie die Einzelteile diesesâ⦠Dings einsammeln, und dann
bringen wir es nach Chelsea, wo es hoffentlich sicher ist.«
Newbury beugte sich vor und nahm einen Wattebausch vom
Beistelltisch, um sich das Blut abzuwischen, das ins Auge zu rinnen drohte.
»Das ist eine ausgezeichnete Idee, meine liebe
Miss Hobbes.« Er betrachtete die blutige Baumwolle. »Ich muss Ihnen
dafür danken, dass Sie soâ⦠so umsichtig sind.« Er legte den Wattebausch zu den
anderen auf den Tisch.
Veronica lächelte. Sie wussten beide ganz genau, dass er eigentlich
etwas ganz anderes gemeint hatte. »Nicht nötig, keine Ursache. Es freut mich,
dass Sie hier waren.«
Newbury nickte schweigend.
»Nun gut«, fuhr sie munter fort. »Ich rede jetzt mit Mrs. Grant. Wir
werden nicht lange brauchen, um ein paar Sachen in einen Koffer zu packen.«
Newbury starrte jedoch schon gedankenverloren aus dem Fenster. Sie
lieà ihn in Ruhe über Dinge nachdenken, die niemand auÃer ihm sehen konnte, und
traf die nötigen Vorbereitungen für die Reise quer durch die Stadt.
Die StraÃen flogen förmlich vorbei und erschienen dem Auge als
eine Reihe kurz aufblitzender, verschwommener Bilder. Es dunkelte bereits, und
Veronica lehnte den Kopf an die Rücklehne, als die Droschke mit röhrender,
fauchender und spuckender Dampfmaschine dahinschoss.
Kurz zuvor hatte sie Mrs. Grant in einer anderen Droschke zu deren
Schwester geschickt und ihr erklärt, nachdem ein Eindringling sie bedroht habe,
wolle Sir Maurice dafür sorgen, dass alle in Sicherheit übernachten konnten.
Mrs. Grant hatte für Veronica zuvor noch einen Koffer für den Aufenthalt im
Hotel gepackt, während Newbury die Ãberreste der Spinnenmaschine in die halb
zerfetzte Decke geworfen hatte. Bei seinem Fluchtversuch hatte das Ungeheuer
tiefe Furchen in den FuÃboden gegraben und damit bewiesen, dass es so etwas wie
einen Selbsterhaltungstrieb besaÃ. Sie fragte sich, wie intelligent es wirklich
gewesen war und wer es geschaffen hatte. Jetzt lag es als bunte Sammlung zertrümmerter Uhrwerksteile und elektrischer
Elemente neben Newbury, leblos und in eine halb zerfetzte Decke gehüllt.
Schaudernd hielt sie sich vor Augen, was alles hätte geschehen können, wenn
Newbury nicht zugegen gewesen wäre. Wenn sie
geschlafen hätteâ⦠nun ja, es war müÃig, weiter darüber
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