Immortal Guardians: Dunkler Zorn (German Edition)
Marcus hatte jedoch genügend Gerüchte gehört, um sofort mit Superheldengeschwindigkeit zurückzurudern – in der Hoffnung, dass es eine Möglichkeit gab, die Katastrophe abzuwenden.
»War meine Warnung, was Ami angeht, nicht deutlich genug?«, fragte Seth mit tödlich sanfter Stimme.
Darum ging es hier also? Um Ami?
Da er gerade dabei war, zu ersticken, konnte Marcus nur eine Antwort denken und hoffen, dass Seth ihn hörte. Ich kann nicht mit dir darüber reden, wenn du mir die Luftröhre abdrückst.
Seth zögerte, als wäre er versucht, genau das zu tun, ließ ihn aber los.
Marcus’ Stiefel kamen mit einem dumpfen Knall am Boden auf. Zur Seite taumelnd, bekam er sich gerade noch rechtzeitig in den Griff, bevor er auf die Knie fiel. Er beugte sich vornüber und rang mühsam nach Luft.
Das Virus fing bereits an, den Schaden in seiner Lunge zu reparieren. Seine Rippen würden länger brauchen und ziemlich viel Blut zum Heilen benötigen. Er war überrascht zu sehen, dass seine Hände heftig zitterten. Einen Augenblick lang hatte er wirklich gedacht, dass Seth ihn umbringen wollte.
Sein Blick glitt zu dem aufgebrachten Führer der Unsterblichen Wächter, der herumwirbelte und mit großen, energischen Schritten auf und ab ging.
Die Bäume regten sich nicht mehr, und auch der Boden hörte auf zu beben. Das Grollen verstummte und hinterließ eine beinahe schmerzhafte Stille, in der Blätter schüchtern zu Boden sanken.
Kein Insektensummen war zu hören.
Kein Froschquaken.
Nur das widerhallende Geräusch, das Seths Stiefel auf dem Asphalt machten.
Marcus unterdrückte ein Stöhnen und richtete sich auf … zumindest, soweit sein malträtierter Körper es zuließ. »Was –?« Seine Kehle verkrampfte sich, und er bekam einen Hustenanfall.
Seth seufzte ungeduldig, blieb stehen und baute sich vor ihm auf.
Marcus wich argwöhnisch zurück.
»Bleib stehen!«, fuhr Seth ihn an. Seine Hand schloss sich um Marcus’ Nacken, dieses Mal sanfter. Seine Handflächen strahlten Hitze ab, die sich immer mehr steigerte. Die Schwellung in Marcus’ Kehle ging zurück, und der Schmerz ebbte ab.
Als Seth seine heilkräftigen Hände zurückzog, warf er Marcus einen warnenden Blick zu. »Wenn du jetzt ›Vielen Dank‹ sagst, verpasse ich dir einen Arschtritt.«
Eine Aufgabe, die in diesem Moment sogar einem Kind unverschämt leichtgefallen wäre.
Seth begann, wieder hin und her zu tigern und blieb dann mit dem Rücken zu Marcus stehen. Er strich seinen Mantel nach hinten, stemmte die Hände in die Hüften und senkte den Kopf. Marcus konnte beinahe hören, wie er langsam bis zehn zählte, um nicht die Geduld zu verlieren.
Hatte Ami etwa behauptet, dass Marcus sie irgendwie verletzt hätte?
»Was genau hat sie dir erzählt?«, fragte er vorsichtig.
Seth schüttelte den Kopf. »Nur, dass du sie anständig behandeln würdest.«
Tatsächlich? Das war zwar ein bisschen weit hergeholt, aber Marcus war klug genug, das nicht laut zu sagen. »Und warum kreuzt du hier dann so wahnsinnig sauer auf?«
Seth wirbelte herum. »Weil ich mehr von dir erwartet hatte!« Das Leuchten in seinen Augen wurde schwächer, bis sie wieder ihr übliches Braunschwarz zeigten.
Marcus richtete sich auf und unterdrückte ein Stöhnen, als die Bewegung die Schmerzen in seinem Brustkorb verstärkte. (Seth hatte nur seine Kehle geheilt.) Zum ersten Mal war er selbst das Ziel von Seths Zorn, und er fühlte sich ein bisschen wie ein Teenager, der von seinen Eltern eins auf den Deckel kriegte, weil er abends zu spät nach Hause gekommen war.
Ein Erziehungsberechtigter, der ihn – falls die Gerüchte stimmten – durch reine Gedankenkraft töten konnte.
»Du hast gewusst, dass ich keinen Sekundanten wollte«, rief er Seth ins Gedächtnis und spürte, dass er nun selbst wütend wurde. »Was hast du denn gedacht, was ich tun würde? Sie fragen, ob ich ihr Zöpfe flechten darf, nachdem wir uns gegenseitig Gesichtsmasken einmassiert und die Zehennägel lackiert haben?«
» Hör endlich auf, den Kopf in den Sand zu stecken, Marcus!« , dröhnte Seth. »Ist dir jemals der Gedanke gekommen, dass ich einen guten Grund dafür haben könnte, dir Ami als Sekundantin zuzuteilen? Dass ich das möglicherweise nicht getan habe, um dir auf die Nerven zu gehen oder dir eine Regel aufzuzwingen, die ich dir – ohne deswegen zu murren – seit drei Jahrzehnten zu brechen erlaubt habe?«
»Nein«, erwiderte Marcus frei heraus. »Welcher Grund sollte das sein?«
Er
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