Immortal Guardians: Dunkler Zorn (German Edition)
hat mindestens zweihundert Jahre auf dem Buckel. Und in all dieser Zeit habt ihr nicht gelernt, euer Temperament im Zaum zu halten?«
Mehrere Unsterbliche ließen betrübt die Köpfe sinken und wichen seinem Blick aus.
Marcus drückte leicht Amis Hand. »Ich bin gleich wieder zurück.«
Beunruhigt beobachtete Ami, wie er das Zimmer verließ.
Marcus ging den Flur entlang und stieg dann die Kellertreppe hinunter in das weitläufige Untergeschoss. Am Fuß der Treppe erstreckte sich ein Flur. Rechts von ihm befanden sich mehr als ein Dutzend Schlafzimmer, in denen Davids unzählige Besucher untergebracht wurden. Linker Hand gab es einen gigantischen Fitnessraum mit einem Schwingboden, zahlreichen Trainingsgeräten und einer Spiegelwand.
Gegenüber von dem Fitnessraum war erst kürzlich ein neues Zimmer angebaut worden. Es diente als Schlafzimmer, war aber auch bekannt als der ›Ruheraum‹. Der Raum war so gründlich isoliert worden, dass bei geschlossenen Türen selbst Unsterbliche nicht hören konnten, was im Inneren besprochen wurde.
David hatte nie gesagt, warum er diesen Raum eingerichtet hatte, aber Marcus und die anderen glaubten, dass er es für Sarah und Roland getan hatte, damit das Paar etwas Privatsphäre genießen konnte, wenn sie über Tag blieben. Was allerdings nicht sehr häufig vorkam, da Roland nicht gerade gesellig war.
Andererseits liebte Roland Sarah und tat alles, um sie glücklich zu machen. Wenn sie gern Zeit in der Gesellschaft anderer Leute verbringen wollte, dann erfüllte er ihr diesen Wunsch – auch wenn er solche Kontakte ungefähr in demselben Maß schätzte wie eine Geschlechtskrankheit.
Aus dem Fitnessraum war das Scheppern von Metall auf Metall zu hören. Schmerzenslaute, das Zischen von Klingen und erstauntes Keuchen erklangen, als Marcus den Raum betrat.
Im Inneren lag ein Mann an der Stelle auf dem Boden, an der Seth ihn niedergestreckt hatte, während ein anderer schwer atmend den Anführer der Unsterblichen Wächter mit zwei Kurzschwertern attackierte.
Seth wehrte den Angriff mit beschämender Leichtigkeit ab, obwohl er sehr gut ausgeführt war.
Marcus kannte die beiden Männer, gegen die Seth kämpfte. Edward, der sich gerade vom Boden hochrappelte, war wie er selbst Engländer, und wenn ihn sein Gedächtnis nicht trog, war er vor hundertdreiundzwanzig Jahren verwandelt worden. Wie alt er bei seiner Transformation gewesen war, wusste Marcus nicht, und es war ihm auch nicht anzusehen. So war es bei den meisten Unsterblichen – da das Virus die Schäden, die das Alter im menschlichen Körper verursachte, rückgängig machte.
Edward war von Étienne trainiert worden. Seine Schwester Lisette hatte den anderen Frischling ausgebildet, der sich recht gut hielt, auch wenn er es nicht schaffte, seinem mächtigeren Gegner beizukommen. Ethan war Amerikaner und seit genau einem Jahrhundert ein Unsterblicher. Es gab das Gerücht, dass er sich in seine Ausbilderin – Lisette – verknallt hätte, Lisette behauptete jedoch steif und fest, dass das nicht stimmte.
Edward hob die Kurzschwerter auf und umkreiste Seth. Sobald er eine Lücke in dessen Abwehr registrierte, griff er an.
Seth stand keine Sekunde auf der Stelle und bewegte die Arme so schnell, dass sie kaum wahrnehmbar waren. Sein Körper jedoch war die meiste Zeit sichtbar, auch wenn er sich permanent um die eigene Achse drehte, um die beiden Männer im Blick zu behalten. Seth wehrte Edwards Kurzschwerter mit seinem Katana ab. Dann parierte er Ethans Angriffe. Die beiden jüngeren Kämpfer trugen eine belustigende Mischung aus Ehrfurcht und Frustration zur Schau. Wenn man jede Nacht mühelos einzelne Vampire besiegte, führte das dazu, dass man seine Kräfte und Fertigkeiten falsch einschätzte. Diese Fehleinschätzung wurde durch einen Kampf mit Seth zurechtgerückt, weil man sich danach wie ein wild um sich schlagender Fünfjähriger fühlte, der von seinem zehnjährigen Bruder mit einer Hand lässig in Schach gehalten wurde.
»Stopp!«, rief Seth plötzlich.
Ethan und Edward ließen sofort die Waffen sinken und traten zurück.
Die drei Männer, die am anderen Ende des langgestreckten Trainingsraums standen, steckten ihre Waffen in die Scheiden und drehten sich zu Marcus um. Da sie im Anschluss an das Treffen mit ihrer nächtlichen Jagd beginnen würden, trugen sie die übliche Kluft der Unsterblichen: schwarze Hosen, schwarze Shirts und schwarze Stiefel. Blutflecken waren auf schwarzer Kleidung schwieriger zu
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