Immortal Guardians: Dunkler Zorn (German Edition)
Sekunden Zeit.«
Da sie so klein war, konnte er mühelos um sie herumgreifen und den Messerknauf in ihrem Rücken in die Hand nehmen, ohne sie zu sich herumzudrehen. Er legte die Finger um den Griff.
Sie versteifte sich, ließ das Langschwert fallen und hielt sich mit beiden Händen an seinem Hemd fest.
»Bist du bereit?«
»Ja.«
»Eins. Zwei. Drei.« Er zog die Klinge heraus.
Ami zuckte zwar zusammen, gab aber kein Geräusch von sich, was Marcus weit mehr alarmierte, als es ein lauter Aufschrei getan hätte. Normalerweise musste man mehrere Jahrhunderte lang am eigenen Leib Erfahrungen mit solchen Verletzungen gesammelt haben, um diese Art von stoischer Gelassenheit zu entwickeln.
»Es tut mir leid«, flüsterte er.
Sie schüttelte den Kopf und schniefte leise.
Er beugte sich vor, schob einen Arm unter ihre Knie und hob sie hoch. Sekunden später stand er mit seiner kostbaren Last in den Armen neben dem glänzenden Tesla Roadster.
Es war wie ein Déjà-vu-Erlebnis, als er sie auf der Motorhaube absetzte. »Wo ist der Erste-Hilfe-Kasten?«
»Rücksitz«, flüsterte sie, ballte die Hände zu Fäusten und stützte sich auf dem kalten Metall ab, wobei ihr Kopf nach vorn sank. Aus ihren grünen Augen, die glasig vor Schmerzen waren, kullerten Tränen.
Marcus hätte beinahe die Beifahrertür aus den Angeln gerissen, so eilig hatte er es, den Erste-Hilfe-Kasten aus dem Auto zu holen. Derselbe erwies sich als sehr gut ausgestattet. Die meisten Sekundanten führten einen gut bestückten Sanitätskasten mit sich, da sie nicht über die unglaublichen Selbstheilungskräfte der Unsterblichen verfügten, an deren Seite sie kämpften.
Er bat sie, sich nach rechts zu lehnen, um ihr T-Shirt auf der linken Seite besser hochziehen zu können.
Ami griff nach ihrem Oberteil und knüllte es oberhalb der Stichwunde zusammen.
Wegen der gezackten Klinge des Messers war die Wunde breit und ausgefranst. Marcus legte sterile Kompressen auf die Verletzung und wickelte dann vorsichtig mehrere Lagen Bandagen um ihre Körpermitte, damit diese die Kompressen durch den leichten Druck fixierten.
Als Nächstes kümmerte er sich um die Beinverletzung. Obwohl der Angreifer die Oberschenkelarterie mit dem Messer – oder was es sonst gewesen war, was sich in ihr Fleisch gebohrt hatte –, verfehlt hatte, blutete die Wunde wie verrückt. Der tiefe und hässlich aussehende Schnitt zog sich über die Rückseite ihres Oberschenkels. Verdammt sollten die Vampire und ihre Vorliebe dafür sein, den Gegner durch das Durchschneiden der Kniesehnen handlungsunfähig zu machen. Streck sie nieder wie eine Gazelle und reiß sie dann in Löwenmanier in Stücke, schien ihre Lieblings-Angriffsstrategie zu sein.
Marcus schnitt ein Loch in ihr hinteres Hosenbein, um sich die Arbeit zu erleichtern. Ami wand sich schmerzgepeinigt unter seinen Händen, während er elastische Wundpflaster aufklebte, eine Kompresse darüberlegte und das Bein schließlich fest mit Bandagen umwickelte, um den Blutfluss zu stillen.
Als das erledigt war, nahm er sie wieder auf die Arme. »Du musst nur noch ein bisschen durchhalten.«
Sie nickte, den Kopf gegen seinen Hals gepresst.
Marcus setzte sie auf den Beifahrersitz und half ihr, eine möglichst bequeme Position zu finden, ehe er ihr den Anschnallgurt umlegte. Er erinnerte sich daran, wie Roland dasselbe getan hatte, als Sarah bei Bastiens erstem groß angelegten Angriff verwundet worden war. Inzwischen konnte er nachvollziehen, warum Roland Sarah damals so übertrieben umsorgt hatte.
Hatte Roland damals schon dieselben Gefühle für Sarah gehegt, die Marcus trotz seiner Versuche, emotional auf Distanz zu bleiben, gerade für Ami entwickelte?
Nein, in Wahrheit empfand er jetzt schon sehr viel für sie. Das noch länger zu bestreiten, war sinnlos. Jeden Tag fühlte er sich mehr zu ihr hingezogen, wünschte sich, mehr Zeit mit ihr zu verbringen, sehnte sich danach, dass sie ihn noch häufiger anlächelte, mit ihm zusammen lachte und ihn neckte. Er wünschte sich mehr von allem.
Er ging um den Wagen herum, machte sich klein, glitt hinter das Lenkrad und rutschte mit dem Sitz nach hinten. Kaum dass er den Motor gestartet und losgefahren war, ertönte eine Melodie im Wageninneren.
»Das ist sicher Seth oder David«, presste Ami zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Sie drehte sich zur Seite, um ihr Handy aus der Hosentasche zu ziehen, zuckte aber dann mit einem Schmerzenslaut zusammen und gab den Versuch auf.
»Ich
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