Immortal Guardians: Dunkler Zorn (German Edition)
machte eine Scheinverbeugung, die Arme seitlich ausgestreckt. »Es war mir ein Vergnügen. Ich gehe davon aus, dass der Dankesscheck schon unterwegs ist?«
Marcus starrte ihn an, verärgert darüber, dass Seths Plan funktioniert hatte. Er wusste nicht, ob er sich schuldig fühlen oder erleichtert darüber sein sollte, dass die Erinnerung an Bethany ausnahmsweise einmal in den Hintergrund getreten war.
»Du hast Ablenkung gebraucht, Marcus. Etwas, das dich aus deiner Lethargie reißt und deinen Alltag etwas durcheinanderwirbelt.« Seths Miene verfinsterte sich. »Aber ich habe dabei nicht nur an dich gedacht. Ich habe es auch für Ami getan.« Er sah in die Richtung, in der Marcus’ Haus stand.
Für Ami , die Seth erzählt hatte, dass Marcus sie anständig behandeln würde. Sie hätte ebenso gut petzen und ihm sagen können, dass Marcus ihr konsequent aus dem Weg ging. Und dass er nicht gerade sanft mit ihr umsprang, wenn ihm Selbiges nicht gelang.
»Hör mal, auf die Gefahr hin, als Aschehäufchen auf dem Straßenbelag zu enden – ich hab immer noch keine Ahnung, warum du dich so aufregst. Ami hat dir doch selbst gesagt, dass ich ihr nichts getan habe.«
In Seths Augen blitzten goldene Flammen auf. »Sie schläft nicht!«, bellte er.
Marcus fiel die Kinnlade herunter. »Du bist sauer auf mich, weil sie nicht genügend Schönheitsschlaf bekommt?« Unglaublich. »Das ist ihre Entscheidung, nicht meine. Ja, ich habe meinen Schlafrhythmus geändert, um ihr aus dem Weg zu gehen. Du kannst das ruhig kindisch nennen. Aber ich habe sie nicht dazu gezwungen, ihren Schlafrhythmus dem meinen anzupassen, damit sie Jagd auf mich machen kann. Wenn sie also nicht ihre acht Stunden Schlaf bekommt –«
»Jetzt hör’ mir mal ganz genau zu«, sagte Seth, jede Silbe betonend. »Ich habe damit nicht gemeint, dass sie nicht genug Schlaf bekommen würde. Sondern dass sie gar nicht schläft. Überhaupt nicht. Seit ich sie zu dir gebracht habe, hat sie nicht mal ein Nickerchen gemacht.«
»Das hat sie dir gesagt?«
»Ja, und das nur widerwillig, als ich ausdrücklich danach gefragt habe.«
»Sie lügt.«
Seth blieb in etwa dreißig Zentimeter Entfernung vor ihm stehen. »Ich sag’s dir noch einmal: Wenn du endlich mal damit aufhören würdest, den Kopf in den Sand zu stecken, dann würdest du merken, dass Ami unfähig ist zu lügen und es auch fast nie versucht.«
Marcus starrte ihn an. »Aber das würde heißen, dass sie seit –«
»Sechs Tage.«
»Das ist unmöglich. Ich habe es nicht geschafft, ihr zu entwischen, und ich habe bei ihr weder Stimmungsschwankungen, noch Halluzinationen, noch Konzentrationsstörungen oder Probleme mit dem Kurzzeitgedächtnis bemerkt.«
»Und das wirst du auch nicht. Wenn Ami keinen Schlaf bekommt, dann kann man das nur an den Schatten unter ihren Augen sehen.«
Na ja, die hatte er tatsächlich bemerkt. »Ist das schon einmal passiert?«, fragte Marcus verblüfft.
»Ja.«
»Und warum glaubst du, dass ich dafür verantwortlich bin?« Ihre Schlaflosigkeit konnte auch durch eine Krankheit verursacht werden, auch wenn Marcus nichts Derartiges in ihrer Gegenwart gespürt oder gerochen hatte.
Seth warf ihm einen langen Blick zu, und das Leuchten in seinen Augen wurde schwächer, bis er sich schließlich umdrehte und wieder auf und ab marschierte. »Ami hatte es in der letzten Zeit ziemlich schwer, Marcus.« Seth lachte freudlos und schüttelte den Kopf. » Schwer «, sagte er auf eine Weise, die die Harmlosigkeit des Wortes ins Lächerliche zog, »ist wohl nicht das richtige Wort. In Wahrheit hat sie in den letzten zwei Jahren mehr durchmachen müssen, als du in deinem ganzen langen Leben.«
Marcus’ Magen zog sich unheilvoll zusammen. »Was ist mit ihr passiert?«
»Das wirst du sie selbst fragen müssen.«
Das klang geheimnisvoll und beunruhigend zugleich.
»Eines Tages wird sie sich dir vielleicht anvertrauen«, Seth warf Marcus einen angewiderten Blick zu, »vorausgesetzt, du hörst endlich auf, dich wie ein Arschloch zu verhalten. Ich sage dir nur Folgendes, auch wenn sie äußerlich perfekt ist …«
Das war noch so eine beunruhigende Tatsache, die Marcus zu ignorieren versucht hatte. Ami war eine sehr verführerische Mischung aus klug und schön.
»Die üblen Erfahrungen haben sie gezwungen, einen unbewussten Selbstschutzmechanismus zu entwickeln, den sie nicht kontrollieren kann.«
»Chronische Schlaflosigkeit?« Davon hatte Marcus noch nie gehört.
Seth nickte. »Sie kann
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