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Immortalis

Immortalis

Titel: Immortalis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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entscheidenden Informationen nicht vorenthalten. Andererseits war Beirut nicht gerade berühmt für seine rigorose Befolgung der Gesetze, und mehr als alles andere wollte Rames am Leben bleiben.
    Wenn der Anrufer nun nicht Faruk gewesen war … Panik erfasste ihn, als er sich vorstellte, wie Männer mit Bohrmaschinen hereinstürmten und ihn verschleppten. Er kauerte sich in die Sofaecke und schlang die Arme um die Knie. Sein Atem ging schwer, er hatte das Gefühl, die Wände des kleinen Zimmers kämen auf ihn zu.
    Es würde eine lange Nacht werden.

31
    Corben klappte sein Handy zu, sah Mia an und schüttelte den Kopf. Er blickte auf die Uhr und runzelte nachdenklich die Stirn.
    «Ich warte ungern bis morgen», sagte er, «aber anscheinend bleibt uns nichts anderes übrig. Wenn sie ihm auf der Spur sind, kommen wir ohnehin zu spät. Wenn nicht, möchte ich sie um diese Zeit lieber nicht auf ihn aufmerksam machen. Gleich morgen früh rufe ich in Hobeisch an.» Er sprach von der Polizeistation, in der Mia festgehalten worden war. «Dann sehen wir weiter.»
    «Wir könnten morgen früh zur Universität fahren», schlug Mia vor. «Da erwischen wir ihn sofort.»
    Corben stutzte. «Wir?»
    « Sie wissen nicht, wie er aussieht. Aber ich.»
    «Ich kann im Department nach ihm fragen.»
    «Aber ich bin ihm schon begegnet. Er wird entspannter sein, wenn er ein bekanntes Gesicht sieht», sagte sie beharrlich, doch ihre Stimme klang nervös. «Außerdem will ich nicht allein hierbleiben. Ich fühle mich wie eine lebendige Zielscheibe.» Sie atmete tief durch. «Ich will Ihnen helfen, okay?»
    Corben schaute weg. Er schien die Alternativen gegeneinander abzuwägen, und offenbar gefiel ihm keine davon. Schließlich sah er sie seufzend an. «Okay. Hören wir uns an, was er zu sagen hat, und dann sehen wir weiter.» Er ging zum Kühlschrank, nahm zwei Bierflaschen heraus und reichte Mia eine davon.
    Sie trat auf den Balkon. Dort nahm sie einen Schluck und schaute nachdenklich in die Nacht hinaus. Helle Lichter brannten in den dichtgedrängten Gebäuden und verliehen der Stadt eine fahlweiße Aura. Mia fragte sich, wo Evelyn wohl jetzt sein mochte, dann dachte sie an Faruk und Rames. Wo mochten sie für die Nacht untergekommen sein? Beirut war eine dichtbevölkerte Stadt, die ihre Geheimnisse zu wahren wusste. Niemand wusste wirklich, was hinter den verschlossenen Türen vor sich ging, aber in dieser Stadt, vermutete Mia, war auch das lauernde Böse von ganz eigener Art.
    «Ich kapiere das nicht.» Sie drehte sich zu Corben um. «Dieses Symbol – die ringförmige Schlange. Was genau sucht er? Wenn er wirklich hinter diesem Buch her ist, warum will er es haben? Er ist doch sicher nicht nur ein verrückter Sammler.»
    «Warum nicht?»
    «Weil er offenbar bereit ist, so ziemlich alles zu tun, um es zu bekommen», stellte Mia fest. «Es muss sehr wichtig für ihn sein, meinen Sie nicht?»
    «Er ist ein Wissenschaftler, der sich mit biologischen Waffen befasst. Solche Typen interessieren sich für Viren, nicht für jahrhundertealte Antiquitäten», gab Corben zu bedenken. «Ich glaube kaum, dass es mit seiner Arbeit zusammenhängt.»
    «Vielleicht sucht er nach Hinweisen auf irgendeine uralte Seuche», sagte sie halb im Scherz.
    Corben verwarf den Gedanken nicht gleich. Sein Gesicht verfinsterte sich, doch dann huschte die Andeutung eines Lächelns über seine Lippen. «Also, das ist ein aufmunternder Gedanke vor dem Einschlafen.»
    Mia hörte es mit leisem Schrecken. Lieber wäre ihr gewesen, er hätte sie ausgelacht.
    Sie beließen es dabei. Nachdem sie ihr Bier ausgetrunken hatten, räumten sie schweigend den Tisch ab. Mia sah Corben bei seinem nächtlichen Routinerundgang zu: Er verriegelte die Wohnungstür und schaltete die Lampen aus. Unversehens fragte sie sich, weshalb jemand sich für ein solches Leben entschied: einsam, gefährlich, verstrickt in Geheimnisse, dazu ausgebildet, andere zu manipulieren, und stets zu Misstrauen neigend. Soweit sie es beurteilen konnte, war er ein pragmatischer, klar denkender Mann, der nicht unter dem Wahn litt, die Welt retten zu müssen. Sie konnte nicht leugnen, dass er – Abenteurer und Held, der er war – einen gewissen Reiz ausübte. In den ruhigen akademischen Gewässern, in denen sie sich sonst bewegte, begegnete sie solchen Männern nicht. Aber er hatte auch etwas Dunkles, Undurchschaubares und Verschlossenes an sich, das sie zwar ebenfalls attraktiv fand, aber zugleich auch ein wenig

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